Der Verwalter-Brief 9/2017 - page 10

10
Deckert/Elzer kompakt
ten des Rechtsstreits angesehen habe, gebe
er diese Ansicht auf. Auch diese Kosten seien
stets Kosten der „internen Verwaltung“, ohne
dass es darauf ankomme, ob der Verwalter
oder ein Ersatzzustellungsvertreter die Aufga-
ben des Zustellungsvertreters wahrnehme.
4. Verwalter als Zustellungsvertreter
Ob wegen des Streitgegenstands die konkre-
te Gefahr bestehe, der Verwalter werde die
Wohnungseigentümer nicht sachgerecht un-
terrichten, müsse das Gericht aufgrund einer
Prognose beurteilen. Sei eine solche Gefahr zu
verneinen, könne an den Verwalter zugestellt
werden. Bestehe sie dagegen, sei der Verwal-
ter nicht Zustellungsvertreter und die Zustel-
lung dürfe nicht an ihn erfolgen.
5. Ersatzzustellungsvertreter
Wenn die Zustellung an einen Ersatzzustel-
lungsvertreter erfolge, gelte nichts anderes als
beim Verwalter. Der Ersatzzustellungsvertreter
trete, sofern das Gericht die Zustellung an ihn
anordne, in die dem Verwalter als Zustellungs-
vertreter zustehenden Aufgaben und Befug-
nisse ein. Schon daraus ergebe sich, dass die
entstehenden Kosten ebenso zu behandeln
seien wie die durch den Verwalter verursach-
ten Kosten: Hier wie dort handele es sich um
Kosten der internen Organisation der Woh-
nungseigentümer.
6. Kostenträger
Die Kosten des gerichtlich bestellten Ersatz-
zustellungsvertreters seien im Übrigen keine
Kosten der beklagten Wohnungseigentümer.
Vielmehr schulde die Gemeinschaft der Woh-
nungseigentümer Auslagenersatz und ggf.
eine Vergütung. Ob und ggf. in welcher Höhe
eine Vergütung geschuldet sei, müsse das Ge-
richt bei der Bestellung – oder ggf. nachträg-
lich – festlegen. Diese Fragen müssten in dem
(durch das Gericht zu ersetzenden) Beschluss
der Wohnungseigentümer gemäß § 45 Abs. 2
Satz 1 WEG ebenfalls geregelt werden.
7. Folgen für die Abrechnung
In der Abrechnung seien die Kosten des Ersatz-
zustellungsvertreters als Kosten der Verwal-
tung nach dem von § 16 Abs. 2 WEG vorge-
gebenen Maßstab zu verteilen – also ohne
Berücksichtigung der Kostenentscheidung des
Gerichts.
Das bedeutet für Sie:
1. Bestellung eines Ersatzzustellungs-
vertreters und seines Vertreters
Jeder Verwalter sollte bei jeder von ihm ver-
walteten Wohnungseigentumsanlage überprü-
fen, ob die Wohnungseigentümer ihrer Pflicht
nachgekommen sind, einen Ersatzzustellungs-
vertreter sowie dessen Vertreter zu bestellen.
2. Es gibt keinen Ersatzzustellungs-
vertreter und/oder keinen Vertreter
a) Überblick
Ist kein Ersatzzustellungsvertreter und/oder
kein Vertreter bestellt worden oder fehlt mitt-
lerweile eine dieser Personen, ist diesem Man-
gel spätestens mit der nächsten Versammlung
Rechnung zu tragen.
b) Bestellung von Ersatzzustellungsvertreter
und Vertreter
Der Verwalter muss als TOP die Bestellung eines
Ersatzzustellungsvertreters und seines Vertreters
vorsehen und im Vorfeld sichten, welche Perso-
nen sich bereit erklären, dieses Amt anzuneh-
men. Als Bestellungszeitraum bietet es sich an,
wegen des möglichen Laufs eines Anstellungs-
vertrags von nicht mehr als 2 Jahren auch für
die Bestellung nur 2 Jahre ins Auge zu fassen.
Als Dienstleister/Geschäftsbesorger kommen
vor allem Rechtsanwälte infrage. Möglich sind
aber auch Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder
andere Personen mit ähnlichen Qualifikationen.
