Der Verwalter-Brief 3/2015 - page 6

EnEV-konforme Nachrüstungen
im Bestand – ab 2015 gelten neue
Anforderungen (Teil 2)
Kerstin Nell, Sinzig
Die Neuformulierung der Anforderungen des § 10 der Energie-
einsparverordnung 2014 (EnEV), insbesondere an die Dämmung
der obersten Geschossdecke, sind für Eigentümer und Immobili-
enexperten in der Praxis nun noch schwieriger zu prüfen. Grund
hierfür ist der Verweis auf den Mindestwärmeschutz, der in der
DIN 4108-2 : 2013-02 geregelt ist. Dieser Norm ist auf den ersten
Blick leider kein praktischer Hinweis für den Arbeitsalltag eines
Verwalters zu entnehmen.
1. Dämmung der obersten Geschossdecke
Vor Ort im Objekt zu erkennen, ob die Heizungsanlage auszutauschen
oder die Wärmeverteilungs- und Warmwasserleitungen zu dämmen
sind, ist im Vergleich zur Einschätzung der obersten Geschossdecke pro-
blemlos möglich. Gemäß der Formulierung in der EnEV 2009 mussten
Eigentümer von Wohn- und Nichtwohngebäuden darauf achten, dass
bisher ungedämmte, begehbare und zugängliche oberste Geschossde-
cken beheizter Räume gedämmt sind. Von der Dämmpflicht sind nur
Gebäude betroffen, die mind. 4 Monate auf 19°C beheizt werden. Die
Dämmpflicht war erfüllt, wenn anstelle der obersten Geschossdecke
das Dach entsprechend gedämmt war. Der Verordnungsgeber schließt
Decken, die in „irgendeiner Form“ gedämmt sind, von dieser Dämm-
pflicht aus; so beschreibt es das zuständige Deutsche Institut für Bau-
technik (BIBt) in seinen Auslegungsfragen zur EnEV. Ausreichend wären
hier wenige Zentimeter Dämmung gewesen, die allerdings bei Weitem
nicht dem heutigen energetischen Anspruch genügt hätten.
Konkretisierung der Anforderungen
Mit Inkrafttreten der EnEV 2014 wurde diese Anforderung konkretisiert
und eine neue Frist gesetzt. Ab dem 31. Dezember 2015 müssen alle
zugänglichen obersten Geschossdecken, die nicht den Anforderungen
des Mindestwärmeschutzes gemäß DIN 4108-2 : 2013-02 entsprechen,
so gedämmt werden, dass der Wärmedurchgangskoeffizient der Ge-
schossdecke von 0,24 Watt/(m2·K) nicht überschritten wird. Weiterhin
gilt die Pflicht als erfüllt, wenn das darüberliegende Dach entsprechend
gedämmt ist oder die Anforderungen an den Mindestwärmeschutz
erfüllt. Der Verordnungsgeber zeigt dennoch technisches Verständnis,
sodass die Anforderungen auch eingehalten sind, wenn die höchstmög-
liche Dämmschichtdicke in die Decke oder das Dach eingebracht wer-
den. Würden bei einem Gebäude für die Erfüllung der EnEV 2014 bei-
spielsweise 16 cm Dämmung bei der obersten Geschossdecke benötigt,
um die Anforderungen zu erfüllen, die Sparren, zwischen denen die
Dämmung eingebracht werden soll, sind aber nur 12 cm hoch, würde
es ausreichen, eine 12 cm starke Dämmung mit der Wärmeleitgruppe
035 (WLG 035) einzubringen. Die WLG 035 entspricht dem heutigen
Standard, wobei auch niedrigere WLG auf dem Markt angeboten wer-
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Technik
den. Diese haben einen niedrigeren Lambdawert und somit bessere
Dämmeigenschaften.
2. Wann ist der Mindestwärmeschutz eingehalten?
In der Praxis stellt die „neue“ Prüfung der obersten Geschossdecke den
Immobilienexperten häufig vor ein Problem: Wie erkennt man, ob die
oberste Geschossdecke den Mindestwärmeschutz erfüllt?
Die Erfüllung des Mindestwärmeschutzes ist nur auf den ersten Blick
erkennbar, wenn die Decken- oder Dachkonstruktion über beheiztem
Raum einsehbar ist. Da dies i. d. R. nicht der Fall ist, sollen die Abbil-
dungen 1 bis 4 helfen, die Angaben der Eigentümer zur Deckenkons-
truktion besser einzuschätzen.
Es handelt sich jeweils um schematische Darstellungen und nicht um Ausführungsdetails.
3. Vom Wärmedurchlasswiderstand zum U-Wert
Die DIN 4108-2 : 2013-02 schreibt für die oberste Geschossdecke mit
einer flächenbezogenen Masse > 100 kg/m² einen Wärmedurchlass-
widerstand R von 0,9 m²·K/W vor. Zum Vergleich: eine Stahlbeton-
decke (15 cm) liegt bei ca. 350 kg/m², also deutlich darüber. Ist die
flächenbezogenen Masse < 100 kg/m², wie beispielsweise bei einer
Holzkonstruktion, muss von einem Wärmedurchlasswiderstand R von
1,75 m²·K/W ausgegangen werden. Setzt man R in die Formel zur Be-
rechnung des U-Wertes ein und berücksichtigt man die entsprechenden
Wärmedurchlasswiderstände, so beträgt der Mindest-U-Wert für eine
Betondecke 0,81 W/m²·K und für eine Holzbalkendecke 0,48 W/m²·K.
Werden diese U-Werte eingehalten, so ist die oberste Geschossdecke
bzw. die Dachfläche nicht nachträglich zu dämmen.
4. Umsetzung in die Baukonstruktion
Exemplarisch zeigen die 4 Grafiken (Abb. 1 - 4) 2 Varianten, die den
Umgang mit den Mindestanforderungen in der Praxis erleichtern kön-
nen. Aufgrund der Formulierung in der DIN 4108-2 : 2013-02 kann
grundsätzlich zwischen 2 Deckensystemen unterschieden werden:
Die oberste Geschossdecke, die das Gebäude nach oben abschließt,
d. h. die Wohnfläche befindet sich ausschließlich in den Vollgeschos-
sen und der beheizte Raum schließt mit einer Stahlbetondecke zum
unbeheizten Dachboden ab.
Eine Holzbalkendecke, die den Abschluss eines ausgebauten Dach-
geschosses zwischen den Dachflächen zum Spitzboden (Kehlbalken-
lage) oder die den Abschluss eines Vollgeschosses zum unbeheizten
Dachboden/Speicher bildet.
Immobilienexperten, die den U-Wert anhand vorgefundener Kon-
struktionen oder der Bauunterlagen selber berechnen möchten,
kann die Internetseite
pfohlen werden. Ein
umfangreicher Bauteilkatalog ermöglicht die schnelle und sichere U-
Wertberechnung für die einzelnen Außenbauteile eines Gebäudes.
PRAXIS-TIPP:
Abb. 1: Massivdecke (Stahlbeton) ohne Däm-
mung mit einem U-Wert von 2,23 W/m²·K.
Abb. 4: Holzbalkendecke mit Dämmung und
einem U-Wert von 0,47 W/m²·K.
Abb.2:Massivdecke(Stahlbeton)mit(Mindest-)
Dämmung und einemU-Wert von 0,76W/m²·K.
Abb. 3: Holzbalkendecke ohne Dämmung mit
einem U-Wert von 1,01 W/m²·K.
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