Die Mietpreisbremse: Eine Übersicht
Dr. Dr. Andrik Abramenko, Idstein
Mit dem Mietrechtsnovellierungsgesetz wird die im Koalitions-
vertrag vorgesehene „Mietpreisbremse“ umgesetzt. Das Gesetz
tritt am 1. Juni in Kraft. Mit diesem Instrument soll die ange-
messene Versorgung der Bevölkerungsschichten mit geringem
und mittlerem Einkommen auch in Gebieten mit angespanntem
Wohnungsmarkt gesichert werden. Ob diese Zielsetzung erreich-
bar ist, erscheint zweifelhaft. Selbst dann, wenn ein Vermieter
nicht über eine bestimmte Miethöhe hinausgehen kann, wird er
im Zweifel den Interessenten mit besserer Bonität bevorzugen.
1. Anwendungsbereich
a) Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt
Die neuen Regelungen zur Mietpreisbremse gelten nur für Wohnraum-
mietverhältnisse und auch dort gemäß § 556d Abs. 1 BGB nur in Gebie-
ten „mit einem angespannten Wohnungsmarkt“. Diese Gebiete werden
nach § 556d Abs. 2 BGB durch Rechtsverordnung der Landesregierung
bestimmt. Die Festlegung des Gebietes durch Rechtsverordnung ist Tat-
bestandsvoraussetzung des § 556d Abs. 1 BGB. Denn nach dem Ge-
setzeswortlaut muss der Mietvertrag „über Wohnraum abgeschlossen
(sein), der in einem durch Rechtsverordnung nach Absatz 2 bestimm-
ten Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt liegt“. Demnach
kommt ein anderer Nachweis eines angespannten Wohnungsmarktes,
etwa durch Sachverständige, nicht in Betracht. Die Voraussetzungen für
eine Verordnung werden in § 556 Abs. 2 BGB näher definiert. Ob sie
eingehalten wurden, können die Zivilgerichte überprüfen (s. etwa Börs-
tinghaus, DWW 2014, 205 u. IMR 2014, 450). Dem Verordnungsgeber
wird aber wohl auch in diesem Zusammenhang ein weiter Ermessens-
und Prognosespielraum zugestanden werden, der erst überschritten
ist, wenn seine Erwägungen nicht mehr vertretbar, also offenkundig
verfehlt, sind.
b) Indikatoren für Gebiete mit angespannten
Wohnungsmärkten
Der Gesetzentwurf bietet in § 556d Abs. 2 S. 3 BGB eine Aufzählung
dafür, wann Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt vorliegen
(eingehend hierzu Abramenko, Die Mietpreisbremse, § 1 Rn. 18 ff.).
Wie die Vokabel „insbesondere“ in § 556d Abs. 2 S. 3 BGB zeigt, ist die
Auflistung nicht abschließend. § 556d Abs. 2 S. 3 Nr. 1 - 4 BGB stellen
nur „Indikatoren“ dar. Sie müssen auch nicht kumulativ erfüllt sein; es
genügt, wenn einer von ihnen vorliegt. Alle vier Indikatoren in § 556d
Abs. 2 S. 3 Nr. 1 - 4 BGB stellen auf statistische Werte ab, lassen sich
also dem Wortlaut des Gesetzes zufolge nur nach einer empirischen Un-
tersuchung bejahen, weshalb nach Bekunden des Gesetzgebers „eine
tatsächliche statistische Erhebung stattfinden (sollte)“. Sofern etwa Da-
ten im Zusammenhang mit der Erstellung eines Mietspiegels zu § 556d
Abs. 2 S. 3 Nr. 1, 2 BGB bzw. aus der Einwohnermeldestatistik oder zur
Zahl der genehmigten Neubauten zu § 556d Abs. 2 S. 3 Nr. 3 BGB vor-
handen sind, kann selbstverständlich hierauf zurückgegriffen werden.
