Der Verwalterbrief 6/2017 - page 6

Prozessmanagement als Voraus-
setzung für wirksame Digitalisierung
Jörg Wirtz, InRaCon, Eschenlohe
Das Thema Digitalisierung ist eine der aktuellen Herausforde-
rungen der sich - auch und vor allem - die Immobilien- und Ver-
waltungsbranche stellen muss. Auch wenn ein Teil der Eigentü-
mer altersbedingt nicht unbedingt große Anforderungen in diese
Richtung stellt, so wird der Zug nicht aufzuhalten sein. Der Ge-
nerationswechsel macht auch vor Ihren Kunden nicht halt. Jünger
werdende Eigentümer werden andere Anforderungen stellen. Wer
im Bereich Mietverwaltung tätig ist, wird sich sicherlich bereits
entsprechenden Forderungen stellen müssen. Aber auch im WEG-
Bereich wird es nicht mehr lange dauern, dass sich die Kundenan-
forderungen an Immobilienverwaltungen grundlegend ändern.
Aber, wird vielleicht manch einer fragen, was hat das mit Prozessen
zu tun? Wenn wir jetzt alle unsere Verträge digitalisiert haben, dann
können uns doch Prozesse herzlich egal sein, oder?
Bedauerlicherweise ist es nicht so einfach. Digitalisierung bedeutet weit
mehr, als alle Verträge papierlos zu verwalten. Wenn wir die Möglich-
keiten der Digitalisierung ausschöpfen wollen, dann können wir einer-
seits einen deutlich besseren Service bieten und gleichzeitig sowohl
unsere Verwaltungseffizienz steigern als auch Kosten einsparen. Wenn
Sie dieses Ziel erreichen wollen, müssen Ihre Prozesse transparent de-
finiert und einheitlich umgesetzt sein.
Anforderungen und Umfang
Es geht also sicherlich um mehr, als nur mit großem Aufwand das Ver-
tragswerk unserer Objekte zu scannen, wenngleich dies durchaus von
zentraler Bedeutung ist. Zur Digitalisierung gehören noch weit mehr
Themen. Aus unserer Sicht sind dies für die Immobilienverwaltung vor
allem die Folgenden:
Digitale Erfassung und Bereitstellung sämtlicher Stamm- und Ver-
tragsdaten
Digitalisierung der täglichen Verwaltungsaufgaben
Digitalisierung der Rechnungsbearbeitung
Digitalisierung der Kommunikation mit externen Stellen (Handwer-
ker, Dienstleister etc.)
Digitalisierung der Kommunikation mit dem Kunden
Digitalisierung der Bereitstellung von Informationen und Serviceleis-
tungen für den Kunden
Verwaltersoftware häufig verbesserungswürdig
Hier stellt sich natürlich zunächst die Frage: „ Wie weit möchte ich mit
meiner Verwaltung gehen und wie kann ich das mit der eingesetzten
Verwaltersoftware realisieren?“ Die Antwort auf diese Frage wird wohl
regelmäßig eher ernüchternd sein. Der größte Teil der am Markt ver-
fügbaren und etablierten Produkte hinkt der Entwicklung im branchen-
übergreifenden Vergleich deutlich hinterher. Der Funktionsumfang ist in
aller Regel nicht ausreichend, um die denkbaren Möglichkeiten auch
nur annähernd nutzen zu können. Selbst bekannte und marktübliche
Programme scheitern hier an der Aufgabe, integrierte PDF-Dokumen-
te zu durchsuchen. Eine eher ernüchternde Erkenntnis. Dies liegt zum
einen an den Verwaltungsprogrammen selbst, zum andern an den ge-
scannten PDF, die das Durchsuchen nicht zulassen.
In der Praxis erleben wir deshalb sehr häufig, dass Softwareprodukte
kombiniert werden müssen, um den Anforderungen der Verwalter ge-
recht werden zu können. Das dies nicht unbedingt die optimale Lösung
ist, ist sicherlich jedem klar.
