DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 6/2019 - page 16

STÄDTEBAU UND STADTENTWICKLUNG
Bädern sowie Fenster mit Durchlasselementen für
Außenluft auf das Innenraumklima auswirken.
Was sagen die Mieter?
ImProjekt HeatResilientCity kommt hinzu, dass die
Perspektive der Bewohner bei der Auswahl geeig-
neter Anpassungsmaßnahmen eine entscheidende
Rolle spielt. Nur Maßnahmen, die sie als sinnvoll
erachten und akzeptieren, sollen auch umgesetzt
werden. Sowurden die Gorbitzer imSommer 2018
durch das Institut für Stadtforschung, Planung
und Kommunikation der Fachhochschule Erfurt
(ISP) und das Dresdner Umweltamt befragt. Die
ersten vorläufigen Ergebnisse zeigen, dass gut drei
Viertel der Befragten außenliegenden Sonnen-
schutz wie Jalousien oder Rollläden für besonders
sinnvoll halten, um ihreWohnung vor Sommerhit-
ze zu schützen. Ebenfalls als sinnvoll eingeschätzt
wurden innenliegende Schutzvorrichtungen sowie
das Pflanzen von Bäumen zur Verschattung.
In Karten ihres Wohngebietes konnten die Befrag-
ten außerdemmarkieren, wo sie sich an heißen Ta-
gen gern, wo ungern aufhalten. So wird deutlich,
wo im Quartier weitere Anpassungsmaßnahmen
erforderlich sind. Denn nicht nur die Gebäude
werden gegen Sommerhitze ertüchtigt. Auch die
Freiflächen im Wohnumfeld kommen unter die
Lupe und werden, wo es nötig und möglich ist,
durch die EWG oder die Landeshauptstadt Dresden
umgestaltet. Noch bis September 2020 werden
in Dresden-Gorbitz Maßnahmen umgesetzt und
getestet.
AmEnde der Projektlaufzeit wird Bilanz gezogen:
Was hat sich bewährt? Was kommt bei der Bevöl-
kerung gut an? WelcheMaßnahmen könnten auch
für andere Städte und Stadtteile sinnvoll sein, um
die Lebensqualität in Rekordsommern wie dem
von 2018 zu sichern?
Weitere Informationen:
Neubau und Sanierung
Energie und Technik
Rechtssprechung
Haufe Gruppe
Markt undManagement
Stadtbauund Stadtentwicklung
Das Projekt HeatResilientCity untersucht,
wie die Anpassung von Gebäuden und Frei-
flächen helfen kann, Sommerhitze besser zu
ertragen. Wieso ist das ein Thema für die EWG
und die Sanierungen im Stadtteil Gorbitz?
Von seiner baustrukturellen Anlage her, wäre
Gorbitz eigentlich nicht so stark von Sommerhit-
ze betroffen: Der Stadtteil liegt am Hang, nicht
im Talkessel, es gibt viel Grün im Quartier. Aber
gerade Plattenbauten wie die in Gorbitz sind für
Sommerhitze grundsätzlich sehr anfällig. Hinzu
kommt, dass wir die Häuser, die im Projekt be-
trachtet werden, altersgerecht sanieren. Gerade
ältere Menschen leiden beträchtlich unter Som-
merhitze. Da lag es für uns nahe, bei der Sanierung
das Thema Klimawandel und geeignete Anpas-
sungsmaßnahmenmit in den Blick zu nehmen. Das
wird die Wohnungswirtschaft in Zukunft ohnehin
stärker beschäftigen.
Das Projekt dient ja auch als Modellfall. Die Er-
kenntnisse, die wir zusammentragen, lassen sich
später in anderen Großwohnsiedlungen nutzen.
Auch die Gestaltung von Grün- und Freiflä-
chen spielt im Projekt eine Rolle. Inwiefern
setzen Sie hier im Quartier schon Maßnah-
men zur Anpassung an Sommerhitze um?
Teilweise sind die Bepflanzungen entlang der
„Höhenpromenade“ schon recht mediterran ge-
staltet. Bisher spielte eine Anpassung an Sommer-
hitze dabei jedoch keine Rolle. ImProjekt werden
wir uns nun zu geeigneten Pflanzenarten beraten
lassen.
Wie wichtig ist bei der Umgestaltung der
Gebäude und Freiflächen die Perspektive der
Mieter?
Die Perspektive unserer Mitglieder ist immer wich-
tig. Auch im Projekt fragen wir, welche Maßnah-
men sie als angemessen und akzeptabel erachten.
Zugleich müssen wir aber auch prüfen, welche
Maßnahmen aus wissenschaftlicher Sicht sinn-
voll sind, wo die Schnittmenge liegt und welche
Maßnahmen wir betriebswirtschaftlich gesehen
dann auch wirklich umsetzen können.
Stichwort betriebswirtschaftlich sinnvoll –
was muss sich an den Rahmenbedingungen
ändern, damit die Wohnungswirtschaft
Anpassungsmaßnahmen angehen kann?
Deutschlandweit wäre es dringend erforderlich,
dass man die vielen technischen Anforderungen
an das Bauen überprüft und zurückschraubt. An-
forderungen an Energieeffizienz, Barrierefreiheit,
Brandschutz, Standsicherheit und anderes haben
ein Ausmaß angenommen, das das Bauen unheim-
lich verteuert. Als Wohnungsunternehmen müs-
sen wir die Vorgaben umsetzen, selbst wenn uns
nicht alles angemessen erscheint. Andere Dinge,
die man vielleicht lieber realisieren würde, wie
etwa die Anpassung an Sommerhitze, müssen
dann aus Kostengründen wegfallen.
Vielen Dank für das Gespräch.
Die Fragen stellte Heike Hensel.
Interview mit Antje Neelmeijer
„Klimaanpassung wird die Wohnungswirtschaft
künftig stärker beschäftigen“
Die Eisenbahner-Wohnungsbaugenossenschaft Dresden eG (EWG) zählt knapp
9.000 Wohnungen im Dresdner Westen zu ihrem Bestand. Der größte Teil –
ca. 6.000 Wohnungen – konzentriert sich am Plattenbau-Standort Gorbitz, mit
dem sich die EWG an einem Forschungsprojekt zur Hitze-Resilienz beteiligt.
EWG-Vorstand Antje Neelmeijer erklärt, wieso.
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