Der Verwalter-Brief 2/2019 - page 7

auftragten Firmen angemessene Fristen zur Verfügung. Dabei kann es
zu Zeitverzögerungen kommen, die einem bautechnisch Unbewander-
ten unverständlich sein können.
Es kann aber auch sein, dass der Bauträger eine Leistungsstörung als
Mangel anerkennt, nicht aber seine ausführende Baufirma. Auch das
kann zu Verzögerungen bis hin zur Nichtausführung führen.
Die beteiligten Eigentümer müssen dann entscheiden, ob sie bei einem
Dissens den Rechtsweg beschreiten wollen. Das sollte allerdings ultima
ratio sein, denn Baurechtsprozesse dauern in der Regel mehrere Jahre
und enden nach erheblichen Gutachterkosten oft mit einem Vergleich.
8. Zusammenwirken von Eigentümer, Verwalter und Bauträger
Um das komplexe System der Mangelerfassung, Mangelbeseitigung
und Abnahme zu beherrschen, ist eine systematische Vorgehensweise
erforderlich. Alle gemeldeten tatsächlichen und vermeintlichen Mängel
sind in einer Übersicht zu erfassen und deren Bearbeitung zu dokumen-
tieren. Jeder Mangelvorgang ist zu nummerieren. Um zu jeder Zeit Lage
und Ausprägung eindeutig nachvollziehen zu können, sind Bilder sehr
hilfreich. Idealerweise wird diese Dokumentation durch den Bauträger
vorgenommen. Sie dient gleichzeitig als Grundlage für das Mangelma-
nagement mit seinen Auftragnehmern. Der Verwalter sollte unbedingt
permanenten Zugriff auf die Bearbeitungsliste haben, um seinen Eigen-
tümern jederzeit Auskunft geben zu können.
Auch wenn der Verwalter nicht für die Mängelbeseitigung zuständig
ist, so machen ihn die Eigentümer für verzögerte oder unterbliebene
Arbeiten verantwortlich.
Durch Auskunftsfähigkeit über den Stand der Mängelbeseitigung zeigt
der Verwalter, dass er den Stand des Verfahrens kennt und in der Lage
ist, die Eigentümer bei der Wahrung ihrer Rechte zu beraten. Eine gute
Zusammenarbeit aller Beteiligten reduziert unvermeidliche Konflikte auf
ein Minimum. Der Verwalter behält nach Ablauf der ersten Bestellungs-
periode von 3 Jahren das Mandat, der Bauträger vermeidet nervige
Auseinandersetzungen und hat zufriedene Kunden, die möglicherweise
wieder einmal bei ihm investieren.
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Dipl.-Kfm.
Richard Kunze
ist Immobilien-
verwalter.
Er leitet die
KUNZE-Grup-
pe mit über
20.000 verwalteten Einheiten und
ist Herausgeber von „Der Verwal-
ter-Brief“.
DER AUTOR
Vorschuss für die Mangelbeseitigung verlangt werden. Handelt es
sich beispielsweise um einen optischen Mangel am Fliesenbelag im
Treppenhaus, so könnte die Beseitigung in keinem mehr vertretbaren
Verhältnis zum Nutzen stehen. In diesem Fall ist denkbar, dass sich Er-
werber und Bauträger auf einen Geldbetrag als Kaufpreisminderung
verständigen. Daneben kann im Wege des „kleinen Schadensersatzes“
der Minderwert verlangt werden. In Ausnahmefällen ist es denkbar,
dass der Zustand der Bauleistung für den Erwerber unzumutbar ist und
er einen Anspruch auf Rückabwicklung hat. In diesem Fall spricht man
vom „großen Schadensersatz“. Der große Schadensersatz kann neben
der Rückzahlung des Kaufpreises die Erstattung weiterer Schäden be-
inhalten. Er spielt derzeit praktisch auf Grund der jährlichen Wertsteige-
rungen keine Rolle.
Für die Ansprüche in Bezug auf Mängel im Gemeinschaftseigentum kann
jeder einzelne Eigentümer die „Nacherfüllung“ oder nach fruchtlosem
Fristablauf die Zahlung an die Wohnungseigentümergemeinschaft ver-
langen. „Kleinen Schadensersatz“ oder Minderung, also Ersatzleistun-
gen in Geld, kann jedoch nur die Wohnungseigentümergemeinschaft
geltend machen. Vertreter der Wohnungseigentümergemeinschaft in
einem solchen Fall ist der Verwalter. Der Verwalter kann allerdings nur
handeln, wenn die Wohnungseigentümer zuvor beschlossen haben,
die Ansprüche, die jedem einzelnen Eigentümer zustehen, an die Woh-
nungseigentümergemeinschaft zu ziehen und den Verwalter beauftra-
gen, die vergemeinschafteten Ansprüche gegen den Bauträger unter
Einschaltung von Bausachverständigen und eines Fachanwalts für Bau-
und Architektenrecht geltend zu machen.
6. Die Rolle des Verwalters
Der Verwalter hat a priori weder die Aufgabe noch die Möglichkeit, die
Beseitigung von Baumängeln gegenüber dem Bauträger durchzuset-
zen. Seine Aufgabe besteht ausschließlich darin, ihm gemeldete Leis-
tungsstörungen an den Bauträger weiterzuleiten und den Eigentümern
sachgerechte (Beschluss-)Vorschläge zur weiteren Vorgehensweise zu
unterbreiten. Erst wenn die Eigentümergemeinschaft Mängelbeseiti-
gungs- oder Minderungsansprüche an sich gezogen und entsprechende
Beschlüsse gefasst hat, ist der Verwalter entsprechend beauftragt und
ermächtigt.
7. Bauträger und am Bau beteiligte Firmen
Der Bauträger hat mit der Errichtung des Bauwerks neben Planern (Ar-
chitekt, Statiker, Haustechnikingenieur, Sonderfachleute) in der Regel
entweder einen Generalunternehmer oder einzelne Baufirmen be-
auftragt. Mit ihnen steht er in einem Vertragsverhältnis, das u.a. die
Behandlung von Baumängeln regelt. Wird dem Bauträger ein Mangel
gemeldet, gibt er wiederum diese Meldung an die von ihm beauf-
tragten Firmen weiter. Zur Beseitigung von Mängeln stehen den be-
1,2,3,4,5,6 8,9,10,11,12
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