Immobilienwirtschaft 3/2015 - page 23

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3.2015
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Peter Axmann, HSH Nordbank AG, Hamburg
trem schwachenMarktphase bedient wer-
den – beispielsweise bei einer Vermietung
des Objekts für lediglich zehn Euro pro
Quadratmeter und Monat.
Nach einer positiven Kreditentschei-
dung steht für die Bank ein intensives
Controlling des Baufortschritts auf der
Agenda. In der Regel – und bei großvo-
lumigen Finanzierungen grundsätzlich –
wird damit ein drittes Unternehmen be-
auftragt, das alle Gewerke kontrolliert und
mindestens monatlich Bericht erstattet.
Weitere Finanzierungstranchen werden
nur ausgezahlt, wenn aus dem Reporting
ein entsprechender Baufortschritt ersicht-
lich ist. Professionelle Projektentwickler
sehen in einem externen Controlling in
der Regel nicht nur einen Kostenfaktor,
sondern auch eine zusätzliche Sicherheit.
Transparenz bei Budget- oder Ter-
minüberschreitungen
Kommt es zu
Verzögerungen im Bauablauf, muss die
Bank frühzeitig informiert werden, um
gemeinsam nach einer geeigneten Lö-
sung zu suchen. Solche Lösungen kön-
nen ein Zinsdepot, eine Verschiebung
des Abnahmetermins oder Maßnahmen
zur Beschleunigung des Baufortschritts
sein. Auch bei ungeplanten Kostenstei-
gerungen ist eine frühzeitige und offene
Kommunikation des Entwicklers wichtig,
um das Bauvorhaben nicht zu blockieren
und um gegebenenfalls Einsparungen im
weiteren Bauverlauf zu realisieren. An-
sonsten wird der Erhöhungsbetrag in der
Regel durch Eigenkapital oder auch aus
einer Cost-Overrun-Garantie beglichen.
Falls die Kalkulation es zulässt, ist auch
eine Beteiligung der Bank durch eine Kre-
diterhöhung denkbar.
Im Gegensatz zur Phase unmittelbar
nach der Finanzkrise haben die Banken
ihr Finanzierungsverhalten in den vergan-
genen drei Jahren nur wenig verändert.
Während der Beleihungsauslauf damals
deutlich zurückging und spekulative Ent-
wicklungen weitgehend wegfielen, sind
die Anforderungen an Eigenkapital- und
Vorvermietungsquoten zwischen 2012
und 2014 weitgehend stabil geblieben.
Etwas mehr Risikobereitschaft ist bei Ent-
wicklungen abseits des Core-Segments,
beispielsweise in B- oder C-Lagen, zu
beobachten. Hier besteht heute wieder
Finanzierungsbereitschaft, und auch die
Anforderungen an die Vorvermietungs-
quoten sind in diesem Teilsegment leicht
zurückgegangen.
Rahmenbedingungen bleiben günstig
– keine Überhitzung im Markt
Diese
Tendenzen zeigen: Von 100-Prozent-
Finanzierungen ist der Markt für Büro-
Projektentwicklungen weit entfernt. Dies
ist auch der grundlegende Unterschied zur
Situation 2006. Die Preise gleichen sich
zwar annähernd, aber die Risikoakzep-
tanz auf Bankenseite war damals deutlich
höher. Derzeit wird nur sehr wenig spe-
kulativ gebaut und deutlich konservativer
finanziert. Die Risikoverteilung zwischen
Bank und Projektentwickler ist deshalb
eine andere als vor der Finanzkrise. Le-
diglich bei Privatpersonen, die sich eine
Wohnung oder ein Einfamilienhaus kau-
fen, finanzieren einige Banken 100 Pro-
zent des Kaufpreises.
Insgesamt stellt sich die Situation für
Projektentwickler derzeit günstig dar. Er-
fahrene und seriöse Developer erhalten
für solide Projekte Finanzierungen – und
das zu sehr günstigen Konditionen. Einer-
seits sind die Zinsen historisch niedrig.
Andererseits sind auch die Margen der
Banken aufgrund des starken Wettbe-
werbs untereinander relativ niedrig. Sie
bewegen sich meist im Bereich zwischen
2,0 und 2,5 Prozent. An dieser Situati-
on dürfte sich bei der Finanzierung von
Projektentwicklungen auch im Jahr 2015
nicht viel ändern.
Experten
„Wir beobachten vermehrt,
dass Investoren früher an
der Wertschöpfungskette
partizipieren möchten und
bereit sind, Projektentwick-
lungsrisiken einzugehen.
Ein Vorvermietungsgrad von
größer als 50 Prozent ist
dabei für viele Investoren
eine Mindestschwelle.“
Philipp Ellebracht,
Geschäftsführer
Schroder Real Estate in Deutschland
„Entwickler initiieren teil-
weise Projekte ohne hohen
Vorvermietungsstand.
Hinzu kommt, dass auch
die Banken risikobereiter
sind. Wir empfehlen aller-
dings, Vermietungsrisiken
und Zinsänderungsrisiken
vernünftig einzupreisen “
Oliver Zimper,
Geschäftsführer der IVG
Institutional Funds GmbH
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