Wohnungseigentümer sind auch möglich – bie-
ten sich aber eher nicht an: Sie könnten selbst
der Kläger sein. Dann aber wäre eine Zustellung
an sie nicht möglich.
c) Vorbereitung von Anstellungsverträgen
Zum anderen muss der Verwalter im Vorfeld
mit den ins Auge gefassten Bewerbern die
Bedingungen eines mit diesen zu schließen-
den Anstellungsvertrages besprechen (siehe
dazu noch unter 4.). Als Vertragsdauer bietet
sich wegen § 309 Nr. 9 a) BGB ein Zeitraum
von nicht mehr als 2 Jahren an. Es ist durch
Einholung von Angeboten – mindestens je-
weils 3 – zu klären, ob und in welcher Höhe
Ersatzzustellungsvertreter und Vertreter eine
Vergütung verlangen und von welchen Auf-
wendungen diese ausgehen, vor allem, was
diese Personen für Vervielfältigungen verlan-
gen. Weiter ist zu klären, ob es möglich ist,
die Unterrichtung der Wohnungseigentümer
kostensparend zu organisieren, etwa durch
E-Mail oder Nutzung einer Online-Plattform,
der Schaffung eines Zugangs der Wohnungs-
eigentümer auf diese Plattform und die Unter-
richtung der Wohnungseigentümer, dass dort
aktuell Unterlagen eingestellt worden sind.
3. Es gibt bereits einen Ersatzzustellungs-
vertreter und einen Vertreter
Gibt es bereits einen Ersatzzustellungsvertre-
ter und einen Vertreter, sollte jeder Verwalter
überprüfen, für welchen Zeitraum diese bestellt
wurden und ob mit diesen Personen Anstel-
lungsverträge geschlossen worden sind. Ferner
ist zu prüfen, ob eine Abbestellung/Kündigung
sachgerecht ist, weil die geschuldeten Leis-
tungen am Markt zu besseren Konditionen zu
bekommen sind. Schließlich ist zu prüfen, ob
Ersatzzustellungsvertreter und Vertreter die Na-
men der aktuellen Wohnungseigentümer und
ihre aktuellen Kontaktdaten bekannt sind.
4. Anstellungsvertrag
Jedenfalls dann, wenn der Ersatzzustellungs-
vertreter und sein Vertreter für den Fall, dass
an sie zugestellt wird, eine Vergütung verlan-
gen, sollte mit diesen von der Gemeinschaft
der Wohnungseigentümer, vertreten durch den
dazu ermächtigten Verwalter, ein Anstellungs-
vertrag geschlossen werden. Zentrale Fragen,
die dort zu klären sind, sind vor allem:
Vertragsdauer;
Vertragsentgelt, auch in den Phasen, wo es
keine Zustellungen zu bewirken gilt;
Art und Weise, auf die die Wohnungseigen-
tümer eine Unterrichtung wünschen – am
besten per E-Mail und E-Mail-Anhang oder
per E-Mail und Download-Hinweis;
Pflicht der Gemeinschaft, die Vertragspar-
tei unverzüglich zu unterrichten, wenn die
Person eines Wohnungseigentümers oder
dessen Kontaktdaten wechseln.
Man kann darüber streiten, ob die Erfüllung
einer gesetzlichen Pflicht der Wohnungs-
eigentümer stets so dringend ist, dass sie
die Einberufung einer außerordentlichen
Versammlung rechtfertigt. Dogmatisch ist
die Frage wohl zu bejahen. Ungeachtet
dessen dürften die mit einer außerordent-
lichen Versammlung verbundenen Kosten
es in der Regel rechtfertigen, diese nach
Abwägung aller Umstände dennoch nicht
abzuhalten. Bei der Abwägung ist u. a. zu
beachten, ob es in der Wohnungseigen-
tumsanlage wahrscheinlich ist, z. B. wegen
ähnlichen Problemen in der Vergangenheit,
dass ein Gericht dem Verwalter nicht zu-
stellen kann. Ferner ist zu beachten, dass
der Verstoß gegen § 45 Abs. 2 Satz 1 WEG
nicht sanktioniert ist. Der einzige Nachteil
der Wohnungseigentümer liegt darin, dass
diese es nur durch eigenes Tun in der Hand
haben, die Verwaltungskosten gering zu
halten, indem sie selbst einen Ersatzzustel-
lungsvertreter aussuchen und bestellen und
diesem eine kostensparende Unterrichtung
ermöglichen, etwa durch die Überlassung
einer vollständigen E-Mail-Adressliste.
HINWEIS: AUSSERORDENTLICHE
VERSAMMLUNG?
Wurde dem Ersatzzustellungsvertreter und
seinem Vertreter bislang nicht vorgegeben,
wie sie die Wohnungseigentümer zu unter-
richten haben, sollte der Anstellungsvertrag
geändert oder eine Weisung erteilt werden,
wie die Unterrichtung zu erfolgen hat.
HINWEIS: UNTERRICHTUNG DER
WOHNUNGSEIGENTÜMER
1,2,3,4,5,6,7,8,9 11,12
Powered by FlippingBook