Der Verwalter-Brief 9/2017 - page 5

(Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz) und BMUB (Bun-
desministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit)
für die Fortsetzung des Verfahrens und zwischenzeitlich auf Werben des
DDIV für den Einschluss des Mietverwalters aussprachen. Dabei gelang
es auch, mit dem Deutschen Mieterbund und Haus & Grund eine er-
weiterte Branchen-Allianz zu bilden. Wo stand aber in dieser Zeit das
Parlament, wo die handelnden Fachpolitiker der Koalitionsfraktion?
Im Frühsommer 2016 bekam der DDIV vor der SPD-Bundestagsfraktion
ausführlich die Gelegenheit, die Verschleppung des Verfahrens zu gei-
ßeln und zugleich auf eine Umsetzung zu drängen. Mit anwesend war
die Staatssekretärsebene des BMWI (Bundesministerium für Wirtschaft
und Energie), dem ebenfalls ein Sozialdemokrat, damals nämlich Bun-
deswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, vorsaß. Im August folgte dann
endlich der Kabinettsbeschluss und das parlamentarische Verfahren
konnte beginnen.
Inhalt des Gesetzentwurfs
Der nun vorliegende Gesetzentwurf wich nur unwesentlich vom RefE
ab. Vorgesehen war eine Sachkundeprüfung für Verwalter von Woh-
nungseigentum und Makler, Erlaubnisvoraussetzungen wie Zuverlässig-
keit, geordnete Vermögensverhältnisse sowie eine Berufshaftpflicht-
versicherung für den Verwalter. Eine ebensolche für den Makler hatte
das Ministerium wieder einkassiert, da Haftungsrisiko und -schäden
nunmehr als zu gering angesehen wurden. Auch eine „Alte-Hasen-
Regelung“ für Gewerbetreibende und damit eine Befreiung von einer
Sachkundeprüfung war noch enthalten.
Die 3 Kernforderungen des DDIV
Von Anfang an ging der DDIV mit 3 Kernforderungen in das Gesetzge-
bungsverfahren. Erstens sollte der Mietverwalter eingeschlossen sein,
da eine Abstufung aus vielerlei Hinsicht fatal gewesen wäre. Auch un-
terscheidet man letztlich einen Makler in der Ausübung seiner Tätigkeit
gesetzgeberisch ebenso wenig nach einem Miet- und Verkaufsmakler.
Zweitens plädierte der DDIV für eine Pflicht zur Sachkundeprüfung für die
mit der Verwaltung von Wohnungen betrauten Mitarbeiter (Objektbe-
treuer). Drittens legte der DDIV Wert auf eine Weiterbildungspflicht, da
ein einmaliger Nachweis von Grundkenntnissen angesichts der komple-
xen Betätigung und sich wandelnder Rahmenbedingungen unabdingbar
erschien. Zur Erinnerung: Im Gesetzentwurf stand nur der Sachkunde-
nachweis und die Berufshaftpflicht für den Gewerbeinhaber, jedoch kei-
ne Weiterbildungspflicht und kein Einschluss des Mietverwalters.
Gesetzentwurf wird in Wirtschaftsausschuss verwiesen
Im November 2016 verwies das Parlament in 1. Lesung den Gesetzent-
wurf zur abschließenden Befassung in den federführenden Wirtschafts-
ausschuss des Bundestages. Die Fachpolitiker von Union und SPD in
den Ausschüssen Bauen & Umwelt sowie Recht & Verbraucherschutz
wähnten sich fast am Ziel. Doch die AG Wirtschaft der Union wollte
plötzlich unbedingt eine öffentliche Anhörung im Wirtschaftsausschuss,
die nach Verzögerungen Mitte März 2017 stattfand (einsehbar unter
reits bei der Benennung der Experten zur
Anhörung war klar, worauf die Unions-Berichterstatterinnen Astrid
Grotelüschen MdB (CDU) und vor allem Barbara Lanzinger MdB (CSU)
hinauswollten. Sie hatten kein großes Interesse an einem Gesetz, was
ihrer Auffassung nach in Zeiten der Deregulierung und des Bürokra-
tieabbaus fehl am Platze sei und letztlich den Verbraucher – hier den
Verwalter und den Eigentümer – bevormunde. Das war ein Totschlag-
argument par excellence.
