Immobilienwirtschaft 7-8/2016 - page 9

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Deutschland fehlt es an günstigen
Mietwohnungen. Bauministerin Bar-
bara Hendricks sieht die Verantwor-
tung bei den Wohnbauunternehmen.
Diese vernachlässigten trotz entspre-
chender Förderangebote den Bau drin-
gend benötigter Kleinstwohnungen.
Das sagte sie bei einer Tagung des Ver-
bändebündnisses Wohnungsbau laut
einem Bericht von „Zeit-Online“. Um
dauerhaft mehr bezahlbaren Wohn-
raum zu schaffen, müsse die Zustän-
digkeit für den sozialenWohnungsbau
wieder beim Bund liegen, forderte die
Ministerin. Das setzt allerdings eine
Grundgesetzänderung voraus. Die
Mittel für den sozialen Wohnungs-
bau, die seit der Föderalismusreform
vomBund an die Länder gehen, sollten
Hendricks‘ Ansicht nach auch über
2019 hinaus fließen. Die Bundesregie-
rung hat 120 Millionen Euro für die
Förderung des Baus von Wohnungen
für Studenten und Auszubildende an-
geboten. Wer Wohnungen von einer
Größe zwischen 22 und 24 Quadrat-
metern baut und zusichert, dafür nicht
mehr als 260 Euro Kaltmiete pro Mo-
nat zu verlangen, kann eine Förderung
von maximal 500 Euro pro Quadrat-
meter erhalten. Eine weitere Voraus-
setzung: Die Wohnungen müssen so
flexibel gebaut sein, dassman sie später
auch für andere Zwecke nutzen kann,
zum Beispiel als Seniorenwohnungen.
AMTLICHE GUTACHTERAUSSCHÜSSE GRÜNDEN BUNDESWEITEN ARBEITSKREIS
Die amtlichen Gutachterausschüsse konstituieren sich in einem bundesweiten Arbeitskreis (AK OGA). Zur Vorsitzenden wurde Anja Diers
(Niedersachsen) gewählt. Ihr Vertreter ist Jürgen Kuse (Brandenburg).
Beide sind Vorsitzende der Oberen Gutachterausschüsse ihrer Länder. Die
Redaktionsstelle des AK OGA wird in Niedersachsen eingerichtet. Grundlage für die Bildung des Arbeitskreises ist eine Verwaltungsvereinbarung aller
Länder und des für das Bauwesen zuständigen Bundesministeriums für Umwelt, Bau, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Ziel ist es, die Zusammenarbeit
auf dem Gebiet der amtlichen Grundstückswertermittlung zur Förderung der bundesweiten Grundstücksmarkttransparenz zu intensivieren.
Frank Peter Unterreiner
Es ist schlicht ein Skandal, was das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) zu Tage
gefördert hat. Demnach waren 2013 – jüngere Zahlen gibt es nicht – 54 Prozent aller
Sozialwohnungen fehlbelegt, da das Einkommen der Bewohner zu hoch war. Laut IW
verdienen acht Prozent der Bewohner von Sozialwohnungen sogar mehr als das mitt-
lere Einkommen. Dies ist in etwa so, als würde jemand auch dann noch Arbeitslosen-
geld beziehen, wenn er längst wieder einen Job hat. Die Geschädigten sind die Bürger,
die dringend eine Sozialwohnung benötigen, mangels Angebot aber auf der Warteliste
stehen. Schließlich ist der Bestand an Sozialwohnungen allein von 2002 bis 2010 von
2,5 auf fast 1,7 Millionen Einheiten gefallen. Bei einer Fehlbelegungsquote von 54
Prozent werden den wirklich Bedürftigen also rund 850.000 Wohnungen vorenthal-
ten. Jetzt mag man einwenden können, dass eine Wohnung auch Lebensmittelpunkt
ist, aus dem niemand vertrieben werden sollte, und dass auch bei einem geringfügig
über der Schwelle liegenden Einkommen die Wohnungssuche vor allem in prosperie-
renden Städten schwierig ist. Richtig – aber dafür gibt es die Fehlbelegungsabgabe, die
aber in den meisten Bundesländern gar nicht angewandt wird. Eine Fehlbelegungs-
abgabe würde entweder den Steuerzahler entlasten oder den Bau von neuen Sozial-
wohnungen deutlich ankurbeln. Auch der Immobilienbranche kann es nicht egal sein,
dass jede zweite Sozialwohnung fehlbelegt ist. Schließlich wird sie inzwischen in den
meisten Metropolen bei Neubauprojekten zur anteiligen Schaffung von gefördertem
Wohnraum verpflichtet. Dies geht zulasten des Ertrags und ist nur dann legitim, wenn
diese Wohnungen tatsächlich den Bedürftigen zugutekommen.
KOLUMNE
Wir brauchen eine
Fehlbelegungsabgabe!
SOZIALER WOHNUNGSBAU
Hendricks setzt auf Kleinstwohnungen und Zuständigkeit für den Bund
Die Mitgliedsunternehmen
des
Verbands VNW (Verband nord-
deutscher Wohnungsunterneh-
men e.V.) haben 2015 insgesamt
mehr als 1,5 Milliarden Euro in
Neubau, Modernisierung und
Instandhaltung investiert. Die
Verbandsunternehmen haben
2015 über 3.200 Wohnungen
fertiggestellt.
1
,
5
Milliarden
Euro
Foto: BMUB
Bauministerin
Hendricks sieht
die Wohnungsun-
ternehmen in der
Verantwortung.
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