Der Verwalter-Brief 7-8/2015 - page 6

Mietpreisbremse: Auskunftspflichten
im Rahmen der neuen Vorschriften
Dr. Dr. Andrik Abramenko, Idstein
I. Sinn der Neuregelungen
Die Durchsetzung von Rechten aus den Neuregelungen zur Mietpreis-
bremse erfordert häufig Kenntnisse insbesondere zu baulichen Maß-
nahmen in einer Wohnung oder zu ihrer (erstmaligen) Nutzung, die
für die zulässige Höhe der Miete maßgeblich sein können. Wurde die
Wohnung etwa modernisiert oder erst nach dem 1.10.2014 erstmals
genutzt, kann die zulässige Miete nach §§ 556e, 556f BGB deutlich
höher sein (vgl. Abramenko, Die Mietpreisbremse, 2015 § 3 Rn. 1 ff.).
Diese Umstände entziehen sich regelmäßig der Kenntnis des Mieters.
Deswegen gewährt ihm der Gesetzgeber aus § 556g Abs. 3 BGB dies-
bezüglich Auskunftsansprüche gegen den Vermieter. Dabei gelten für
Auskünfte wegen nicht umfassender Modernsierungen gemäß § 556g
Abs. 3 S. 2 BGB einige Besonderheiten.
II. Bedeutung, Form, Inhalt und Zeitpunkt des Auskunfts-
verlangens nach § 556g Abs. 3 S. 1 BGB
1. Bedeutung des Auskunftsverlangens
a) Keine Verpflichtung zur ungefragten Erteilung von Auskünften
Der Vermieter muss auch über Tatsachen, die für die Miethöhe relevant
sind, nach § 556g Abs. 3 S. 1 BGB nur dann Auskünfte erteilen, wenn
der Mieter dies verlangt. Die Verpflichtung hierzu wird nach Zugang des
Verlangens fällig. Dieses stellt somit eine einseitige empfangsbedürf-
tige Willenserklärung dar. Wird sie von einem Bevollmächtigten, etwa
einem Rechtsanwalt ausgesprochen, muss die Bevollmächtigung den
Anforderungen des § 174 BGB genügen. Ansonsten ist das Verlangen
unwirksam, wenn der Vermieter die Ankündigung aus diesem Grunde
unverzüglich zurückweist.
b) Ausnahme bei allgemein zugänglichen Tatsachen
Trotz Verlangens muss der Vermieter über „allgemein zugängliche“
Tatsachen keine Auskunft erteilen. Dieser Begriff ist wohl ähnlich zu
verstehen wie die Offenkundigkeit bei Gericht gemäß § 291 ZPO. Eine
Tatsache ist demnach nur dann „allgemein zugänglich“, wenn ein objek-
tiver Dritter anstelle des Mieters einen rechtlich abgesicherten Zugang
zu der Informationsquelle hat, was etwa bei Mietspiegeln der Fall ist.
Hingegen scheiden Spezialwissen eines Mieters oder Auskunftsmög-
lichkeiten aus, die auf bloßer Gefälligkeit beruhen, da nicht jedermann
einen rechtlichen Anspruch hierauf hat.
2. Form
Ein Auskunftsverlangen nach § 556g Abs. 3 S. 1 BGB bedarf der Textform
gemäß § 556g Abs. 4 BGB, muss dem Vermieter also schriftlich oder in
einer anderen zur dauerhaften Wiedergabe von Schriftzeichen geeigne-
ten Weise, z. B. mit E-Mail, zugehen. Es muss aber nicht unterzeichnet
sein. Ein nicht in Textform (z. B. mündlich) erklärtes Auskunftsverlangen
ist nach § 125 S. 1 BGB unwirksam.
