DER VERWALTERBRIEF 4/2017 - page 5

Damit rechtmäßigerweise im Beschluss auf die Anlagen Bezug genom-
men werden kann, ist es notwendig, diese spätestens mit der Einla-
dung den Eigentümern zur Verfügung zu stellen. Denn Unterlagen, die
nach Art, Umfang und Bedeutung eine vorherige Auseinandersetzung
erfordern, müssen den Eigentümern vor der Beschlussfassung bekannt
gemacht worden sein. Hierzu reicht zwar regelmäßig die Übersendung
eines Preisspiegels aus, dies aber nur, wenn zugleich ausdrücklich
angeboten wird, die kompletten Unterlagen im Büro der Verwaltung
einzusehen (vgl. LG Düsseldorf, Urteil v. 22.10.2014, 25 S 34/14; LG
München I, Urteil v. 6.10.2014, 1 S 21342/13 WEG; AG Augsburg, Urteil
v. 17.2.2016, 31 C 1980/15 WEG).
4. Beschluss über Kostenverteilerschlüssel
Die Beschlussfassung ist mangels inhaltlicher Bestimmtheit nichtig.
In Ansehung des personenbasierten Verteilerschlüssels ist schon unklar,
in welchem Verhältnis die Personen(-zahl?) zur Zeitangabe stehen soll.
Unklar ist zudem, wer als „Person“ zu rechnen sein soll und wer dies
festlegt bzw. ermittelt (vgl. AG Dortmund, Urteil v. 10.12.2015, 514 C
108/14).
Inhaltlich unklar sind ferner Begriffe wie „Wartungskosten“ oder
„Müllbeseitigungskosten“ (vgl. LG Frankfurt, Urteil v. 14.4.2015, 2-09 S
5/14; LG München I, Urteil v. 23.6.2014, 1 S 13821/13).
Was die Verteilung von Kosten nach einem qm-Schlüssel anbetrifft, ist voll-
kommen unklar, was tatsächlich genutzte Flächen sein sollen und wer dies
feststellt (vgl. LG Frankfurt/Oder, Urteil v. 21.11.2016, 16 S 85/16).
!
Weiterführende Informationen:
Beschluss
636307
Beschluss (FAQs)
2086450
Zudem ist die Genehmigung der Jahresabrechnung bedingungsfeindlich.
Unkonkrete Änderungsvorbehalte führen zur Beschlussnichtigkeit (vgl.
LG München I, Urteil v. 22.9.2016, 36 S 22442/15; AG Lüneburg, Urteil v.
29.3.2016, 39 C 295/15; AG Hamburg-Blankenese, Urteil v. 27.7.2016,
539 C 44/15).
3. Beschluss über eine Instandsetzungsmaßnahme
Ein Instandsetzungsbeschluss ist nur dann hinreichend bestimmt, wenn
dabei auch angegeben wird, welche konkreten Maßnahmen vorge-
nommen und auf welche Art und Weise sie durchgeführt werden sol-
len (vgl. LG Gera, Urteil v. 16.2.2015, 5 S 23/14; LG Berlin, Urteil v.
5.5.2013, 55 S 52/12). Hieran mangelt es im obigen Beschlussbeispiel,
da nicht klar wird, welche konkreten Arbeiten zur „Balkonsanierung“
ausgeführt werden sollen, zumal das in Bezug genommene Angebot
nicht näher spezifiziert wird. Zwar ist es zulässig (s.o.), zur näheren
Konkretisierung der Maßnahme Bezug auf vorliegende Angebote oder
sonstige Unterlagen zu nehmen, diese sind aber genau zu bezeichnen
und als Anlage zum Protokoll zu nehmen (vgl. BGH, Urteil v. 8.4.2016, V
ZR 104/15; AG Dortmund, Urteil v. 12.11.2015, 514 C 71/14; AG Dort-
mund, Urteil v. 5.11.2015, 513 C 22/15).
