Der Verwalterbrief 6/2017 - page 9

Deckert/Elzer kompakt
Die Eigentumswohnung
Entscheidung
des Monats
Bauliche Veränderung:
Verlangen nach einem
Personenaufzug
Ein Wohnungseigentümer darf im
Treppenhaus grundsätzlich nur dann
auf eigene Kosten einen Personen-
aufzug einbauen lassen, wenn alle
Wohnungseigentümer dem zustimmen.
Dies gilt auch dann, wenn der bauwil-
lige Wohnungseigentümer aufgrund
einer Gehbehinderung auf den Perso-
nenaufzug angewiesen ist, um sein
Sondereigentum zu erreichen; die
übrigen Wohnungseigentümer können
allerdings verpflichtet sein, den Einbau
eines Treppenlifts oder einer Rollstuhl-
rampe zu dulden.
BGH, Urteil v. 13.1.2017, V ZR 96/16
Der Fall:
Der im Jahre 1936 geborene Wohnungsei-
gentümer K ist Eigentümer eines Wohnungs-
eigentums in einer Wohnungseigentumsan-
lage, die aus 2 Wohnblöcken mit jeweils 4
Hauseingängen besteht. Das Haus, in dem
K’s Sondereigentum im 5. Obergeschoss
liegt, hat keinen Personenaufzug. K bittet
in einer Versammlung um die Zustimmung,
einen geräuscharmen und energieeffizien-
ten Personenaufzug in dem offenen Schacht
in der Mitte des Treppenhauses auf eigene
Kosten einbauen zu dürfen. Dieser Antrag
findet keine Mehrheit. Mit seiner daraufhin
gegen alle Wohnungseigentümer gerichte-
ten Klage will K erreichen, dass die anderen
Wohnungseigentümer den Einbau des Per-
sonenaufzugs dulden müssen. K begründet
seine Klage insbesondere damit, dass seine
1982 geborene, zu 100 % schwerbehinderte
Enkeltochter zeitweise von ihm und seiner
Ehefrau betreut werde. Das Amtsgericht
weist die Klage ab. Das Landgericht gibt ihr
hingegen mit Einschränkungen statt. Ge-
gen diese Entscheidung gehen die anderen
Wohnungseigentümer vor.
Das Problem:
Zentrales Problem der Entscheidung ist die
Frage, ob und wann ein Wohnungseigentü-
mer den Einbau eines Personenaufzugs ver-
langen kann.
So hat der Bundesgerichtshof
entschieden:
1. Das Ergebnis
Der Bundesgerichtshof (BGH) ist der Ansicht,
ein Wohnungseigentümer – auch einer, der
beeinträchtigt ist – habe grundsätzlich kei-
nen Anspruch auf den nachträglichen Einbau
eines Personenaufzuges.
2. Kein Anspruch auf Modernisierung
(§ 22 Abs. 2 Satz 1 WEG)
Der klagende Wohnungseigentümer habe je-
denfalls keinen Anspruch auf Zustimmung zu
einer Modernisierung. Denn § 22 Abs. 2 WEG
begründe keine individuellen Ansprüche auf
die Vornahme von Modernisierungen.
3. Kein Anspruch auf bauliche Ver-
änderung (§ 22 Abs. 1 Satz 1 WEG)
Der klagende Wohnungseigentümer habe
aber auch keinen Anspruch auf eine bauliche
Veränderung. Ihm stehe gegen die übrigen
Wohnungseigentümer kein Duldungsan-
spruch zu. Den anderen Wohnungseigentü-
mern würde durch den Einbau nämlich ein
Nachteil erwachsen.
Liebe Leserin,
lieber Leser,
in absehbarer Zeit wird die Mehrheit der
Deutschen über 50 Jahre alt sein (demogra-
phischer Wandel). Angesichts dieser Tatsache
wird der Bedarf, bestehende Wohnungsei-
gentumsanlagen an die Bedürfnisse älterer
Menschen heranzuführen, steigen. Vor allem
aus diesem Grunde, aber auch dann, wenn
ein Wohnungseigentümer durch Unfall oder
Krankheit plötzlich an einen Rollstuhl gebun-
den ist, ist zu fragen, in welcher Weise man
in die Bausubstanz des gemeinschaftlichen
Eigentums eingreifen kann. Eben diese Frage
stellte sich in Cottbus. Das Sondereigentum
eines 80 Jahre alten Wohnungseigentümers
lag dort im 5. Obergeschoss eines Plattenbaus.
Wegen seines Alters, und weil er regelmäßig
seine schwerbehinderte Enkelin betreut, woll-
te er im Treppenhaus einen Personenaufzug
einbauen lassen. Da sich die anderen Woh-
nungseigentümer weigerten, dem Vorhaben
zuzustimmen, landete der Fall beim Bundes-
gerichtshof. Seine Entscheidung sollte jedem
Verwalter bekannt sein.
Herzlichst
Ihr
Dr. Oliver Elzer
Entscheidung des Monats:
WEG-Rechtsprechung kompakt
Einbau eines Personenaufzugs
1,2,3,4,5,6,7,8 10,11,12
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