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-8.2016
EDITORIAL
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Digitalisierung scheint alles zu sein. Jede Veranstaltung beschreibt mit
Süffisanz, was die Immobilienbranche gerade alles verpasst hat, weil sie
so schlafmützig ist und es ja nicht nötig hat.
Um mich herum der Rausch der Geschwindigkeit. Jede Strategie muss
morgen schon wieder angepasst werden. Marsmissionen vor der Tür.
Der Computer schlägt den Menschen beim „Go“. Systeme lernen selber
– alles geschieht gefühlt parallel. PropTechs kommen mit neuen Ideen,
Siemens-Vorstände sehen ein Schrumpfen der Mittelschicht und Wis-
senschaftler ein Verschwinden des derzeitigen Makler-Geschäftsmo-
dells – wegen der Digitalisierung. Telekom-Chefin Nemat sieht auch
etwas. Nämlich das Smartphone bald im Museum. Das Smartphone!
Im Museum?!
Jetzt, spätestens jetzt entsteht in mir ein gewisses Bedürfnis nach Ge-
borgenheit. Ich gehe zum Regal, greife mir eine Goethe-Ausgabe, lese,
über allen Gipfeln sei Ruh, atme durch, freue mich. Links daneben
begegnen mir im Regal dreizehnhundert Seiten in dem einem Einband
„Spezielle Betriebswirtschaftslehre der Immobilienwirtschaft“. Blättere.
Liebevoll. So lange, bis die Fährnisse dieser hyper-bewegten Zeit von
mir abfallen und werde ruhig. Ganz ruhig. Hat Immobilienwirtschaft
nicht auch etwas von einem Fels in der Brandung, einem Fixstern?
Bis heute vielleicht. Doch wie lange noch? ZIA, GdW, IVD – ach, jeder
Referent einer jeden Veranstaltung, diese Ausgabe, die vorige und die
nächste kämpfen für das schnellste Digitalisieren und Innovieren auch
in Immoland. Träge Branche wird wohl bald gestern gewesen sein.
Schön. Und schade. Für die Ruhe bleibt noch ... Goethe. Gott sei Dank!
Ihr
„Jede Strategie wird
morgen wieder ange-
passt, sonst stimmt
sie nicht mehr. Auf der
Suche nach der Meinen
bräuchte ich Ruhe. Die
finde ich – wie schön
– in der Immobilienwirt-
schaft. Doch sicher nicht
mehr lange ...“
Dirk Labusch
, Chefredakteur
Nur Goethe bleibt ...