Der Verwalterbrief 7-8/2017 - page 5

Themen „auf dem Tisch“, leitet der Mediator den Perspektivwechsel ein.
Hierbei richtet er die Perspektiven der Medianten neu aus: vom Blick in die
eigene Richtung hin zum Blick in eine gemeinsame Richtung.
Der Hausverwalter als Mediator
Mediatoren haben im Bereich der Hausverwaltung ein breites Einsatz-
feld. Dazu gehören sowohl emotionale Konflikte als auch juristisch
schwierige Situationen, in denen die Medianten freiwillig nach einer
Lösung suchen oder präventiv Ziele vereinbaren wollen.
Das betriebliche Konfliktmanagement betrifft häufig den Umgang mit
unzufriedenen Kunden. Der Konflikt besteht dann meist in der Differenz
zwischen Realität und Erwartetem – z. B. wenn (vermeintliche) Schäden
oder Mängel am Gebäude nicht so intensiv untersucht und zügig be-
hoben wurden, wie erhofft. Berufliche Konflikte in der Hausverwaltung
können auf
(vermeintlichen) Fehlern in Hausgeldabrechnungen,
nicht erfüllten Mängelbeseitigungen,
Nachbarschaftsstreitigkeiten,
missverstandener Kommunikation oder
auf vielen anderen Aspekten beruhen.
Die Mediation arbeitet dann darauf hin, dass alle Beteiligten mit einer
reputationswahrenden Lösung auseinandergehen und der Hausverwal-
ter einen zufriedenen Eigentümer bzw. Mieter behält.
Hausverwalter, die als Mediatoren tätig sind, können also aus der Not
eine Tugend machen und gezielt Fälle aufgreifen, bei denen es in der
Vergangenheit Konflikte gab oder aktuell gibt. Entsprechende Mahnun-
gen oder laufende Vollstreckungsverfahren bieten einen Aufhänger für
eine erneute Kontaktaufnahme zum Kunden, zu Anwälten, Sachverstän-
digen oder Immobilienmaklern.
„Konnten Sie zu einer Einigung gelangen? Nein? Wollen wir uns einmal
zu dritt zusammensetzen?“ – Mit solch einer telefonischen Nachfrage
könnte beispielsweise eine Akquise aus dem Kundenbestand erfolgen.
Im Bereich der Verwaltung von Immobilien in sog. „sozialen Brennpunk-
ten“ sind vorherrschende Konflikte oft der Anlass, einen sachkundigen
Fachmann mit Mediationsausbildung einzuschalten. Denn er kann von
vornherein Konflikte vermeiden oder entschärfen.
Zwei Schwestern streiten sich um die letzte Orange. Die Mutter
kommt, schneidet diese in der Mitte durch und gibt beiden Schwes-
tern je eine Hälfte. Beide Schwestern sind damit nicht einverstanden.
Nun fragt die Mutter, was die Töchter denn mit den Orangen vor-
hätten. Da antwortet die eine, sie wolle einen Orangensaft trinken.
Die andere sagt, sie benötige Schalenabrieb für einen Kuchen. Wenn
nun die eine die Schale nutzt, nachdem die andere sich ihren Saft
gepresst hat, wird aus dem schlechten Kompromiss ein Konsens.
PRAXIS-BEISPIEL: DIE LETZTE ORANGE
Rahmenbedingungen klären
Die Grundsätze der Mediation kann ein geschulter Hausverwalter schon
früh berücksichtigen. So sollte der Hausverwaltervertrag z. B. die Option
für die Durchführung einer Mediation beinhalten sowie die Vergütung
für diese Mehrleistung regeln. Hierbei ist darauf zu achten, dass bei der
Formulierung klar wird, dass es sich nicht um eine rechtliche Beratung
handelt und dass die Mediation stets allparteilich und ergebnisoffen ist.
Dies kann auch bedeuten, dass der Eigentümer seine Meinung und Hal-
tung in einem Konflikt überdenken muss. Dies ist sicherlich im Umfeld
institutioneller Eigentümer schwierig, aber durchaus möglich.
Auch sollten alle Beteiligten stets gleichermaßen über alle Informati-
onen verfügen. Sollten Fragen einer Partei nicht direkt zu klären sein,
empfiehlt sich ein gemeinsam durchgeführter Ortstermin oder zumin-
dest ein gemeinsames Gespräch. Dabei lassen sich Rahmenbedingun-
gen für das weitere Vorgehen abstecken.
