Verwalterbrief 5/2019 - page 2

Rückschnitt überhängender Äste?
Der Anspruch verjährt in 3 Jahren
Der Anspruch eines Grundstückseigentümers auf das Zurückschneiden
überhängender Äste vom Nachbargrundstück aus § 1004 Abs. 1 BGB
unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren (§§ 195, 199
BGB). Das hat der BGH aktuell entschieden.
Bei einer Störung durch überhängende Zweige handelt es sich nicht
um eine einheitliche Dauerhandlung, die den rechtswidrigen Zustand
fortlaufend aufrechterhält, sodass die Verjährungsfrist gar nicht in Gang
kommt, oder um wiederholte Störungen, die jeweils neue Ansprüche
begründen. Vielmehr entsteht der Anspruch auf Beseitigung der Stö-
rung in dem Moment, in dem die Beeinträchtigung des Eigentums in-
folge des Wachstums der Äste einsetzt.
Nimmt der Nachbar den störenden Zustand länger als 3 Jahre hin, kann
er die Beseitigung im Interesse des Rechtsfriedens, der durch die Ver-
jährung geschaffen werden soll, nicht mehr verlangen. Vor einem uner-
warteten Rechtsverlust ist der Nachbar dadurch geschützt, dass der Lauf
der Verjährungsfrist von seiner Kenntnis der Störung abhängt.
Schließlich ist die Verjährung auch nicht nach § 26 Abs. 3 NRG BW
ausgeschlossen. Diese Vorschrift schließt zwar die Verjährung des An-
spruchs auf Zurückschneiden von Hecken und die Beseitigung über-
hängender Zweige aus. Dies erfasst aber nur Ansprüche, die sich aus
dem Nachbarrechtsgesetz ergeben, nicht aber sich unmittelbar aus
§ 1004 Abs. 1 BGB ergebende Beseitigungsansprüche. (BGH, Urteil v.
22.2.2019, V ZR 136/18)
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Weiterführende Informationen:
Nachbarrechtliche Grenzabstände für Bäume,
Sträucher und Hecken
11840263
Beseitigungsanspruch des Grundstückseigentümers
bei Beeinträchtigung durch überhängende Zweige
9225570
WEG kann Kurzzeitvermietung nicht
per Mehrheitsbeschluss verbieten
Wohnungseigentümer können die kurzzeitige Vermietung von Eigen-
tumswohnungen, etwa an Feriengäste, nicht auf der Grundlage einer
Öffnungsklausel in der Teilungserklärung durch Mehrheitsbeschluss
verbieten. Hierzu bedarf es einer Vereinbarung. Dasselbe gilt für ein
generelles Vermietungsverbot.
Wenn Einheiten zu Wohnzwecken dienen, liegt hierin eine Zweckbe-
stimmung mit Vereinbarungscharakter. Eine Öffnungsklausel ermöglicht
es im Ausgangspunkt zwar, Vereinbarungen mit qualifizierter Mehrheit
zu ändern. Allerdings sind bestimmte Rechte der Sondereigentümer
„mehrheitsfest“, das heißt, diese können nur mit Zustimmung der be-
troffenen Eigentümer geändert werden.
Die Zweckbestimmung eines Wohnungs- oder Teileigentums ist ein sol-
ches mehrheitsfestes Recht, denn sie gibt vor, wie eine Einheit genutzt
werden darf und ist für deren Wert elementar. Durch ein Verbot sämt-
licher oder auch nur bestimmter Vermietungen würde in die Zweck-
bestimmung des Wohnungseigentums eingegriffen. Auch bei Geltung
einer Öffnungsklausel bedarf es daher für ein Verbot der Zustimmung
aller betroffenen Eigentümer. Betroffen sind dabei sämtliche Eigentü-
mer und nicht nur diejenigen, die bereits vermieten. (BGH, Urteil v.
12.4.2019, V ZR 112/18)
!
Weiterführende Informationen:
Öffnungsklausel
950807
Anfechtung der Beiratswahl
ist 750 EUR wert
In den vergangenen Jahren hat sich der BGH wiederholt damit befasst,
wie bestimmte gerichtliche Anliegen von Wohnungseigentümern finan-
ziell zu bewerten sind (siehe Der Verwalter-Brief Juli/August 2017, Seite
2). Bedeutung hat dies dafür, ob gegen ein Urteil des Amtsgerichts eine
Berufung vor dem Landgericht möglich ist bzw. ein landgerichtliches
Urteil ohne Zulassung der Revision mit einer Nichtzulassungsbeschwer-
de vor dem BGH angefochten werden kann. Für eine Berufung muss
der Beschwerdeführer eine Beschwer von mehr als 600 EUR geltend
machen, die Nichtzulassungsbeschwerde ist erst ab einer Beschwer von
über 20.000 EUR möglich.
Wird die Bestellung des Verwaltungsbeirats erfolglos angefochten, ist
das wirtschaftliche Interesse des klagenden Eigentümers in aller Regel
auf 750 EUR zu schätzen. Es liegt damit über der für eine Berufung er-
forderlichen Summe von über 600 EUR.
Zur erfolglosen Anfechtung eines Beschlusses über die Entlastung des
Verwaltungsbeirats hat der BGH bereits entschieden, dass sich das wirt-
schaftliche Interesse des klagenden Eigentümers nach dem regelmäßig
mit 500 EUR anzusetzenden Wert bemisst, den die künftige vertrauens-
volle Zusammenarbeit mit dem Verwaltungsbeirat hat, zuzüglich des
klägerischen Anteils an etwaigen Ersatzansprüchen gegen den Verwal-
tungsbeirat, auf die der Eigentümer die Anfechtung des Entlastungsbe-
schlusses stützt.
Geht es aber um die Wahl des Verwaltungsbeirats, ist das Interesse
an einer weiteren vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem Verwal-
tungsbeirat nicht der richtige Bezugspunkt. Ein Bestellungsbeschluss ist
auf die unmittelbare Begründung wohnungseigentumsrechtlicher Be-
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Meldungen
Schutzlos ist ein Grundstückseigentümer, der die Beseitigung über-
hängender Äste aufgrund von Verjährung nicht mehr verlangen
kann, nicht. Unabhängig von dem der Verjährung unterliegenden
Anspruch aus § 1004 BGB steht dem Grundstückseigentümer ein
Selbsthilferecht aus § 910 BGB zu. Danach darf er die vom Nachbar-
grundstück herüberragenden Zweige abschneiden und behalten.
PRAXIS-TIPP:
Auch wenn eine Vereinbarung über das Verbot von (Kurzzeit-)Vermie-
tungen mangels Zustimmung sämtlicher Eigentümer nicht zustande
kommt, sind Eigentümer, die Störungen durch Kurzzeitvermietun-
gen abwenden wollen, nicht schutzlos. Kommt es zu Überbelegung,
Verstößen gegen die Hausordnung oder Lärmbelästigung durch Fe-
riengäste, kann dies einen Unterlassungsanspruch nach § 15 Abs. 3
WEG begründen. Der Umstand allein, dass die (kurzzeitigen) Mieter
den anderen Bewohnern unbekannt sind, stellt für sich genommen
aber keine Störung dar.
PRAXIS-TIPP:
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