Deckert kompakt
Die Eigentumswohnung
Entscheidung
des Monats
Beschlussverkündung
durch den Verwalter
Stimmen bei einer Beschlussfassung
über eine bauliche Veränderung nicht
sämtliche von der Maßnahme beein-
trächtigten Eigentümer zu, darf der
Verwalter den Beschluss nicht als
angenommen verkünden. Tut er dies
dennoch, kann ihm das Gericht im Falle
einer Anfechtung Prozesskosten aufer-
legen.
(LG Bamberg, Beschluss v. 16.4.2015,
11 T 8/15)
Der Fall:
In einer Eigentümerversammlung stimm-
ten die Wohnungseigentümer über einen
Beschlussantrag zu einer baulichen Verän-
derung ab. Die Mehrheit der Eigentümer
stimmte für den Beschluss, zwei Eigentü-
mer stimmten mit „Nein“, ein Eigentümer
enthielt sich der Stimme. Die Verwalterin
verkündete, dass der Beschluss mehrheitlich
(positiv) zu Stande gekommen sei.
Ein Eigentümer hat den Beschluss erfolg-
reich angefochten. Das Amtsgericht hat der
Verwalterin einen Teil der Prozesskosten
auferlegt. Fehle bei der Beschlussfassung
über eine bauliche Veränderung auch nur
eine Stimme eines im Sinne des § 14 Nr. 1
WEG beeinträchtigten Eigentümers, genüge
es nicht, dass der Verwalter auf die Rechts-
widrigkeit hinweise. Er sei vielmehr nicht
berechtigt, den Beschluss als angenommen
zu verkünden. Insoweit müsse der Verwal-
ter auch Verfahrenskosten nach § 49 Abs. 2
WEG tragen.
Gegen die Kostenentscheidung des Amts-
gerichts hatte die Verwalterin Beschwerde
eingelegt.
Das Problem:
Das LG Bamberg hatte darüber zu entschei-
den, ob der Verwalter bei einer Beschlussfas-
sung über eine bauliche Veränderung trotz
möglichen Erfordernisses einer Allstimmig-
keit das Zustandekommen eines Mehrheits-
beschlusses verkünden darf, wenn nicht alle
von der geplanten Maßnahme beeinträch-
tigten Eigentümer zugestimmt haben.
So hat das LG Bamberg entschieden:
Das LG Bamberg bestätigt die Entscheidung
des Amtsgerichts, der Verwalterin teilweise
die Prozesskosten aufzuerlegen.
Ein Beschluss kommt zu Stande, wenn die
Stimmberechtigten mit der erforderlichen
Mehrheit für einen Beschlussantrag stim-
men und der Versammlungsleiter das Be-
schlussergebnis feststellt und verkündet.
Das Mehrheitserfordernis war hier nicht er-
füllt, weil der Beschluss gemäß § 22 Abs. 1
WEG allstimmig hätte gefasst werden müs-
sen. Auf Grund der Nein-Stimmen und der
Stimmenthaltung war für die Verwalterin
offensichtlich, dass ein Beschluss nicht zu
Stande gekommen war. Die Beschlussfas-
sung erfolgte gerade nicht einstimmig, ge-
schweige denn allstimmig.
Der Versammlungsvorsitzende darf nach
Liebe Leserin, lieber Leser,
nach Entscheidung des LG Bamberg darf der
Verwalter bei einem Beschluss über eine
bauliche Veränderung einen Mehrheitsbe-
schluss nicht verkünden, wenn nicht alle von
der geplanten Maßnahme negativ betroffenen
Eigentümer zugestimmt haben. Wird ein den-
noch verkündeter Beschluss wirksam ange-
fochten, können dem Verwalter Prozesskosten
auferlegt werden.
Meines Erachtens ist diese Entscheidung nicht
vertretbar. Bei der Beschlussfassung über eine
bauliche Änderung stellen sich immer Fragen
einer Beeinträchtigung bzw. Duldungspflicht
einzelner Eigentümer. Von einem Verwalter
sollte nicht erwartet werden, dass er die meist
schwierig zu beurteilende Frage einer Be-
einträchtigung nach seinem eigenen Rechts-
verständnis wertend und für den Augenblick
verbindlich entscheidet. Über Gültigkeit und
Ungültigkeit sollte allein das Gericht im An-
fechtungsfalle entscheiden. Vom Verwalter
kann nur erwartet werden, dass er vor einer
Abstimmung auf mögliche Beschlussanfech-
tungs- und auch Kostenrisiken hinweist.
Herzlichst
Ihr
Dr. Wolf-Dietrich Deckert
Entscheidung des Monats:
Deckert erklärt:
Informationspflichten des Verwalters
WEG-Rechtsprechung kompakt
Beschlussverkündung
durch den Verwalter