Der Verwalter-Brief 7-8/2015 - page 7

2. Abweichungen von § 556g Abs. 3 S. 1 BGB
a) Kein Verlangen des Mieters
Nach § 556g Abs. 3 S. 2 BGB hängt die Verpflichtung des Vermieters
zur Auskunft über Modernisierungsmaßnahmen gem. § 556e Abs. 2
BGB nicht von einem diesbezüglichen Verlangen des Mieters ab (zur
Fälligkeit s. Abramenko, a.a.O. § 5 Rn. 56). Dies dürfte nicht auf ein
Redaktionsversehen, sondern auf den systematischen Zusammenhang
der Vorschrift zurückzuführen sein. Denn die Behandlung des Moder-
nisierungszuschlags gemäß § 556e Abs. 2 BGB soll weitgehend der
Modernisierungsmieterhöhung gleichgestellt sein. Letztere setzt aber
eine entsprechende Erklärung ohne Verlangen des Mieters voraus, so
dass eine entsprechende Handhabung beim Modernisierungszuschlag
nach § 556e Abs. 2 BGB nur konsequent ist. Dies entspricht auch ei-
nem identischen Informationsbedarf des Mieters in beiden Fällen. Nach
Abschluss des Mietvertrags hat der Mieter ähnlich wie bei der Miet-
erhöhung nur wenig Zeit, sich über die Zulässigkeit der vereinbarten
Miete zu informieren. Immerhin trifft ihn bis zur Zahlung der 1. Miete
das Rügeerfordernis nach § 556g Abs. 2 BGB, das einer Rückforderung
entgegensteht.
b) Anspruch des Mieters auf umfassende tatsächliche und rechtliche
Information
Der Informationsanspruch des Mieters nach § 556g Abs. 3 S. 2 i.V.m. §
559b Abs. 1 S. 2, 3 BGB unterscheidet sich auch seinem Inhalt nach von
demjenigen nach § 556g Abs. 3 S. 1 BGB. Zunächst muss der Vermieter
hier nicht nur punktuelle Antworten auf bestimmte Fragen des Mie-
ters geben, sondern den Modernisierungszuschlag nach Maßgabe des
§ 559b Abs. 1 S. 2, 3 BGB berechnen. Hierbei kann sich der Vermieter
auch nicht auf die Mitteilung der relevanten Tatsachen beschränken.
Vielmehr hat er vielfältige juristische Wertungen vorzunehmen, etwa
zur Frage, ob eine Maßnahme überhaupt als Modernisierung oder nur
als Instandsetzung anzusehen ist. Darüber hinaus muss der Vermieter
in aller Regel gemäß § 559 Abs. 3 BGB eine „angemessene“ Aufteilung
auf eine Mehrzahl von Wohnungen vornehmen (zu Fehlern und ihren
Folgen s. Abramenko, a.a.O. § 5 Rn.67 ff.).
!
Weiterführende Informationen:
Mietrechtsänderung: Tritt auf die Mietpreisbremse
G
7641154
Siehe auch den Beitrag „Die Mietpreisbremse: Ein Überblick“
in Verwalterbrief Mai 2015, S. 4.
muss sich der Vermieter zum Datum des Einbaus und zur Einhaltung
der betroffenen Normen äußern. Er muss aber nicht ungefragt über die
Kosten der Anlage Auskunft geben, selbst wenn dies für die Frage einer
umfassenden Modernisierung von Relevanz sein könnte. Erst recht gibt
es kein „Pflichtprogramm“ für die Erteilung von Auskünften.
Zu welchen Auskünften der Vermieter verpflichtet ist, lässt sich nicht
abstrakt bestimmen, auch nicht auf Fallgruppen oder bestimmte Tat-
bestände bezogen. Die geschuldete Auskunft richtet sich alleine nach
der verlangten Auskunft. Ebenso wenig ist der Vermieter zu rechtlichen
Wertungen verpflichtet. So muss er auch auf entsprechende Frage des
Mieters nicht dazu Stellung nehmen, ob eine oder mehrere Maßnah-
men eine umfassende Modernisierung gemäß § 556f S. 2 BGB darstel-
len. Er muss nur auf diesbezügliche Fragen zu Art, Umfang, Kosten etc.
der Maßnahmen Auskunft erteilen.