Mangelnder Verbraucherschutz wurde bezweifelt
Wiederholt wurde in politischen Einzelgesprächen darauf verwiesen,
dass Missmanagement, Fehlverhalten und damit ein mangelnder Ver-
braucherschutz am Markt nicht sichtbar sei und vorhandene Einzelfälle
keine quantitative Aussagekraft haben. Die amtliche Statistik, wonach
jährlich etwa 300.000 Wohnraummiet- und Wohnungseigentumsverfah-
ren vor deutschen Amts- und Oberlandesgerichten landen, war anschei-
nend kein Ausweis dafür, dass es an der Qualifikation des Verwalters
mangelte.
Branchenumfrage
Der DDIV entschloss sich daher bereits kurz nach der NKR-Anhörung im
Dezember 2016, eine Umfrage in die Branche hineinzutragen, u. a. mit
dem Ziel, die Höhe der Schäden aus unsachgemäßer Vorverwaltung zu
ermitteln. 400 Unternehmen nahmen binnen Kurzem daran teil. 34 %
der Auskunft gebenden Unternehmen lehnten danach WEGs wegen un-
qualifizierter Vorverwaltung ab. Jede 2. Verwaltung setzte einen außer-
gerichtlichen Schadensersatzanspruch gegen den Vorverwalter durch.
43 % begehrten gar vor Gericht Schadensersatz. Und 16 % der Unter-
nehmen stellten mindestens schon einmal eine Strafanzeige gegen den
Vorverwalter wegen unsachgemäßer Immobilienverwaltung. In Summe
entstehen dadurch für Verwaltungen und Eigentümer Schäden in Höhe
von 80 Mio. Euro jährlich (siehe dazu ausführlich 5. DDIV-Branchenba-
rometer, 2017, S. 35 ff). Kurz danach und 2 Tage vor der öffentlichen
Anhörung präsentierten Mieterbund und DDIV zusätzlich Berechnun-
gen, wonach von den rund 20 Mio. Betriebskostenabrechnungen im
Jahr jede zweite fehlerhaft, nicht nachvollziehbar oder zu hoch ist. Laut
einer BBSR-Studie aus dem Jahr 2015 werden etwa 20 % aller Miet-
wohnungen verwaltet, was letztlich in der Summe zu vermeidbaren
Schäden von weiteren 120 Mio. Euro führte (Berechnungsgrundlage u.
a. Pressemeldung DDIV 27.3.2017).
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Der Weg zum Kompromiss
Nach der Anhörung vom März lagen nochmals alle Fakten und Mei-
nungen auf dem Tisch und die Berichterstatter der Regierungskoalition
waren am Zug. Diese bei jedem Gesetzgebungsverfahren stattfinden-
den Gespräche dienen vor allem dazu, einen Kompromiss zu finden und
divergierende Auffassungen zu begradigen. Und die gab es! Im Gegen-
satz zu ihren eigenen Fraktionskollegen und Fachpolitikern wollten die
Unions-Berichterstatter der Wirtschafts-AG das Gesetz nicht und sahen
immer noch keinen Sachzwang. Der SPD-Berichterstatter Marcus Held
MdB hingegen verwies auf die vereinbarte Passage im Koalitionsver-
trag und den Kabinettsbeschluss. Man vertagte sich. In einem weiteren
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Mit „Nestbeschmutzung“, wie Einzelne darüber urteilten, hat das nichts zu tun, geht es doch
letztlich um die Verwaltung von 2 Billionen Euro. Ins Verhältnis zu 200 Mio. Euro gesetzt,
ist dies eine 0,01 prozentige Schadensquote. Die beabsichtigte und erzielte hohe mediale
Aufmerksamkeit in allen Leitmedien des Landes für die notwendige Verabschiedung des
Gesetzes war notwendig, um den Druck auf den Gesetzgeber weiter zu verschärfen.
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