Auch fehlt im Beschluss die Ermächtigung des Verwalters zur Auftrags-
vergabe sowie die Angabe, wie der Vertragsinhalt der Auftragsvergabe
gestaltet ist.
Der Beschluss ist auch deshalb nichtig, weil die Kompetenz, über
Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung zu entscheiden,
bei der Eigentümerversammlung liegt. Eine nicht näher bestimmbare
Delegation (was ist „Abstimmung“?) dieser Entscheidungsbefugnis ist
mangels inhaltlicher Bestimmtheit nichtig. Entsprechendes gilt für eine
Auftragsvergabe aufgrund noch „nachzuverhandelnder“ Angebote (vgl.
LG Koblenz, Urteil v. 21.7.2014, 2 S 72/13; AG Offenbach, Urteil v.
22.7.2016, 320 C 27/16; AG Hamburg-Blankenese, Urteil v. 27.4.2015,
539 C 21/14; AG Dortmund, Urteil v. 3.3.2015, 512 C 53/14).
5
„Die Eigentümer beschließen, die vorliegende Jahresgesamtabrech-
nung 2016 nebst den jeweiligen Jahreseinzelabrechnungen 2016
mit Druckdatum vom … (wird als Anlage zum Protokoll genommen)
mit einem Gesamtkostenvolumen i.H.v. … EUR und den daraus je-
weils hervorgehenden Abrechnungsspitzen zu genehmigen.“
PRAXIS-TIPP: FORMULIERUNGSVORSCHLAG
Beispiel: Mangelhafter Beschluss
„Die Eigentümer beschließen, dass die Balkonsanierung auf der
Grundlage des Angebots der Fa. Müller zu Kosten von 7.000 EUR
durchgeführt werden soll. Der Verwalter hat hierzu noch zwei wei-
tere Vergleichsangebote einzuholen. Der Auftrag soll sodann nach
entsprechendem Nachverhandeln in Abstimmung mit dem Beirat
an den geeignetsten Anbieter vergeben werden.“
„Die Eigentümerversammlung beschließt, den Verwalter zu ermäch-
tigen, namens und im Auftrag sowie auf Kosten der Wohnungsei-
gentümergemeinschaft die Fa. … auf der Grundlage deren Angebots
vom …, Nr. …, welches als Anlage zum Protokoll genommen wird,
zu Kosten i.H.v. … EUR brutto (Festpreis) auf der Grundlage des vor-
liegenden Vertragsentwurfs vom …, der als Anlage zum Protokoll
genommen wird, mit der Ausführung der im o.g. Angebot näher
beschriebenen Arbeiten zur Abdichtung der Balkone (Entfernung
des vorhandenen Balkonaufbaus/der Geländer, Erneuerung der
PRAXIS-TIPP: FORMULIERUNGSVORSCHLAG
Beispiel: Mangelhafter Beschluss
„Die Eigentümer beschließen, dass die Kaltwasserkosten ab dem
1.1.2018 nach Personen/Monaten, die Wartungskosten und die
Kosten der Hausreinigung nach tatsächlich genutzter Fläche (qm)
verteilt werden sollen.“
Rüdiger Fritsch
berät und
vertritt als
Fachanwalt
für Miet- und
Wohnungsei-
gentumsrecht
Unternehmen
der Wohnungswirtschaft. Er ist
Buchautor, veröffentlicht in Fach-
zeitschriften und ist für namhafte
Tagungsveranstalter bundesweit
als Referent tätig. Als beratendes
Mitglied unterstützt er den Bun-
desfachverband der Immobilien-
verwalter (BVI).
DER AUTOR
Feuchtigkeitsabdichtung und des Balkonaufbaus sowie stirnseitige
Anbringung neuer Geländer) im Bereich der Sondereigentumsein-
heiten … und … zu beauftragen..“
1,2,3,4 6,7,8,9,10,11,12
Powered by FlippingBook