3. Begründung und Belege
a) Begründung
§ 556g Abs. 3 S. 1 BGB verpflichtet weder den Mieter zur Begründung
seines Auskunftsverlangen noch den Vermieter zur Begründung seiner
Auskunft. Er muss also weder angeben, wie er bestimmte Daten und
Werte ermittelt hat noch Gründe für die Durchführung einer Maßnahme
oder ihre Relevanz für die vereinbarte Miete darlegen. Beispielsweise
bedarf es keiner Berechnung, wieso von einer umfassenden Moderni-
sierung auszugehen und welcher Anteil als Abzug für Erhaltungsmaß-
nahmen abzuziehen ist. Die Mitteilung der Maßnahmen und ihrer Kosten
genügt. Eine knappe Begründung kann allerdings im eigenen Interesse
des Vermieters liegen, insbesondere dann, wenn seine Auskunft auf ei-
ner rechtlichen Bewertung beruht. Beschränkt sich der Vermieter etwa
in oben angeführtem Beispiel auf die Mitteilung der Modernisierungs-
kosten, kann dem im Hinblick auf Instandhaltungskosten eine rechtliche
Bewertung zugrunde liegen. Ist diese unzutreffend, ist auch die Aus-
kunft über die Modernisierungskosten falsch. Begründet der Vermieter
aber, wieso er nicht von einer Instandsetzungsmaßnahme, sondern von
einer Modernisierung ausgeht, ist die Mitteilung der maßgeblichen Tat-
sachen richtig. Die Unrichtigkeit ihrer rechtlichen Bewertung schadet
dann nicht, da er hierzu nicht verpflichtet ist.
b) Belege
Die Vorlage von Belegen ist nach Gesetzeswortlaut und -begründung we-
der hinreichend noch erforderlich. Der Vermieter kann seine Auskunfts-
pflicht nicht durch die Vorlage (umfangreicher) Belege erfüllen, sondern
muss die erfragten Tatsachen selbst mitteilen. Er ist aber auch nicht zur
Übermittlung von Belegen verpflichtet, da er lediglich die verlangten Tat-
sachen, über die der Mieter Auskunft verlangt, mitteilen muss. Allerdings
darf er zur Erläuterung auf Belege Bezug nehmen, was wiederum im
eigenen Interesse sein kann. Etwa Auskünfte über den Inhalt des Mietver-
trags mit dem Vormieter werden ohne Überlassung einer geschwärzten
Kopie des Mietvertrags sehr aufwendig und zudem fehlerträchtig.
IV. Besonderheiten der Auskunftspflichten
nach § 556 Abs. 3 S. 2 BGB
1. Anwendungsbereich: Nicht umfassende Modernisierungen
nach § 556e Abs. 2 BGB
§ 556g Abs. 3 S. 2 BGB will den Modernisierungszuschlag nach § 556e
Abs. 2 BGB parallel zu den Regelungen im Bestandsmietverhältnis ge-
stalten. Es handelt sich also um eine Spezialnorm für nicht umfassende
Modernisierungen. Nach dem Verweis in § 556g Abs. 3 S. 2 BGB fin-
det sie auf umfassende Modernisierungsmaßnahmen gemäß § 556f S.
2 BGB keine entsprechende Anwendung. Hier unterliegt der Vermieter
also weiterhin (nur) den Auskunftspflichten des § 556g Abs. 3 S. 1 BGB.
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Dr. Dr. Andrik
Abramenko
ist Richter am
AG Idstein. Er
ist Referent zu
Themen aus
dem Miet-,
Wohnungseigentums- und Verfah-
rensrecht sowie Autor des Fach-
buchs „Die Mietpreisbremse“.
DER AUTOR
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