In diesen ersten Gesprächen kommt es oft vor, dass kleine – für den
Verwalter unwichtige – Aspekte von einer Partei als überaus wichtig
empfunden werden. Den betreffenden Medianten ist es tatsächlich ein
Bedürfnis, dass z. B. die Räder im Keller, die Mittagsruhe oder die Pflege
der Außenanlagen ernst genommen werden. Der Verwalter geht auf
diese Punkte im Detail ein – auch wenn sie für ihn oder die andere
Partei keine Relevanz besitzen. So fühlen sich alle Medianten ernst ge-
nommen und gleichermaßen wichtig.
Nachdem nun der Verwalter für Informationsgleichheit gesorgt und alle
fachlichen Fragen berücksichtigt hat, wird in einem Gespräch das Ergeb-
nis für die fachlichen Aspekte mit den Medianten erörtert. Nicht selten
sind hierbei nochmals kleine Korrekturen/Erörterungen nötig.
Sicherlich erfordert es die Geduld und das Können des Verwalters, im-
mer flexibel und neutral zu reagieren. Doch die Erfahrung zeigt: Die
Medianten honorieren diese Dienstleistung, da sie ein teures und zeit-
aufwendiges Gerichtsverfahren ersparen kann. Für Hausverwalter ergibt
sich hier eine zusätzliche Einnahmequelle.
Wenn ein Konflikt geklärt wurde, ist zu prüfen, ob damit die Mediation
beendet ist. Gerade im Bereich der Ehescheidungen besteht in der Re-
gel weiterer Klärungsbedarf z. B. im Hinblick auf Sorgerecht, Unterhalt
und Zugewinn. Ist in solchen Fällen eine Fortsetzung der Mediation ge-
wünscht, schließt sich ein klassisches Mediationsverfahren an.
Fazit: Mediation als Zusatzgeschäft
Die Mediation ist spätestens seit Einführung des Mediationsgesetzes
2012 in Deutschland auf dem Vormarsch. Das Verfahren wird aufgrund
seiner Schnelligkeit und der Kosteneinsparungen im Vergleich zum
klassischen Rechtsweg immer häufiger bevorzugt. Die Kombination aus
Immobiliensachverstand und Mediation bietet gute Ansatzpunkte, um
der Konkurrenz voraus zu sein und zusätzliche Aufträge zu gewinnen.
Denn der Hausverwalter-Medi-
ator macht da weiter, wo der
„normale“ Hausverwalter auf-
hören muss – zumindest kann
er sich die zusätzliche Leistung
vergüten lassen. Denn viele
Hausverwalter sind ja ohnehin
im Rahmen ihrer Tätigkeit oft
auch Vermittler.
!
Weiterführende
Informationen:
Die Ausbildung zum ImmoMe-
diator bietet die Sprengnetter
Akademie in einem 3-tägigen
Intensivseminar an.
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Patrick Beier ist
geprüfter Sach-
verständiger für
die Markt- und
B e l e i h u n g s -
wertermittlung
(Sprengnetter
Akademie), Mediator (FH) und
ausgebildeter Bankkaufmann. Ne-
ben der Führung seines eigenen
Sachverständigen- und Mediati-
onsbüros hält er Seminare zum
Thema Mediation an der Spreng-
netter Akademie.
DER AUTOR
Im Rahmen einer Scheidung häufen sich Hausgeldrückstände in
großer Höhe an. Die Eigentümergemeinschaft ist unschlüssig über
das weitere Vorgehen und kommt zu keinem Beschluss. Bei einem
gemeinsamen Ortstermin zur Klärung der Sachlage zwischen dem
Hausverwalter und den Eigentümern wird klar, dass die Baufinan-
zierung ebenfalls gekündigt wurde. Über ein vom Hausverwalter
durchgeführtes Mediationsverfahren wird Einigkeit über eine frei-
händige Veräußerung der Immobilie erzielt und ein Verkaufs- bzw.
Maklerauftrag erteilt. Im Rahmen des Verkaufs erhält die Eigentü-
mergemeinschaft zeitnah die ausstehenden Beträge.
PRAXIS-BEISPIEL: SCHEIDUNG
1,2,3,4 6,7,8,9,10,11,12
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