Immobilienwirtschaft 4/2018 - page 65

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für weibliche Nachwuchs- und Führungs-
kräfte an sowie Weiterbildungsmöglich-
keiten über die unternehmenseigene
Akademie – ein wichtiges Argument für
karriereinteressierte Frauen.
JETZT IN FLÜCHTLINGE INVESTIEREN
Di-
versity und das Thema Mitarbeiterrekru-
tierung treffen an einem weiteren Punkt
zusammen: „Der Mittelstand setzt stärker
noch als andere auf die Integration von
Flüchtlingen in den Betriebsalltag“, stellt
die Deloitte-Studie „Arbeitswelten 4.0 im
Mittelstand“ heraus. In der großenAnzahl
potenzieller neuer Arbeitskräfte hat be-
sonders die boomende Baubranche schon
früh eine Chance erkannt. „Die Bauunter-
nehmer sind offen für die Beschäftigung
von Flüchtlingen“, sagt der Präsident des
Hauptverbandes der Deutschen Bau
industrie, Peter Hübner. Dies hat auch eine
Umfrage des Deutschen Industrie- und
Handelskammertages (DIHK) ergeben.
Danach beschäftigten schon heute zwölf
Prozent der befragten Baubetriebe Flücht-
linge, weitere zehn Prozent planten dies in
den kommenden zwei Jahren. 43 Prozent
wollen Geflüchtete ausbilden.
Dass das nicht immer reibungslos
klappt, aber trotzdem gut funktionieren
kann, zeigen die Erfahrungen des mittel-
ständischen Bauunternehmens Wolff &
Müller aus Stuttgart, das gemeinsam mit
Partnern zwei Programme für die Quali-
fizierung von Flüchtlingen zu Bauhelfern
und Auszubildenden aufgesetzt hat. Das
Familienunternehmen hat auf dieseWeise
im Jahr 2017 bereits 20 Geflüchteten eine
Festanstellung oder eine Ausbildung er-
möglicht unddieses Jahrweitere 15Flücht-
linge in seinen Qualifizierungsprogram-
men untergebracht. „Wir setzen uns mit
viel Herzblut dafür ein, Flüchtlingen eine
Perspektive zu bieten, und die Teilnehmer
unserer Qualifizierungsprogramme sind
in der Regel sehr engagiert“, sagt der ver-
antwortliche Koordinator des Projekts,
Hans Schmid. „Allerdings ist der organi-
satorische, verwaltungsmäßige und kom-
munikative Aufwand enorm.“ Trotz aller
Hindernisse hält der Mittelständler an
seinem Engagement fest. „Als Familien­
unternehmen haben wir auch eine gesell-
schaftliche Verantwortung. Außerdemhat
Wolff & Müller schon seit Jahrzehnten
gute Erfahrungen mit der Integration
eingewanderter Fachkräfte“, betont der
geschäftsführende Gesellschafter, Dr. Al-
bert Dürr.
Kreative Ideen, um als Arbeitgeber
attraktiv zu sein, hat auch die mittel-
ständische Zausinger GmbH & Co. KG
aus München, die sich um Brandmelde
technik und Stromleitungen bei Baupro-
jekten kümmert. Azubis lockt die Firma
mit Auslandspraktika an und stellt ih-
nen in Aussicht, kostenlos ein Jahr lang
einen Mini nutzen zu dürfen, sofern sie
zum Azubi des Jahres gekürt werden. Im
Rahmen des betrieblichen Gesundheits-
managements spendiert die Firma ihren
Mitarbeitern unter anderem Hypnose-
kurse, damit Kollegen sich das Rauchen
abgewöhnen. Schließlich trägt ein gutes
betriebliches Gesundheitsmanagement
dazu bei, dass Mitarbeiter lange einsatz-
fähig bleiben.
SPORTANGEBOTE UND OBST FÜR ALLE
Das
hat auch der Mittelständler Promos Con-
sult aus Berlin erkannt, der als Komplett­
anbieter für immobilienwirtschaftliche
Prozessoptimierung und Beratungs- und
Systemhaus agiert: Zum Gesundheits-
management des Unternehmens zählen
Fitness- und Relax-Angebote im haus­
eigenen Sportraum, ein monatlicher Zu-
schuss zu persönlichen Fitnessaktivitäten
oder Präventionsmaßnahmen, kostenlose
Getränke und Obst- und Gemüseteller.
Ebenfalls sorgt Promos für Vorsorge
untersuchungen und organisiert die
gemeinsame Teilnahme an Sportveran-
staltungen. Auch die so genannten Work-
Life-Balance-Maßnahmen kommen nicht
zu kurz: Promos gewährt neben einem
Kita
zuschuss individuelle Homeoffice-
Modelle und ein flexibles Gleitzeitmodell.
Die Palette der Maßnahmen ist groß,
um als Mittelständler bei Fachkräften zu
punkten. Wichtig ist es, die Situation eines
jedenMitarbeiters zu betrachten und indi-
viduelle, unbürokratische Lösungen anzu-
bieten, die große Unternehmen aufgrund
ihrer Struktur oft nicht bieten können.
Die größte Herausforderung besteht für
KMUs jedoch darin, diese Stärken nach
außen zu tragen und zu vermarkten: so
etwa auf Schul- und Absolventenveran-
staltungen, beim Bewerbertag oder „Tag
des offenen Unternehmens“, auf Recrui-
ting-Messen, auf der eigenen Homepage,
inMedienberichten, auf YouTube und vor
allem in den sozialen Netzwerken.
SUMMARY
»
78 Prozent von 3.000 befragten Mittelständlern halten es für „eher schwierig“ oder
„sehr schwierig“, qualifiziertes Personal
zu finden,
und mehr als die Hälfte rechnet mit
Umsatzeinbußen, weil Fachkräfte fehlen.
»
Die Immobilien- und Bauwirtschaft bildet dabei
keine Ausnahme:
Vor allem in ländlichen Regionen
gestaltet sich das Recruiting mittlerweile als Herausforderung.
»
Firmen müssen nicht viel
Geld in die Hand nehmen, um Mitarbeiter anzulocken.
»
Oft bringen
kreative Lösungen und eine Strategie,
um sich als attraktiver Arbeitgeber
auf dem Markt zu etablieren, mehr Erfolg.
»
Die größte Herausforderung besteht für KMUs
darin, diese Stärken zu vermarkten.
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Irene Winter, Berlin
Vertrauensarbeitszeit statt Kon-
trolle: Auch das kann für einen
Mittelständler sprechen.
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