Der Verwalter-Brief 2/2019 - page 6

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Recht
Entscheidungsgrundlage für den einzelnen Eigentümer zu liefern, ist
von Bauträger zu Bauträger verschieden.
3. Inhalt und Wirkung der Abnahmeerklärung
Mit der Erklärung der Abnahme beginnt die, in der Regel fünfjährige,
Mängelverjährungsfrist. Zudem kehrt sich die Darlegungs- und Beweis-
last um, so dass nunmehr der Erwerber beweisen muss, dass ein Man-
gel zum Zeitpunkt der Abnahme vorlag. Abnahmereif ist die Bauleistung
dann, wenn nur noch unwesentliche Mängel bestehen, die im Abnah-
meprotokoll zu benennen sind. Wenn die Bauleistung abnahmereif ist,
kann der Bauträger verlangen, dass der Erwerber die Abnahme erklärt.
Verweigert ein Eigentümer die vom Bauträger geforderte Erklärung, ohne
dass er einen berechtigten Grund zur Verweigerung hat, tritt u. U. die Ab-
nahmewirkung auch ohne Erklärung aus Gründen des Verzugs ein.
4. Meldung und Behandlung von Leistungsstörungen
Leistungsstörungen am Bauwerk werden in der Regel von den Eigentü-
mern als Mangel dem Bauträger gemeldet. Der Bauträger ist verpflich-
tet, umgehend zu erklären, ob er die gemeldete Störung als Mangel,
also als eine von Anfang an fehlerhafte Leistung, anerkennt und die
Beseitigung in die Wege leitet oder ob er die Beseitigung mit Hinweis
darauf, dass es sich seiner Meinung nach nicht um einen Mangel han-
delt, ablehnt. Der einzelne Eigentümer oder die Eigentümergemein-
schaft müssen dann entscheiden, wie sie damit weiter umgehen.
Werden Mangelbeseitigungsarbeiten vom Bauträger vorgenommen,
ohne dass sie ausdrücklich auf Kulanz erfolgen, so beginnt die Mängel-
verjährungsfrist für diesen konkreten Mangel von neuem (sog. verjäh-
rungsrechtliches Anerkenntnis). Eine sorgfältige Dokumentation ist im
Interesse der Eigentümer also erforderlich.
5. Der Mangel am Sonder- und Gemeinschaftseigentum
Alle Leistungsstörungen im Bereich des Sondereigentums werden aus-
schließlich im Verhältnis zwischen dem jeweiligen Eigentümer und
dem Bauträger behandelt. Die Gemeinschaft ist hierfür nicht zuständig
und kann auch wirksam keine Beschlüsse fassen oder – von der Not-
geschäftsführung abgesehen – wirksam Maßnahmen vornehmen. Der
Verwalter ist also weder handlungsbefugt noch handlungsverpflichtet.
Anders verhält es sich bei Mängeln im Gemeinschaftseigentum. Hier ist
die Gemeinschaft, auch wenn sie nicht Vertragspartner des Bauträgers
war, unter dem Gesichtspunkt der Instandsetzung (§ 21 Abs. 5 Nr. 2
WEG) zuständig. Im Regelfall kann die Gemeinschaft, vertreten durch
den Verwalter, erst handeln, wenn ein sog. Vergemeinschaftungsbe-
schluss nach § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG gefasst wurde.
Für Leistungsstörungen im Sondereigentum und im Gemeinschaftsei-
gentum gilt gleichermaßen, dass neben dem Anspruch auf Beseitigung
– das Gesetz spricht von „Nacherfüllung“ – weitere Ansprüche beste-
hen können. So kann neben Aufwendungsersatz ein abzurechnender
Besonderheiten beim Erwerb einer
Eigentumswohnung vom Bauträger
Dipl.-Kfm. Richard Kunze, Worms
Die Planung und Errichtung eines Gebäudes ist ein höchst kom-
plexer Vorgang, in der Regel mit vielen Beteiligten. Es ist nahezu
unmöglich, ein mangelfreies Gebäude zu errichten.
1. Unterschied zwischen Erfüllungsanspruch, Mangelanspruch
und Schaden
Wenn eine Schlechtleistung des Bauträgers vorliegt, bevor die Bau-
leistung vom Erwerber rechtsgeschäftlich abgenommen wurde, kann
der Erwerber nur einen Erfüllungsanspruch geltend machen, gerichtet
auf vertragsgemäße Herstellung des Bauteils. Vor der Abnahme ist der
Erwerber nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nur in Ausnah-
mefällen berechtigt, bereits Mängelrechte geltend zu machen. Ein prak-
tisch relevanter Ausnahmefall liegt vor, wenn die Abnahme auf Grund
der vom Bauträger gestellten, aus AGB-rechtlichen Gründen unwirksa-
men Abnahmeklausel gescheitert ist.
Nach Erklärung der Abnahme handelt es sich bei nicht vertragsgemäßer
Leistung um einen Mangel. Ein Gewährleistungsmangel ist ein nicht
vertragsgemäßer Zustand, der zum Zeitpunkt der Abnahme bestand.
Eine Zustandsverschlechterung, die nach der Abnahmeerklärung eintritt
und zu diesem Zeitpunkt nicht vorhanden bzw. angelegt war, ist dem-
nach kein Mangel, sondern eine Beschädigung oder ein Schaden.
2. Abnahme der Bauleistung, Zuständigkeiten im
Sondereigentum und im Gemeinschaftseigentum
Die Abnahme der Bauleistung im Bereich des Sondereigentums (Woh-
nung, Laden, Büro, Tiefgaragen-Platz usw.) obliegt ausschließlich dem
jeweiligen Erwerber der Sondereigentumseinheit. Die Abnahme um-
fasst neben der körperlichen Übergabe die Billigung als im Wesentli-
chen fertiggestellt und mangelfrei.
Die Erklärung der Abnahme im Gemeinschaftseigentum (z. B. Treppen-
häuser, Dächer, Fassaden, Fenster, Hauseingangstüren, Wohnungstüren,
Heizungen, Tiefgarage usw.) obliegt allen Eigentümern, aber nach dem
Gesetz jeweils einzeln. Das heißt, jeder Eigentümer muss die Abnahme
des gesamten Gemeinschaftseigentums erklären, auch wenn es nicht
im Bereich seines Sondereigentums liegt. Beispielsweise muss bei ei-
ner Mehrhausanlage ein Eigentümer in Haus 1 auch das Gemeinschafts-
eigentum in allen anderen Häusern erklären. Welches Prozedere dafür
gewählt wird, ob beispielsweise ein Gutachter bestellt wird, um eine
Beispiel:
nach Bezug der Wohnungen vorhandene Beschädigungen
der Wände im Treppenhaus.
Beispiel:
nicht nach den anerkannten Regeln der Technik (a.R.d.T.)
verlegte Fliesen im Treppenhaus
1,2,3,4,5 7,8,9,10,11,12
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