DER VERWALTERBRIEF 4/2017 - page 11

Hieraus ist im Umkehrschluss zu schließen,
dass ohne Ansatz von Mitteln im Wirt-
schaftsplan und ohne Ermächtigung eine
Entnahme unzulässig ist und der Verwalter
den Rechtsanwalt auf die Wohnungsei-
gentümer als seine Mandanten verweisen
oder von den Eigentümern Vorschuss ver-
langen muss.
HINWEIS:
11
Deckert/Elzer kompakt
will. Kommt ein Kontakt nicht rechtzeitig vor
Ablauf der einmonatigen Rechtsmittelfrist zu-
stande, sollte der Verwalter – liegen ihm vom
Vertretenen keine weiteren Erkenntnisse vor
– Berufung einlegen.
3. Außerordentliche Versammlung
Verneint man eine Beschlusskompetenz, über
die Frage der Berufungseinlegung zu beschlie-
ßen oder den Verwalter insoweit anzuweisen,
bedarf es jedenfalls für eine Beschlussfassung
keiner Versammlung. Ob der Verwalter dennoch
eine außerordentliche Versammlung einberuft,
obliegt seinem Ermessen. Es wäre jedenfalls
vorstellbar, den beklagten Wohnungseigen-
tümern gewissermaßen eine „Plattform“ zu
bieten, über die Berufung und ihr jeweiliges
eigenes Verhalten zu diskutieren.
Da eine solche außerordentliche Versammlung
freilich nicht im Interesse aller Wohnungsei-
gentümer wäre, bietet sie sich nicht unbe-
dingt an. Es ist auch mehr als fraglich, ob der
klagende Wohnungseigentümer zu beteiligen
wäre, ob der für alle oder für die meisten der
beklagten Wohnungseigentümer mandatierte
Rechtsanwalt dort auftreten dürfte und ob es
richtig wäre, etwaige für die außerordentliche
Versammlung anfallende Kosten auf alle Ei-
gentümer umzulegen.
4. Finanzierung der Verteidigung gegen
Anfechtungsklage
Die Kosten einer Anfechtungsklage – auch der
Berufung – gehören nicht zu den sonstigen
Verwaltungskosten im Sinne von § 16 Abs.
2 WEG. Ob es dennoch zulässig ist, sie zwi-
schenzeitlich aus dem Verwaltungsvermögen
zu finanzieren, ist streitig. Nach Ansicht des
BGH können die Wohnungseigentümer die
Aufbringung von Vorschüssen für den Rechts-
anwalt beschließen und also eine Vorfinanzie-
rung – auch der Berufung – ermöglichen, wenn
Anfechtungsklagen „allgemein zu erwarten
sind“. In diesem Fall könnten als Kostenpo-
sition Mittel im Wirtschaftsplan angesetzt
werden. Seien Anfechtungsklagen hingegen
nicht abzusehen, könnten die Eigentümer den
Verwalter ermächtigen, für Anfechtungsklagen
das Verwaltungsvermögen einzusetzen. Bei
der Beantwortung der Frage, ob der eine oder
andere Fall vorliegt, hätten die Wohnungsei-
gentümer Ermessen.
5. „Sondervergütung“
In der Regel vereinbaren Verwalter eine mo-
natlich anfallende pauschale Grundvergütung
für ihre gesetzlichen und gewillkürten Amts-
pflichten sowie „Sondervergütungen“ für dar-
über hinausgehende Leistungen. Ein solcher
Vergütungsanteil wird mit bislang allgemeiner
Zustimmung unter anderem für den Fall ver-
einbart, dass der Verwalter für die Wohnungs-
eigentümer einen Prozess führt. Die „Sonder-
vergütung soll“ auch dann anfallen können,
wenn der Verwalter den Prozess durch einen
Rechtsanwalt führen lässt. Ferner kann der
Verwalter für die „Begleitung“ eines gericht-
lichen Verfahrens, z. B. zur Information und
Instruktion des beauftragten Rechtsanwalts,
eine Vergütung vereinbaren.
6. Verhaltensempfehlungen an Verwalter
Der Verwalter sollte die beklagten Woh-
nungseigentümer zeitnah von einer Anfech-
tungsklage informieren.
