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3.2015
Auch dem muss ich gerecht werden. Auf
all diese Dinge achten wir bei der Finan-
zierung schon sehr.
Aber Core gibt es doch nicht mehr.
Des-
halb sagen wir auch nicht wenige Projekte
ab.
Trotz des großen Wettbewerbs?
Ich ver-
zichte lieber auf einNeugeschäft, wenn die
Qualität der Immobilie nicht stimmt. Lie-
ber nehme ich leichte Einbußen imErtrag
hin, als jetzt in eine schlechte Immobilie
zu gehen. Im nächsten Zyklusabschwung
kann ich dann ruhiger schlafen.
Werden denn vermehrt „schlechtere“
Projekte bei Ihnen eingereicht?
Ja. Ich
sehe, dass die Qualität vieler Projekte, mit
denen wir uns beschäftigen, in eine zweit-
klassige Richtung geht, dass etwa die Lage
nicht richtig stimmt, dass es eine B- oder
Einzellage ist, um die nichts weiter drum-
herum ist.
Sind das Projekte, die anderswo finan-
zierbar sind?
Natürlich, es gibt unter-
schiedliche Blickwinkel. Wir haben eine
bestimmte Risikobrille auf, eine Aversität
gegen bestimmte Faktoren. Andere Ban-
ken haben da vielleicht ganz andere Stra-
tegien. Aber wichtig ist, dass man es dem
Kunden möglichst schnell sagt, wenn wir
etwas nicht finanzieren können.
Erinnern Sie die Zeiten jetzt nicht auch
etwas an die Zeiten vor der Krise?
Ichwill
nichts heraufbeschwören, aber tatsächlich
leben die Zeiten vor 2007 schon fast ein
bisschen wieder auf. Da ging ja auch al-
les. Ehe die Leute angefangen hatten mit
einem Neubau, war der schon verkauft.
Ich halte das für einen ganz gefährlichen
Weg. Ich habe schon einige Zyklen gese-
hen: Immobilien, die nicht vernünftigen
Ansprüchen gerecht werden, werden in
Krisenzeiten immer verlieren.
Klingt pessimistisch …
Bin ich an sich
nicht! Sorge macht mir aber die Jagd nach
Rendite. Ich beobachte, dass man sich
Immobilien schönredet. Akzeptieren wir
nicht wieder zu hohe LTVs? Man sollte
sich von durch hohe Liquidität getrie-
benen Märkten nicht die Sinne vernebeln
lassen, sondern immer überlegen, ob eine
Immobilie wettbewerbsfähig ist, flexibel,
ob ich von Multitalent auf Singletalent
gehen kann etc. Die Märkte werden sich
wieder drehen, das bezieht sich auch auf
Vermietungslagen.
Auf B-Lagen?
Ja. Solange die vermie-
tet sind, läuft alles. Aber die Leerstän-
de entstehen eher in schlechten Lagen.
Denn wenn in den guten Lagen die Mie-
ten sinken, überlegen sich die Mieter zu
gleichen Mietpreisen von den B-Lagen
in die A-Lage zu gehen. A-Lagen werde
ich immer vermieten können, vielleicht
zu geringeren Werten, vielleicht auch mit
längerem Vermietungszeitraum. Aber die
Wahrscheinlichkeit, dass ich da Schiff-
bruch erleide, ist deutlich geringer.
Was hat sich bei Ihnen strategisch ver-
ändert?
Wir haben uns entschieden, Po-
len als zusätzlichen Kernmarkt zu definie-
ren. InWarschau haben wir 2014 eine Re-
präsentanz eröffnet. Aus Spanien und den
USA haben wir uns aber zurückgezogen.
Warum?
Wir sind eine deutsche Immo-
bilienbank mit europäischer Ausprägung.
Wir wollen lieber in wenigen Märkten
sein, dort aber mit entsprechendem lo-
kalem Know-how, mit entsprechender
Kraft. Das wird auch dem Anspruch der
Kunden gerecht, die Wert auf einen pro-
fessionellen Finanzierungspartner legen...
Können Sie sich vorstellen, von Polen
auch in andere Ostländer zu gehen?
In
Polen wird viel auf Euro-Basis gemacht.
Wir erwarten, dass über kurz oder lang
auch Polen in den Euro gehen wird. Das
ist für uns ein Grund. Ein anderer Grund
sind die Marktgröße und die rechtlichen
und wirtschaftlichen Verhältnisse. Das
Grundbuchrecht in Polen ähnelt etwa dem
deutschen. Alles gute Voraussetzungen,
hier entsprechend erfolgreich zu agieren.
Wo sind Sie sonst noch tätig?
Unse-
re Kernmärkte sind Deutschland, UK,
Frankreich, die Beneluxländer und seit
Neuestem – wie gesagt – Polen.
Verspüren Sie den Wettbewerb?
Deut-
lich. Es ist zum einen viel Eigenkapital un-
terwegs und es sind auchMarktteilnehmer
dazugekommen.
Sie begleiten deutsche Investoren ins
Ausland?
Ja, das Cross-Border-Geschäft
ist Teil unseres Geschäftsmodells. Wir be-
gleiten deutsche Investoren ins Ausland,
aber auch internationale Investoren in
einen unserer anderen Kernmärkte. Da
haben wir gute Erfahrungen gesammelt.
Geben Sie Ihren Kunden eigentlich
Tipps?
Natürlich. Ich glaube, eine Bank
ist ein guter Gesprächspartner. Wenn ich
einen Zweifel an der Nachhaltigkeit der
Rentabilität habe, dann sage ich das dem
Kunden auch. Und die Kunden nehmen
das auch gerne an, kritische Meinungen
dazu zu hören. Ich sehe es als Aufgabe ei-
ner Bank, ehrlich seineMeinung zu sagen.
Damit schaffen Sie Kundenbindung.
Auch wenn Sie ein Produkt nicht ma-
chen?
Ja. Nehmen Sie einen Kunden, für
den Sie von der Bonität her alles finan-
zieren können. Wenn Sie dem von einem
Projekt abraten, ist der möglicherweise
viel dankbarer, als wenn Sie es aufgrund
der Bonität finanzieren, das Projekt sich
aber für den Kunden nicht rentiert.
zur person
Andreas Pohl
ist seit März 2008 Marktvorstand bei der Deutschen Hypo und zugleich Global Head für das gewerbliche
Immobilienfinanzierungsgeschäft im NORD/LB Konzern. Zuvor verantwortete er den Bereich Immobilien-Banking der NORD/LB, der im Zuge
der Übernahme auf die Deutsche Hypo übergegangen ist. Seit dem 1. Januar 2014 ist er Sprecher des Vorstandes.
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Dirk Labusch, Freiburg