Immobilienwirtschaft 4/2017 - page 14

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MARKT & POLITIK
I
STREIT DER RESEARCHER
14. FEBRUAR 2017.
Der Zentrale Im-
mobilien Ausschuss ZIA präsentiert die
Ergebnisse des aktuellen Frühjahrsgut-
achtens der Immobilienwirtschaft. Mit
den – obwohl eigentlich bekannten, so
doch immer wieder – beunruhigenden
Themen der sich immer weiter verschär-
fenden Klimaschutzforderungen, die die
Herstellungskosten verteuern, sowie dem
Hinweis darauf, dass langwierige Grund-
stücksvergaben und Genehmigungsver-
fahren den wesentlichen Hemmschuh für
den Wohnungsmarkt darstellen.
In Ballungsgebieten seien starke
Nachfragezuwächse zu erwarten, der
hohen Nachfrage stehe ein zu geringes
Wohnungsangebot gegenüber und die
Rahmenbedingungen für eine dringend
erforderliche Ausweitung desWohnungs-
angebots müssten verbessert werden, so
Prof. Lars Feld von der Universität Frei-
burg. Soweit noch nichts Überraschendes.
Bis über den Ticker eine Meldung
läuft, der Immobilien-Kaufboom in den
Metropolen neige sich dem Ende zu. Er-
staunlich. Kann das wirklich sein? Soeben
hieß – und immer heißt – es doch, in den
Metropolenwerde zuwenig gebaut. In den
folgenden Tagen beherrscht der Streit der
Gutachter die Immobilienszene. Wir stel-
len die beiden Meinungen gegenüber.
Wohnimmobilien – Boom in deutschen
Metropolen geht (nicht) weiter!
Bleibt es dabei, dass Wohn-
immobilien in A-Städten
weiter florieren? Die Wissen-
schaftler sind sich nicht einig.
Lesen Sie die gegensätz-
lichen Positionen.
«
PROFESSOR DR. HARALD SIMONS
Wohnimmobilien
könnten billiger
werden
Professor Dr. Harald
Simons, Mitglied des
Vorstands bei Empirica
S
eit fünf Jahren in Folge steigen die Kaufpreise relativ stärker als die Mie-
ten, was allgemein die Sorge um eine Immobilienblase wachsen lässt.
Die Preisübertreibung liegt zwischen 36 Prozent in Düsseldorf, gut 40
in Frankfurt und Hamburg, um die 50 Prozent in Köln, Berlin und Stuttgart
sowie 75 Prozent in München. Die Gruppe der bisherigen Schwarmstädte
umfasste bislang alle sieben Top-Städte (Berlin, Hamburg, München, Köln,
Frankfurt, Düsseldorf und Stuttgart). Ihnen gelang es, aus praktisch allen
Teilen Deutschlands (ohne ihr jeweiliges Umland) Zuwanderer anzuziehen.
Dies aber hat sich in Berlin, München und in Teilen Hamburgs geändert.
Auch die derzeit geforderten Kaufpreise stehen dort, insbesondere in
Berlin und München, in keiner sinnvollen Relation mehr zu den Rah-
menbedingungen. Es ist gerade in Berlin und München und möglicher-
weise auch in Hamburg nicht mit weiter steigenden Neuvertragsmieten
zu rechnen.
In einigen der Top-7-Städte war der Anstieg der Baugenehmigungen
deutlich stärker und hat den Bauüberhang meist wachsen lassen. Dies
gilt insbesondere in Berlin, wo derzeit eine fünffache Jahresproduktion
irgendwo zwischen Baugenehmigung und Fertigstellung und damit
meist im Bau ist. Aber auch in Hamburg, Frankfurt, Düsseldorf und ab-
geschwächt in München wird demnächst viel neuer Wohnraum auf den
Markt kommen.
Als Ergebnis einer rückläufigen Zuwanderung und eines steigenden An-
gebotes ist in Berlin undMünchen undmöglicherweise auch inHamburgmit
nicht weiter steigenden Neuvertragsmieten zu rechnen. Die Bestandsmieten
hingegen dürften angesichts der erheblichen Differenz zu den Neuvertrags-
mieten noch langsam weiter steigen. Die aktuellen Kaufpreise lassen sich
aber, trotz der niedrigen Zinsen, nur mit weiter steigenden Mieterträgen
rechtfertigen. Schon eine Stagnation der Mieten wird daher auf die Kauf-
preise zurückwirken. In Berlin ist sicherlich, in München wahrscheinlich
und in Hamburg und Frankfurt möglicherweise mit einem Trendbruch bei
den Kaufpreisen zu rechnen.
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