Der Verwalter sollte – bis auf solche Ver-
walter, die über erhebliche Rechtskenntnis-
se verfügen, z. B. wenn sie Rechtsanwalt
sind – die beklagten Wohnungseigentümer
im Rahmen einer Anfechtungsklage nicht
selbst verteidigen.
Der Verwalter sollte in der Regel mit der
Verteidigung der beklagten Wohnungsei-
gentümer im Rahmen einer Anfechtungs-
klage mit einem Rechtsanwalt – jeweils ge-
sondert – einen Anwaltsvertrag schließen.
Dazu sollte er die Wohnungseigentümer
vorher fragen, welcher Rechtsanwalt ihnen
genehm wäre. Ziel ist insoweit allerdings
nur ein Meinungsbild. Denn (auch) insoweit
besteht keine Beschlusskompetenz.
Der Verwalter sollte zurzeit davon absehen,
über die Frage, ob er Berufung einlegen
soll, abstimmen zu lassen; er sollte sich fer-
ner nicht anweisen lassen.
Der Verwalter sollte zur Frage der Berufung
keine außerordentliche Versammlung ein-
berufen.
Der Verwalter sollte zeitnah nach Eingang
des erstinstanzlichen Urteils mit jedem der
beklagten Wohnungseigentümer Rückspra-
che halten, ob er für diesen ein Rechtsmittel
einlegen soll.
Kommt ein Kontakt nicht rechtzeitig vor
Ablauf der einmonatigen Rechtsmittelfrist
zustande, sollte der Verwalter – liegen ihm
vom Vertretenen keine weiteren Erkenntnis-
se vor – Berufung einlegen.
!
Weiterführende Informationen:
Berufung
1717901
WEG-Rechtsprechung
kompakt
Voraussetzungen für einen
Versammlungsausschluss
(AG Offenbach, Urteil v. 23.5.2016, 320 C
9/16)
Zwar kann ein Wohnungseigentümer vom
weiteren Verlauf einer Eigentümerversamm-
lung ausgeschlossen werden, wenn er deren
Ablauf erheblich stört. Ein solcher Ausschluss
muss allerdings den Grundsatz der Verhältnis-
mäßigkeit wahren. Ein Ausschluss kommt nur
für den weiteren Verlauf der Versammlung in
Betracht, kann also nicht präventiv bereits im
Vorfeld der Versammlung erfolgen. Notwendig
ist insbesondere, dass es kein milderes Mittel
gibt, welches den Störungen in gleicher Weise
entgegenwirkt.
!
Weiterführende Informationen:
Eigentümerversammlung: Durchführung der
Versammlung
2659769
Markise, Gartenhütte und Fahnenmast
stellen allzustimmungspflichtige bauliche
Veränderungen dar
(AG Bottrop, Urteil v. 22.4.2016, 20 O 57/15)
Die Errichtung einer Gartenlaube, eines Fah-
nenmasts und die Montage einer Markise
stellen eine allzustimmungspflichtige bauliche
Veränderung dar, weil sie zu einer optischen
Beeinträchtigung des Gesamteindrucks der
Wohnanlage führen.
Im Einzelfall kann der Verwalter durch die
Einlegung einer Berufung seine Pflichten
verletzen und auf Schadensersatz haften.
So liegt es, wenn die Einlegung einer Be-
rufung offensichtlich verfehlt war. Einen
solchen Fall wird man allerdings nur in
Ausnahmefällen anerkennen können.
HINWEIS:
Beispielhafte Formulierung:
Der Ver-
walter hat einen Anspruch auf eine
Vergütung für die Zuarbeit, Unterlagen-
zusammenstellung, Führung von Schrift-
verkehr, für das Anfertigung von Kopien,
die Wahrnehmung von Besprechungen
und/oder gerichtlichen Terminen bei der
über einen Rechtsbeistand abgewickelten
gerichtlichen Beitreibung rückständiger
Hausgeldforderungen nach Zeitaufwand,
mindestens _____ EUR zuzüglich Schreib-,
Kopier- und Portoauslagen.
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