Immobilienwirtschaft 2/2019 - page 10

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POLITIK, WIRTSCHAFT & PERSONAL
I
DIGITALISIERUNG
W
enn es schnell gehen muss, fahren
die Mitarbeiter der Bauämter der
Rhein-Neckar-Region Akten mit
demSprinter zwischen den Behörden um-
her – und sind damit wohl kein Sonderfall
in Deutschland: Die Digitalisierung von
Planungs-, Genehmigungs- und Baupro-
zessen endet meist an der Schwelle von
Amtsstuben. Nicht nur in der Metropol­
region Rhein-Neckar soll sich dies bald
ändern. Seit zwei Jahren läuft ein Pilot-
projekt für ein virtuelles Bauamt, das als
Plattform für Verfahren und Anträge aus
Baden-Württemberg, Hessen und Rhein-
land-Pfalz dienen soll. „Es geht nicht nur
darum, Prozesse zu digitalisieren, sondern
Verfahren grundsätzlich zu verbessern“,
sagt der bei derMetropolregion angestellte
Projektleiter JonasMeinig. Die Ergebnisse
sollen der digitalen Transformation von
Bauämtern in weiteren Kommunen die-
nen. Auch in die Arbeit des im Bundes­
innenministerium angesiedelten „Digita-
lisierungslabors“ könntendie Erfahrungen
einfließen. Dort soll Baden-Württemberg
gemeinsam mit dem Bund und Bayern
unter der Federführung Mecklenburg-
Vorpommerns sowie mit interessierten
Kommunen und der Leitstelle XPlanung/
XBau in Hamburg den durchgängig digi-
talen Bauantrag befördern.
Ziel des Digitalisierungslabors ist,
bis Mitte 2019 einen Sollprozess für die
Baugenehmigung zu entwickeln und
migungsverfahren mittelfristig in allen
unteren Bauaufsichtsbehörden einführen
– imSinne eines „zeitgemäßen, effizienten
und transparentenVerwaltungshandelns“.
Digitalisierung soll die
Black-Box-Verwaltung
transparenter machen
Laut Gundlach soll im Digitalisie-
rungslabor zunächst eine Art Wegweiser
für Bauherren entwickelt werden, der
etwa Fragen nach der Notwendigkeit von
Genehmigungen und Bauvorlageberech-
tigten beantwortet und Informationen
zu benötigten Unterlagen, zu Förder-
möglichkeiten und Fristen liefert. Ein
weiterer Wegweiser für Architekten und
Bauingenieure solle den Wunsch nach
einem Aufbau geodatenbasierter Register
und deren Einbindung in den Genehmi-
gungsprozess sowie nach der digitalen
und standardisierten Übergabe der meist
in einem CAD-System erstellten Daten
und des digitalen Austauschs generell be-
rücksichtigen, erklärt die Sprecherin.
Foto: cigdem/shutterstock.com
„Es geht nicht nur darum,
Prozesse zu digitalisieren,
sondern Verfahren grund-
sätzlich zu verbessern.“
Jonas Meinig,
Projektleiter
Virtuelles Bauamt bei der Metropol-
region Rhein-Neckar
Lichtblick im Akten-Dschungel
Vorbereitungen für eine Referenzimple-
mentierung zu treffen, erklärt die Bun-
desregierung. Dabei liege der Fokus im
ersten Schritt auf dem Online-Zugang,
der Schnittstelle zu den Nutzern (z. B.
Architekten, Ingenieurinnen oder Privat-
personen), und weniger auf den zugrun-
de liegenden Verwaltungsprozessen. Die
Regierung spricht von einem visionären
Prozess, der auch Registerschnittstellen
zur Reduktion von Datenabfragen und
mögliche Rechtsänderungen zur Verein-
fachung beinhalten könne, und zwar zu-
nächst in Form eines Minimalprodukts.
Die Sprecherin des zuständigenMinis­
teriums in Mecklenburg-Vorpommern,
Renate Gundlach, bestätigt, dass das La-
bor seine Arbeit aufgenommen hat.Wie in
anderen Bundesländern laufen auch dort
auf kommunaler Ebene Feldversuche und
Einzelprojekte, aus denen Impulse aufge-
nommen werden sollen. In Bayern etwa
beginnen derzeit Pilotprojekte mit aus-
gewählten Landratsämtern, um mit Hilfe
digitaler Genehmigungen Bauverfahren
insgesamt zu beschleunigen. Bauminister
Hans Reichhart will digitale Baugeneh-
Die Digitalisierung von
Planungs-, Genehmigungs-
und Bauprozessen endet
meist an der Schwelle von
Amtsstuben.
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