Wenn dem so ist, dann fragen Sie sich zu Recht, warum alle Verträge
und relevante Verwaltungsunterlagen überhaupt gescannt werden sol-
len. Müssen sie doch genauso nach dem Öffnen mühsam durchgescrollt
werden, um die gesuchte Angabe zu finden. Gespart wird hier allein
der Gang zum Ordner, das Suchen und die Entnahme des Dokuments
und das erneute Ablegen nach der Bearbeitung. Rechtfertigt das den
ganzen Aufwand, scannen und dann noch in das Verwaltungsprogramm
hochladen? Zweifel sind hier durchaus berechtigt.
Zumindest sollten Sie im 1. Schritt sicherstellen, dass die in Ihrem Un-
ternehmen gescannten Dokumente durchsuchbar sind. Sollte dies nicht
der Fall sein, müssen bereits digitalisierte Dokumente nicht erneut ge-
scannt werden. Dies kann mit diversen am Markt verfügbaren Program-
men auch nachträglich erfolgen.
Objektsteckbrief als Alternative
Je nach Funktionsumfang Ihrer Verwaltungssoftware ist der „Objekt-
steckbrief“ eine prüfenswerte Alternative. Regelmäßig werden immer
die gleichen Daten oder Angaben gesucht. Es kann durchaus sinnvoll
sein, diese Angaben zu identifizieren und in den Objektsteckbriefen zu
hinterlegen. Ob Sie dies mit Formularen realisieren, die mit Hilfe der
verfügbaren Office-Produkte erstellt werden, ob dies mit einer indivi-
duellen Datenbanklösung realisiert werden kann oder ob Ihre Verwal-
tersoftware die Generierung individueller Felder erlaubt, spätestens
jetzt sollte der Aktualisierungsprozess definiert sein. Andernfalls sind
Erfolg und Nutzen des gesamten Aufwands innerhalb kürzester Zeit in-
frage gestellt, weil die Daten nicht gepflegt und damit nicht verlässlich
sind. Wenn Datenaktualität gewährleistet ist, können Ihre Mitarbeiter/
Innen per Mausklick innerhalb kürzester Zeit die immer wieder benö-
tigten Angaben erfragen. Langwieriges Suchen, sei es in Ordnern, Ver-
zeichnissen, Ausdrucken oder Dateien, entfällt künftig.
Zusatznutzen
Auch hier möchte ich Ihr Augenmerk auf einen Praxisaspekt lenken.
Auch wenn die Erstellung einer Datenbank aufwendig erscheinen soll-
te, stellt sie doch zusätzliche nützliche Informationen bereit. Es kann
so nicht nur geprüft werden, welche Zusatzgebühr in welcher Anlage
erhoben werden kann oder welches Objekt bei wem zu welchen Kondi-
tionen versichert ist. Im Umkehrschluss kann auch geprüft werden, wie
hoch Ihre Zusatzgebühren im Durchschnitt sind und welche Versiche-
rung wie viele Verträge von Ihnen in ihrem Bestand hält.
Ihre tägliche Arbeit oder die Vorgangverwaltung
Wer meiner Mitarbeiter arbeitet eigentlich gerade woran? Wie viele Ver-
sicherungsfälle müssen pro Jahr im Unternehmen/pro Objekt bearbei-
tet werden? Welche Termine drohen gerade „überfahren“ zu werden?
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Organisation
Sie werden, z.B. bei der Übernahme von Verwaltungsmandaten aus
Neubauobjekten, häufig Daten (Teilungserklärungen, Verträge und
andere Dokumente) erhalten. Prüfen Sie gleich bei der Übernahme,
ob diese durchsuchbar sind. Wenn nicht, können Sie dies sofort kor-
rigieren lassen.
PRAXISTIPP: EXTERNE SCHNITTSTELLEN BEACHTEN
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