Verwalterbrief 5/2019 - page 9

Deckert/Elzer kompakt
Die Eigentumswohnung
Entscheidung
des Monats
Beschlussfassung - Haftung
des Verwalters
Wird ein Beschlussantrag aus den
Reihen der Wohnungseigentümer im
Anschluss an eine Diskussion formu-
liert, der entweder gerade noch oder
nicht mehr hinreichend bestimmt
gefasst ist, so handelt der gewerbliche
Verwalter nicht grob fahrlässig, wenn
er nicht sofort eine „rechtliche Adhoc-
Bewertung“ vornimmt.
(LG Hamburg, Beschluss v. 13.9.2018,
318 T 13/18)
Der Fall:
Verwalter V kündigt zur Tagesordnung eine
Diskussion und Beschlussfassung über Ar-
beiten an der Tiefgaragendecke sowie über
die Finanzierung dieser Arbeiten an. Im
Rahmen der Diskussion, was zu tun und
wie die Maßnahme zu finanzieren ist, for-
mulieren die Wohnungseigentümer selbst
den dann zur Abstimmung gestellten Be-
schlussantrag. Gegen diesen Beschluss geht
ein Wohnungseigentümer vor. Mit Erfolg.
Denn das Amtsgericht (AG) hält den Be-
schluss für zu unbestimmt und jedenfalls für
anfechtbar. Die Kosten dieses Rechtsstreits
erlegt das AG dem V auf. Das AG sieht das
grobe Verschulden des V darin, die Woh-
nungseigentümer nicht auf die Risiken ei-
ner Beschlussfassung über einen spontan
aus der Versammlung heraus formulierten
und damit ggf. nicht hinreichend bestimm-
ten Beschlussantrag hingewiesen zu haben.
Zudem sei der konkrete Beschluss nicht im
Einladungsschreiben angekündigt worden. V
hält diese Entscheidung nicht für richtig und
legt gegen die Kostenentscheidung daher
sofortige Beschwerde ein.
Das Problem:
Zentrales Problem des Falles ist die Frage,
ob ein Verwalter bei einem von den Woh-
nungseigentümern schlecht formulierten
Beschluss seine Pflichten als Verwalter ver-
letzt und daher auf Schadensersatz haften
kann. Daneben stellt sich die Frage, ob ein
Verwalter bereits mit der Ladung einen kon-
kreten Beschluss ankündigen muss.
So hat das Landgericht (LG) Hamburg
entschieden:
1. Das Ergebnis
Nach Ansicht des LG hat V seine Pflichten
jedenfalls weder vorsätzlich noch grob fahr-
lässig verletzt. Zur Frage einer Pflichtverlet-
zung und zur Frage leichter Fahrlässigkeit
bezieht es jeweils keine Stellung.
2. Schilderung der Grundsätze
Nach der Rechtsprechung des Bundesge-
richtshofs (BGH) eröffne § 49 Abs. 2 WEG
dem Gericht aus prozessökonomischen
Gründen die Möglichkeit, dem Verwalter
die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen,
wenn die Tätigkeit des Gerichts durch ihn
veranlasst worden sei und ihn insoweit ein
grobes Verschulden treffe. § 49 Abs. 2 WEG
erlaube damit, einen materiell-rechtlichen
Schadensersatzanspruch des unterlegenen
Wohnungseigentümers wegen der Verlet-
zung von Pflichten bei der Verwaltung im
Rahmen der Kostenentscheidung durchzu-
setzen. Ob das Gericht hiervon Gebrauch
mache, liege in seinem Ermessen.
Entscheidung des Monats:
WEG-Rechtsprechung kompakt
Beschlussfassung -
Haftung des Verwalters
Liebe Leserin,
lieber Leser,
eine der Fragen, die Verwalter in den letzten
Jahren auf vielen Praktiker-Veranstaltungen
immer wieder bewegt und Gegenstand von
vielen Vorträgen war, ist die, ob ein Verwalter
für einen nicht ordnungsmäßigen Beschluss
auf Schadensersatz haftet, der zwar nicht
nichtig, aber anfechtbar ist. Vor allem geht es
um Beschlüsse, die zu unbestimmt sind. Was
muss ein Verwalter insoweit tun? Muss er sich
wie eine Schranke vor die Wohnungseigentü-
mer stellen? Muss er sie zu ihrem Glück ge-
radezu zwingen? Schuldet er wenigstens eine
rechtliche Beratung? Oder kann er die Woh-
nungseigentümer einfach gewähren lassen?
Eine höchstrichterliche Rechtsprechung zu
diesem Punkt steht leider weiterhin aus. Es
gibt aber immer wieder beachtenswerte
Rechtsprechung aus der „Linie“. Eine dieser
Entscheidungen haben wir dieses Mal zur
Entscheidung des Monats gemacht. Sie ist
nicht das letzte Wort. Sie spricht aber wichtige
Aspekte an und sollte jedem Verwalter be-
kannt sein.
Herzlichst
Ihr
Dr. Oliver Elzer
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