Der Verwalter-Brief 12-1/2016-2017 - page 4

Verwalterwechsel und viel Ärger
um die Abrechnung
RA Rüdiger Fritsch, Solingen
Unter professionellen Immobilienverwaltern werden Verwalter-
wechsel kollegial und reibungslos abgewickelt. Doch nicht im-
mer gestaltet sich die Übergabe der Verwaltungsgeschäfte so
einfach. Bei der Ablösung inkompetenter oder unwilliger Ver-
walter kommt es regelmäßig zum Streit. Oft genug stellt sich die
Frage, wer tatsächlich für die Fertigung der letzten Jahresabrech-
nung zuständig ist. Und: Wie gehen der neue Verwalter und die
Eigentümer am besten vor, wenn der bisherige Amtsinhaber die
von ihm zu erstellende Abrechnung einfach nicht vorlegt?
Der Fall:
Aufgrund verschiedener Vorkommnisse trennt sich die WEG X-Straße
von ihrem bisherigen Verwalter A zum Ablauf des 31.5.2016 und be-
stellt mit Wirkung ab dem 1.6.2016 den N zum neuen Verwalter. A hat
weder für die Wirtschaftsjahre 2013 und 2014 noch für das abgelaufene
Wirtschaftsjahr 1.1.-31.12.2015 die Jahresabrechnungen erstellt. Dar-
aufhin beschließt die Eigentümerversammlung, den N zu ermächtigen,
den A unter Fristsetzung zur Fertigung der Abrechnungen aufzufordern.
Im Falle fruchtlosen Fristablaufs soll A im Wege der Ersatzvornahme die
Abrechnungen fertigen und einen Rechtsanwalt mit der klageweisen
Beitreibung der entstehenden Kosten beauftragen. Als die Mahnungen
nichts nutzen, fertigt N die Abrechnungen und es wird Klage auf Erstat-
tung der hierfür angefallenen Kosten erhoben.
1. Wer fertigt die Jahresabrechnung nach einem
Verwalterwechsel?
Zu allererst ist zu klären, ob der aus dem Amt ausgeschiedene Verwalter
A überhaupt für die Fertigung der Abrechnungen verantwortlich ist.
a) Rechtslage bei Verwalterwechsel zum Jahresende
Unproblematisch ist ein Verwalterwechsel im Gleichklang mit dem Ende
des Wirtschaftsjahres der Wohnungseigentümergemeinschaft.
Nach h. M. ist derjenige Verwalter für die Erstellung der Jahresabrech-
nung verantwortlich, während dessen Amtsdauer die „Abrechnungsrei-
fe“, also der Zeitpunkt, zu dem der Verwalter in der Lage ist, die Abrech-
nung zu fertigen, eintritt (vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss v. 11.5.2007,
3 W 153/06, ZMR 2007 S. 887 und OLG Celle, Beschluss v. 8.6.2005,
4 W 107/05, ZMR 2005 S. 718). Da der bisherige Verwalter bis zum
31.12. des Vorjahres im Amt ist und die Abrechnung nicht schon vor Jah-
resablauf gefertigt werden kann, hat der ab dem 1.1. des Folgejahres
neu bestellte Verwalter den gerade abgelaufenen Wirtschaftszeitraum
selbst abzurechnen. Zum Jahresende hingegen bereits abrechnungsrei-
fe, aber noch nicht abgerechnete Wirtschaftszeiträume (in vorliegenden
Fall: 2013 und 2014) fallen indes klar in den Verantwortungsbereich
des Amtsvorgängers (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 22.12.2000, 3
Wx 378/00).
b) Rechtslage bei unterjährigem Verwalterwechsel
Erfolgt der Verwalterwechsel indes „unterjährig“, so ist der Zeitpunkt
der Abrechnungsreife schon schwieriger zu bestimmen, denn weder im
Gesetz noch durch die Rechtsprechung wird dieser Zeitpunkt definiert.
Die Angaben hierzu schwanken zwischen einer Spanne zwischen frü-
hestens 3 und spätestens 6 Monaten nach Beendigung des jeweiligen
vorangegangenen Abrechnungsjahres (vgl. LG Saarbrücken, Beschluss v.
