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REGIONREPORT
NÜRNBERG
I
INTERVIEW
liche Infrastruktur entstehen. Die ersten
Bauherren können 2019 starten.
Die Stellplatzquote belastet insbeson-
dere innerstädtische Neubauvorhaben.
Hamburg hat die Stellplatzverordnung
2013 außer Kraft gesetzt. Ist ein solches
Vorgehen auch in Nürnberg denkbar?
Im geförderten Wohnungsbau und für
Studentenwohnungen haben wir die Stell-
platzverordnung bereits gelockert. Ange-
sichts der schon heute problematischen
Parkplatzsituation, insbesondere in der
Altstadt und der erweiterten Innenstadt,
halten wir eine komplette Freigabe jedoch
für problematisch. In Hamburg oder auch
Berlin ist die Nutzung des ÖPNV auch in
den Außenbereichen der Stadt oder im
Umland selbstverständlicher. In Nürn-
berg sähe ich die Gefahr, dass durch Neu-
bauvorhaben ohne ausreichend dimen-
sionierten Stellplatzschlüssel die schon
bestehenden Probleme wie zugestellte
Straßen, blockierte Einfahrten oder Be-
hinderungen des Anwohnerparkens ver-
stärkt würden.
In Nürnberg sind Gewerbeflächen
knapp. Das Gutachten zum Gewerbeflä-
chen-Entwicklungsprogramm sieht bis
2025 einen Bedarf von 158 Hektar für
Herr Dr. Fraas, das Gutachten „Woh-
nen 2025“ schätzt den Neubaubedarf
in Nürnberg bis 2030 auf 33.800 Woh-
nungen. Wie lassen sich diese nachfra-
gegerecht realisieren?
Der starke Be-
völkerungszuwachs stellt die Nürnberger
Wohnungspolitik vor große Herausforde-
rungen. Schon in den vergangenen Jahren
hat der Wohnungsneubau nicht mit der
gestiegenen Nachfrage Schritt gehalten.
Das gilt insbesondere im Sektor des preis-
werten Mietwohnungsbaus. Daher haben
wir die Weichen dafür gestellt, dass in
den nächsten Jahren mehr Wohnungen
gebaut werden. Aus dem wohnungspoli-
tischen Konzept „Wohnen 2025“ wurde
ein Handlungsprogramm abgeleitet. Eine
derMaßnahmen ist zumBeispiel das Son-
derprogramm Wohnen, im Zuge dessen
auf zehn Flächen der Stadt und einer Flä-
che des Freistaats etwa 1.450 Wohnungen
entstehen, davon ein großer Teil im ge-
förderten Wohnungsbau. Von den städ-
tischen Flächen erhält die kommunale
Wohnungsbaugesellschaft WBG sechs
zur Bebauung. Die vier übrigen Flächen
werden zumVerkauf ausgeschrieben. Drei
dieser Flächen gehen in ein Konzeptaus-
wahlverfahren, in demvorab ein Festpreis
fixiert wird und derjenige Bieter mit dem
besten inhaltlichen Konzept den Zuschlag
bekommt. Die Investoren müssen sich
zudem verpflichten, einen vorgegebenen
hohen Anteil an geförderten Wohnungen
zu errichten und die Wohnungen min-
destens 30 Jahre im Bestand zu halten.
Potenziale für den Wohnungsbau bieten
zudem die Neunutzung brachliegender
Flächen, Nachverdichtung und mittelfris-
tig die Bebauung von großen Gebieten
wie dem Tiefen Feld und dem Areal des
Gebündelte Maßnahmen
Wohn- und Gewerbeflächen treten in der Metropolregion Nürnberg zunehmend in
Konkurrenz zueinander. Zudem verändern sich die qualitativen Anforderungen der Nutzer.
Nürnbergs Wirtschaftsreferent
Dr. Michael Fraas
zu den Entwicklungen des Standorts.
ehemaligen Südbahnhofs. Mehr Neubau-
tätigkeit erwarte ich auch im geförderten
Wohnungsbau, da das Land im Zuge des
Wohnungspakts Bayern die Förderkondi-
tionen erheblich verbessert hat.
Im Stadtteil Wetzendorf soll auf einer
Fläche von rund 43,6 Hektar ein neues
Stadtquartier entstehen. Was ist konkret
geplant?
Die Stadt hat hier im Rahmen
einer aktiven Liegenschaftspolitik immer
wieder Grundstücke aufgekauft, sodass
sich inzwischen ein Anteil von 40 Prozent
in städtischemEigentumbefindet. Für das
Gebiet wird aktuell ein Bebauungsplan
aufgestellt. Mit der Entwicklung sollen
rund 1.200 neue Wohnungen geschaffen
werden. Im Zentrum des Areals sehen die
Planungen einen großen Stadtteilpark vor.
Darüber hinaus sollen Flächen für Nah-
versorgung, Dienstleistungen und öffent-
Foto: Stadt Nürnberg
ZUR PERSON
Der Jurist
Dr. Michael Fraas
ist seit Herbst 2011 Wirtschaftsreferent der
Stadt Nürnberg. Wirtschaftspolitisch setzt er
auf die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit
des Standorts, die Förderung der Innovations-
kraft und die Nachhaltigkeit wirtschaftlichen
Handelns.