Der Verwalter-Brief 5/2015 - page 6

Das Mindestlohngesetz –
neue Verpflichtungen für Verwalter
Steffen Haase, Augsburg
Seit dem 1.1.2015 gilt in Deutschland ein flächendeckender ge-
setzlicher Mindestlohn pro Arbeitszeitstunde von 8,50 Euro brut-
to. Abreden, die diese Mindestlohnvorgabe unterschreiten, sind
unwirksam und bußgeldbewehrt. Das Mindestlohngesetz wird in
den Medien häufig kritisiert, vor allem wegen seines bürokrati-
schen Aufwands. Eigentlich sollte es sich in den Unternehmen mitt-
lerweile eingespielt haben. Doch bei vielen Verwaltern besteht
noch große Unkenntnis und Unsicherheit. Daher wollen wir die
Problembereiche für den Verwalter einmal zusammenfassen.
1. Für wen gilt das MiLoG
Die gesetzlichen Vorgaben nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG) gel-
ten auch für Praktikanten, die länger als drei Monate in einem Unter-
nehmen tätig sind und
geringfügig Beschäftigte
.
Ausgenommen von der Regelung sind:
Langzeitarbeitslose in den ersten 6 Monaten,
ehrenamtlich Tätige,
Jugendliche unter 18 Jahre ohne abgeschlossene Berufsausbildung
und Praktikanten, die ein Pflichtpraktikum ableisten.
Vorsicht ist bei sog.
Minijobbern
geboten: Wird durch die Stunden-
lohnanpassung der Höchstbetrag von durchschnittlich 450 Euro/Monat
überschritten, gilt die Sozialversicherungspflicht! Soll der Lohn bei 450
Euro bleiben, darf die Stundenzahl 52,95 Arbeitsstunden/Monat nicht
überschreiten. Dies ist bei eingesetzten Hausreinigungs- und Hausmeis-
terkräften von Bedeutung.
2. Fälligkeit und Arbeitszeitgestaltung
Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 MiloG ist der Lohn zum Zeitpunkt der vereinbar-
ten Fälligkeit zu bezahlen, spätestens aber am letzten Bankarbeitstag
des Monats, der auf den Monat der Arbeitsleistung folgt.
Bei einem Vollzeitbeschäftigungsverhältnis wird wie folgt gerechnet:
8,50 Euro je Stunde = 173,33 Stunden je Monat (40 Stunden/Woche)
= 1.473,31 Euro brutto monatlich. Aber Achtung, die Arbeitsstunden
variieren von Monat zu Monat!
Ein Minijobber darf nur noch maximal 52 Stunden pro Monat (13 h/Wo-
che) arbeiten. In diesem Bereich bietet sich die Einrichtung von Arbeits-
zeitkonten an. Diese müssen schriftlich vereinbart werden. Es darf nur
die über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinausgehende Arbeits-
zeit notiert werden, monatlich max. 50 % der vertraglich vereinbarten
Arbeitszeit überschritten werden und ein Ausgleich muss spätestens
innerhalb von 10 Monaten erfolgen.
3. Haftung des Auftraggebers – Verwalter in der Pflicht?
Das Gesetz normiert eine
verschuldensunabhängige Generalunter-
nehmerhaftung
(§ 13 MiLoG i. V. m. § 14 AEntG). Der Auftraggeber
haftet unabhängig davon, ob er wusste oder fahrlässig nicht wusste,
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Organisation
dass der Mindestlohn nicht gezahlt wurde. Der noch im Gesetzesent-
wurf vorgesehene Haftungsausschluss wurde gestrichen. Auftraggeber
sollen dadurch zur erhöhten Sorgfalt bei der Auswahl des Auftragneh-
mers und gewissenhafter Vertragsausgestaltung gezwungen werden.
Gleichzeitig soll ausgeschlossen werden, dass durch Zwischenschalten
eines (Schein-)Auftraggebers die Mindestlohnvorgaben unterwandert
werden.