Im Ergebnis dürfte also zu unbekannten Daten jedenfalls die Erhebung
eines Mikrozensus auf freiwilliger Basis für das betroffene Gebiet erfor-
derlich sein. Hilfsweise wird die Landesregierung auch auf Pauschalie-
rungen, etwa auf statistisch ermittelte Landestrends, zurückgreifen und
diese auf das betroffene Gebiet anwenden dürfen.
2. Rechtsfolgen von Verstößen gegen § 556d BGB
a) Teilunwirksamkeit des Mietvertrags
§ 556g Abs. 1 S. 1 BGB ordnet die Unwirksamkeit einer zum Nachteil
des Mieters abweichenden Vereinbarung an. Nach § 556g Abs. 1 S. 2
Halbs. 2 BGB gilt dies aber nur, „soweit die zulässige Miete überschrit-
ten wird“. Damit erklärt der Gesetzgeber Vorschlägen eine Absage, die
von einer weiteren Unwirksamkeit bis zur ortsüblichen Miete ausgingen
(so Derleder, WuM 2014, 445). Die Miete ist auch bei einem Verstoß
gegen § 556d Abs. 1 BGB bis zur dort genannten zulässigen Höhe wirk-
sam vereinbart, also bis zur ortsüblichen Miete gemäß § 558 Abs. 1 BGB
zuzüglich 10 %. Im Übrigen bleibt der Mietvertrag ohnehin wirksam.
b) Rückforderungsanspruch
Rüge
Obwohl es an einem Rechtsgrund für die Zahlung der Miete fehlt, ent-
steht der Anspruch des Mieters auf Rückzahlung überhöhter Mieten
nicht von selbst. Er setzt nach § 556g Abs. 2 S. 1 BGB voraus, dass
der Mieter „einen Verstoß gegen die Vorschriften dieses Unterkapitels
gerügt hat“. Der Vermieter muss dem Mieter gemäß § 556g Abs. 2 S. 1
BGB also nur die überzahlten Mieten zurückerstatten, die nach Zugang
der Rüge fällig geworden sind (ausführlich hierzu Abramenko, a.a.O.,
§ 3 Rn. 36 ff.).
Form und Inhalt der Rüge
Diese Rüge bedarf nach § 556g Abs. 4 BGB der Textform. Der Mieter
kann den Vermieter also durch eine Urkunde oder jede andere zur dau-
erhaften Wiedergabe von Schriftzeichen geeigneten Weise, z. B. mit
E-Mail, über die Gründe informieren, auf die er seine Rüge stützt. Ferner
muss die Rüge nach § 556g Abs. 2 S. 2 BGB begründet sein und die
„Tatsachen enthalten, auf denen die Beanstandung der vereinbarten
Miete beruht“. Sie muss also zumindest die ortsübliche Miete und die
Zugehörigkeit der Mieträume zu einem Gebiet mit angespannten Woh-
nungsmärkten darlegen, wobei für letzteres die Bezugnahme auf die
landesrechtliche Verordnung ausreicht. Weiterer Darlegungen bedarf es
dann, wenn der Vermieter dem Mieter bereits weitere Tatsachen, etwa
zum Vorliegen von Ausnahmetatbeständen, mitgeteilt hat.
c) Sonstige Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen § 556d BGB
Nichtleistung der nicht geschuldeten Miete
Mit sonstigen Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen § 556d BGB beschäf-
tigen sich die Gesetzesmaterialien nicht. Dabei ist es für den Mieter
weit einfacher, den überhöhten Teil der Miete einfach nicht mehr zu
zahlen. Die Konstruktion des § 556g Abs. 1 BGB erlaubt dies durchaus.
Denn der Teil der Miete, der über § 556d Abs. 1 BGB bzw. eine nach
§ 556e BGB privilegierte Miethöhe hinausgeht, ist mangels wirksa-
mer Vereinbarung überhaupt nicht geschuldet (eingehend Abramenko,
a.a.O., § 3 Rn. 53 ff.).
Keine Rügeobliegenheit
Verschiedentlich wird diskutiert, ob der Mieter auch die Zahlung des
überhöhten Teils der Miete nur dann unterlassen darf, wenn er den Ver-
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Verwalterthema
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