25.5.2009, 5 T 575/06; Hügel/Elzer, WEG, § 28 Rn. 79).
Dabei sind allerdings solche Zeiträume, während derer der Verwalter
aufgrund besonderer Gründe an der Abrechnungserstellung gehindert
war, noch fristverlängernd hinzuzurechnen. Im hier gebildeten Bei-
spielsfall ist mangels entgegenstehender Umstände davon auszugehen,
dass A auch die Jahresabrechnung 2015 zu fertigen hat, da er schließ-
lich bis zum 31.5.2016 im Amt war.
2. Darf der Verwalter den Abrechnungsanspruch durchsetzen?
Vorsicht ist weiter geboten bei einer voreiligen Geltendmachung des
Abrechnungsanspruchs durch den Verwalter. Dieser Anspruch steht
nämlich nicht der Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern nach h.
M. den einzelnen Eigentümern als Individualrecht zu (vgl. § 28 Abs.
5 WEG). Soll der Verwalter diese Ansprüche ausüben, ist ohnehin zu-
nächst eine ihn hierzu ermächtigende Beschlussfassung der Eigentü-
merversammlung notwendig (vgl. § 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 WEG).
Wenn der Individualanspruch auf Vorlage der Jahresabrechnung geltend
gemacht werden soll, ist der Beschlussfassung über die Anspruchs-
durchsetzung durch den Verband der Wohnungseigentümer zusätzlich
ein Beschluss gem. § 10 Abs. 6 S. 3 Alt. 2 WEG vorzuschalten, durch
welchen die Anspruchsausübung „vergemeinschaftet“, also der Ver-
band zur Anspruchsausübung ermächtigt wird (vgl. Hügel/Elzer, WEG
2015, § 28 Rn. 76; Riecke/Schmid/Abramenko, WEG, 4. Aufl. 2015, §
28 Rn. 64). In Rechtsprechung und Literatur ist dies aber umstritten (vgl.
LG München I, Urteil v. 5.6.2014, 36 S 6718/13; Bärmann/Becker, WEG,
13. Aufl. 2015, § 28 Rn. 113; Greiner, ZWE 2016 S. 409).
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Verwalterthema
des Monats
Vorsicht ist immer geboten, wenn der Amtsvorgänger Gründe gel-
tend macht, die ihn angeblich an der rechtzeitigen Abrechnungs-
erstellung gehindert haben sollen. Macht der Vorverwalter geltend,
der Abrechnungsdienstleister habe die Heizkostenabrechnung nicht
rechtzeitig vorgelegt, sollte bei diesem nachgefragt werden, ob die
Verzögerung nicht vielleicht daran lag, dass der Vorverwalter die not-
wendigen Abrechnungsdaten nicht rechtzeitig zur Verfügung stellte.
PRAXIS-TIPP: VORSICHT BEI AUSREDEN DES AMTSVORGÄNGERS
Wer sich als neuer Verwalter bewirbt, sollte genau prüfen, ob er
gezwungen ist, Abrechnungszeiträume der Vergangenheit nachzu-
buchen, diesen Aufwand kalkulieren und in seine Preisberechnung
einbeziehen.
PRAXIS-TIPP: ACHTUNG BEI DER ANGEBOTSKALKULATION
Um diesem Gelehrtenstreit aus dem Wege zu gehen, empfiehlt es sich,
den Verwaltervertrag des Vorgängers dahingehend zu prüfen, ob die-
sem nicht eine Pflicht zur Abrechnungserstellung zu entnehmen ist.
In diesem Fall handelt es sich dann um einen der Wohnungsei-
gentümergemeinschaft direkt zustehenden Anspruch, für dessen
Geltendmachung es eines „Vergemeinschaftungsbeschlusses“ nicht
bedarf. Es reicht in diesem Fall die Ermächtigung des Verwalters
zur Anspruchsdurchsetzung für die WEG (vgl. LG Hamburg, Urteil v.
10.4.2013, 318 S 87/12).
PRAXIS-TIPP: AUSWEICHEN AUF VERTRAGSANSPRUCH
1,2,3 5,6,7,8,9,10,11,12
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