Der Verwalter-Brief 9/2017 - page 4

Verbandsintern wurden verschiedene Maßnahmen entwickelt und voll-
zogen, die letztlich dazu führten, dass sich nach der Bundestagswahl
2013 im Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD folgender Satz finden
lässt:
„Wir werden berufliche Mindestanforderungen und Pflichtversi-
cherungen für Wohnungsverwalter verankern.“
Eine nunmehr unstrit-
tige Formulierung beider Koalitionäre. Man sollte meinen, dass damit
ein Umsetzen in Gesetzesform ohne größere Schwierigkeiten möglich
werden sollte.
Vorlage des Referentenentwurfs
Allerdings dauerte es noch bis in die Sommermonate 2015, um ei-
nen 16-seitigen Referentenentwurf (RefE) öffentlich vorzulegen. Zuvor
drängte der DDIV auf vielen politischen Kanälen auf eine Eröffnung des
Verfahrens, da bereits der Eindruck entstanden war, dass das Bundes-
wirtschaftsministerium kein Interesse an einem Gesetz hatte. Verschie-
dentlich war zu hören, dass eine Änderung der Gewerbeordnung mit
einer Regulierung gleichgesetzt werde, was hausintern abgelehnt wird.
Argumente zum Verbraucherschutz, zur Sicherung von Fremdvermögen
oder zur Grundqualifikation waren nur schwer vermittelbar.
Nächstes Hindernis: Vorlage zum Kabinettsbeschluss
Als sich nach der Stellungnahmefrist die nächste Verfahrensverzöge-
rung, nämlich die Vorlage zu einem Kabinettsbeschluss, abzeichnete,
galt es wieder den Druck zu erhöhen – der DDIV übte diesen aus. Ge-
radezu untypisch für derart „überschaubare“ Gesetzesverfahren, die
auch nur einen geringen Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft bedeuten
– schaltete sich nun noch der Normenkontrollrat (NKR) der Bundesre-
gierung ein. Dieser hat die Möglichkeit, jedes Gesetzgebungsverfahren
auf Folge- und Bürokratiekosten für Behörden und Wirtschaft zu prüfen.
Aber warum hier, wenn doch unstrittig schien, dass die Qualität der
Dienstleistung zunimmt, Vermögen und Verbraucher gestärkt werden
und auch noch die Klimawende vorangebracht wird?
Verweigerung des Normenkontrollrats
Der NKR sprach sich nach der Anhörung dann auch massiv gegen die
Einführung eines Gesetzes aus: zu teuer, zu bürokratisch, zu marktfeind-
lich und vor allem kein sicht- und messbarer Missstand am Markt, der
einen staatlichen Eingriff rechtfertigen würde. Eine Auffassung, die die
handelnden Personen beim NKR bereits vor der Anhörung besaßen und
die – vorsichtig formuliert – Kopfschütteln bei den geladenen Experten
auslöste. Allerdings diente die Verweigerung des NKR später einigen
Wirtschaftspolitikern der Union als willkommene Argumentation, was
sich auch in der Berufung des NKR durch die CDU/CSU in der Anhörung
im März 2017 widerspiegelte.
Lag das Verfahren Ende 2015 damit auf Eis? Einiges sprach dafür, ob-
wohl sich bereits zuvor die ebenfalls SPD-regierten Ministerien BMJV
Berufszugangsvoraussetzungen
für den Wohnimmobilienverwalter:
Vom Werdegang eines Gesetzes
und warum es so eminent wichtig ist
Martin Kaßler, DDIV Berlin
Mit den Stimmen der Regierungskoalition wurde am 23.6.2017
um 0.08 Uhr das Gesetz zur Einführung von Berufszugangsvoraus-
setzungen für gewerbliche Wohnimmobilienverwalter und Immo-
bilienmakler (BT-Drs. 18/12831) vom Bundestag verabschiedet.
Wie alles begann: Ein Gutachten macht Mut
Sechs Jahre zuvor, im Jahr 2011, gab der Dachverband Deutscher Im-
mobilienverwalter (DDIV) das Gutachten „Möglichkeiten zur rechtlichen
Regelung des Berufes des Immobilienverwalters“ (Prof. Rüdiger Zuck,
Stuttgart) in Auftrag. Das war der Auftakt einer klar formulierten Stra-
tegie – die Einführung von Mindestanforderungen an die Tätigkeit des
Verwalters, denn ein Ergebnis des Gutachtens war der Nachweis, dass
Art. 12 des Grundgesetzes, der das Grundrecht auf Berufsfreiheit bein-
haltet, kein Hindernis bei der Einführung von gesetzlichen Mindestan-
forderungen an die Tätigkeit des Verwalters darstellt.
Kleine Anfrage an die Bundesregierung
Ein Jahr nach der gutachterlichen Aussage, also 2012, stellt die SPD in
Zusammenarbeit mit dem DDIV eine kleine Anfrage an die schwarz-
gelbe Bundesregierung (BT-Drs. 17/10216), in der unter anderem auf
das komplexe Aufgabenfeld und die gestiegenen Anforderungen an Im-
mobilienverwaltungen hingewiesen wird. Vor allem aber sollte die Bun-
desregierung die Frage beantworten, wie die Qualität der Dienstleis-
tung gegenüber Eigentümern und Kunden sichergestellt werden kann,
wenn die Tätigkeit keinerlei Mindestanforderungen außer der Pflicht zur
Gewerbeanzeige beinhaltet.
Bundesregierung sieht keinen Handlungsbedarf
Die Antwort fiel überraschend konkret aus. Mit Hinweis auf die Wei-
terbildungsmöglichkeit zum/r „Fachkaufmann/-kauffrau für die Verwal-
tung von Wohnungseigentum“ sah die Bundesregierung keine Notwen-
digkeit einer Reglementierung. Der DDIV gab sich damit nicht zufrieden,
recherchierte und wurde fündig. In 10 Jahren absolvierten ganze 158
Teilnehmer diese Weiterbildung und nur 128 davon bestanden die IHK-
Prüfung. Bei mehreren zehntausend Beschäftigten ein verschwindend
geringer Wert. Von einer Sicherung der Qualität konnte also keine Rede
sein, da auch viele IHK‘s diese Fortbildung aufgrund mangelnder Nach-
frage eingestellt hatten. Zur Theorie (Gutachten) gesellte sich nun die
Praxis (wenig Weiterbildung, hohe gerichtliche Fallzahlen) - und ein be-
lastbares Fundament in der politischen Argumentation war gefunden.
Aufnahme in Koalitionsvertrag
Fest stand damit auch, dass es nunmehr eines immensen Aufklärungs-
aufwandes bedurfte, um ein politisches Umdenken herbeizuführen.
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Verwalterthema
des Monats
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