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3. Inhalt
a) Tatsachen
Nach § 556g Abs. 3 S. 1 BGB muss der Vermieter nur Auskunft über „Tat-
sachen (…) erteilen, die für die Zulässigkeit der vereinbarten Miete (…)
maßgeblich sind.“ Demnach ist er insbesondere nicht zur juristischen
Bewertung eines Sachverhalts verpflichtet. Er muss also im Rahmen des
§ 556g Abs. 3 S. 1 BGB z. B. lediglich mitteilen, welche Maßnahmen er
im Rahmen einer Modernisierung durchgeführt hat, muss sie aber nicht
juristisch bewerten. Ferner ist dem Gesetzeswortlaut zu entnehmen,
dass dem Mieter aus § 556g Abs. 3 S. 1 BGB kein Anspruch auf Rechen-
schaft, sondern nur auf Auskunft zusteht. Der Vermieter muss also nicht
selbsttätig Informationen zusammensuchen und aufarbeiten, sondern
nur auf konkrete Fragen antworten. Kann der Mieter mangels Tatsa-
chenkenntnis schon keine konkrete Frage stellen (etwa deswegen, weil
er überhaupt nicht weiß, ob eine Modernisierung durchgeführt wurde
und er deshalb auch nicht nach ihrer Qualität fragen kann), muss er die
weiteren Auskünfte durch Vorabfragen vorbereiten („wurde die Heizung
energetisch modernisiert?“).
b) Keine Begründung des Auskunftsverlangens
Nach dem Wortlaut des § 556g Abs. 3 S. 1 BGB, den die Gesetzesmate-
rialien nicht korrigieren, muss der Mieter nicht begründen, weshalb er
bestimmte Informationen begehrt. Der Mieter muss also weder ent-
sprechende Nachfragen des Vermieters beantworten noch gar unge-
fragt darlegen, weshalb er eine bestimmte Auskunft für die Zulässigkeit
der vereinbarten Miete für erheblich hält.
c) Relevanz für die Höhe der Miete
Die Tatsachen, über die der Mieter nach § 556g Abs. 3 S. 1 BGB Auskunft
verlangt, müssen für die Miethöhe relevant sein. Verlangt der Mieter
etwa Angaben zu früheren Mieten jenseits der nach § 556e Abs. 1 BGB
relevanten Vormiete, muss der Vermieter hierauf nicht antworten.
4. Keine Fristbindung
Der Mieter kann Auskünfte nach § 556g Abs. 3 S. 1 BGB ohne Frist-
bindung, also grundsätzlich während des gesamten Mietverhältnisses
verlangen. Selbst die Beendigung des Mietverhältnisses stellt keine
zeitliche Grenze für das Auskunftsverlangen dar, wenn der Mieter eine
Rüge gemäß § 556g Abs. 2 BGB erhoben hat. Denn dann kommen wei-
terhin Rückzahlungsansprüche aus § 556g Abs. 1 S. 3 BGB in Betracht,
so dass die begehrten Auskünfte weiterhin der Vorbereitung eines
Rückzahlungsverlangens dienen können. Nur dann, wenn der Mieter
die Rüge nach § 556g Abs. 2 BGB unterlässt, kommen nach Beendigung
des Mietverhältnisses keine Auskunftsansprüche nach § 556g Abs. 3
S. 1 BGB mehr in Betracht, da das Auskunftsverlangen dann mit dem
Hauptrecht, das es vorbereiten soll, erlischt.
III. Reaktion des Vermieters
1. Unberechtigtes Verlangen
Der Vermieter muss nur einem Auskunftsverlangen nachkommen, das
die Schranken des § 556g Abs. 3 S. 1 BGB einhält. Ein Verlangen, das
zu pauschal ist, sich auf irrelevante Tatsachen bezieht oder Rechtsaus-
künfte begehrt, muss der Vermieter nicht beantworten. Dies muss er
ebenso wenig begründen wie der Mieter sein Auskunftsverlangen.
2. Beantwortung eines zulässigen Auskunftsverlangens
Eine zulässige Frage hat der Vermieter umfassend und richtig zu beant-
worten (zu Fehlern und ihren Folgen s. Abramenko, a.a.O. § 5 Rn. 36 ff.).
Erkundigt sich der Mieter etwa darüber, wann die Heizung modernisiert
wurde und ob sie bestimmte öffentlich-rechtliche Anforderungen erfüllt,
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