Die Haftung kann durch Vertrag grundsätzlich nicht rechtswirk-
sam ausgeschlossen werden!
Der Begriff
„Auftraggeber“
entspricht dem aus § 14 Arbeitnehme-
rentsendegesetz (AEntG). Daraus folgt, dass Auftraggeber nur Personen
sein können, die sich eines Unternehmers zur Erfüllung eigener Ver-
tragspflichten gegenüber Dritten bedienen.
Ob der Verwalter/die WEG als Auftraggeber im Sinne des Gesetzes gilt,
ist je nach Fallgruppen unterschiedlich zu bewerten:
1. Sofern der Verwalter eigenes Personal beschäftigt, gilt unstreitig,
dass der Verwalter für die Einhaltung des Mindestlohns haftet.
Oder der Verwalter beauftragt ein Unternehmen mit der Reinigung
seiner Büroräume. Die Reinigungskraft kann sich dann mit der Forde-
rung nach Mindestlohn an ihren unmittelbaren Arbeitgeber wenden,
alternativ aber auch an den Verwalter als Auftraggeber. Es besteht
keine Pflicht, sich zuerst an seinen Arbeitgeber zu halten!
2. Sofern der WEG-Verwalter zur Erfüllung seiner eigenen, sich originär
aus dem Verwaltervertrag ergebenden Pflichten (z. B. Betriebskos-
tenabrechnung) einer anderen Person bedient, haftet er ebenfalls
für die Einhaltung der Mindestlohnvorgaben. Ähnliches gilt, wenn
ein Mietverwalter vertraglich weitere, über die reinen Verwalter-
aufgaben hinausgehende Pflichten, übernommen hat (z. B. Facility-
Management) und diese an Fremdfirmen weiter vergibt. Hier gilt
entsprechend, dass er ggf. nach dem Mindestlohngesetz haftet.
3. Schwieriger gestaltet es sich, wenn der Verwalter zur Umsetzung
eines Beschlusses der WEG ein Unternehmen beauftragt.
Die Bewertung dieser Fallkonstellation ist nicht unumstritten.
Unstrittig ist, dass die
WEG
(bzw. der Wohnungseigentümer)
nicht
nach
dem MiLoG
haftet
, da der Auftrag an den Verwalter nicht in fremder,
sondern in eigener Sache (für ihr Eigentum) erfolgt.
Für den
Verwalter
gilt: Richtig ist, dass der Verwalter nicht Aufträge an
andere Unternehmen erteilt, um damit seine eigene Pflicht zu erfüllen.
Vielmehr ist die ihm übertragene Pflicht lediglich darin zu sehen, eine
Reinigungsfirma zu finden und sie zu beauftragen (ggf. samt Überwa-
chung der Durchführung). Daher ist er in der 3. Fallkonstellation nicht
als Auftraggeber i. S. d. Gesetzes anzusehen und damit nicht nach §§ 13
MiLoG, 14 AEntG verantwortlich. Unabhängig von dieser gerichtlich
noch nicht bestätigten Auffassung empfiehlt es sich, das Haftungsrisiko
weitestgehend zu minimieren.
Formulierungsvorschlag einer zusätzlichen Vertragsklausel bei
Auftragsvergabe:
„1. Der Auftragnehmer verpflichtet sich zur Einhaltung der Vorgaben aus
dem Mindestlohngesetz, insbesondere zur stetigen und fristgerechten
Zahlung des Mindestlohns und zur Einhaltung der Aufzeichnungspflicht
nach § 17 MiLoG.
Beispiel:
Eine WEG beauftragt den Verwalter, im Namen der WEG ein Reinigungs-
unternehmen mit der Reinigung des Treppenhauses zu beauftragen. Die
geschickte Reinigungskraft erhält nicht den gesetzlichen Mindestlohn.
Die Reinigungskraft hat unstrittig einen Rechtsanspruch gegen ihren
Arbeitgeber auf Bezahlung der gesetzlich festgeschriebenen 8,50 Euro.
Aber kann sie sich auch an die WEG bzw. den Hausverwalter wenden?
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