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6|2019
Inklusive Quartiersentwicklung
Das ehemalige Krankenhaus Bethanien, auf dessen
Gelände Martini44 entstand, war immer schon
eingebettet zwischen Stiftsgebäuden, dem be-
kannten Universitätsklinikum Eppendorf, der
evangelischen Kirchengemeinde St. Martinus,
der methodistischen Diakonie (heute der Seni-
orenresidenz Bethanienhöfe) sowie wichtigen
Verkehrsachsen. So lag es nahe, schon recht früh
imPlanungsprozess eine Interessensgemeinschaft
zu gründen und echtes Miteinander und Partner-
schaft zu leben. Deshalbwurde „martini.erleben“
als eingetragener Verein gegründet, umein nach-
barschaftliches Miteinander zu fördern. Der Verein
verbindet Menschen durch Kultur- und Freizeit-
aktivitäten sowie gemeinsame Planungen für das
Quartier, um so für ein lebenswertes und barriere-
freies Wohnumfeld zu sorgen. Nicht jeder für sich
sollte Ideen entwickeln, sondern die gemeinsame
Gestaltung des Quartiers sollte ihre Chance be-
kommen.
Gemeinsam schaut man daher auch über den Tel-
lerrand, schaut in die Nachbarstraßen und ver-
sucht, Dinge für das Gemeinwohl zu fassen und zu
Stadtteilentwicklung durch Engagement
Letztendlich hat „martini.erleben“ eineMarke ge-
setzt für Eppendorf und der BVE die baulicheMitte
erstellt – den Anlaufpunkt für viele. In den Räu-
men des Kulturhauses finden sich kleine Gemein-
schaftsflächen, die auch von anderen Initiativen
genutzt werden können. Das kurze, schnelleMitei-
nander soll gepflegt werden. Einwichtiger Schritt
wird sein, die direkten Nachbarn, die vielen Stifte
und ihre Bewohner mit ins Boot zu holen, denn
Quartiersentwicklung funktioniert nur, wenn viele
mitmachen. Einladungen dazu sind bereits explizit
ausgesprochen. Der Wert des neuenMiteinanders
soll deutlich gemacht, sozusagen „Perlen poliert“
werden. Das ist zwar kein Begriff des BVE, son-
dern ein Slogan der Patriotischen Gesellschaft, der
Homann-Stiftung und von Stattbau für Hamburger
Wohnstiftungen, dennochmacht er sehr deutlich,
welcheWerte und Qualitäten imMiteinander ver-
steckt vorhanden sind und für Hamburg und seine
Bürger gehoben werden können.
Würde der BVE als Traditionsgenossenschaft noch
einmal einen solchen Schritt wagen und ein solch
komplexes Projekt wie Martini44 angehen? Die-
se Frage haben sich die Genossen zwischendurch
manches Mal gestellt, und dann doch nicht wirk-
lich. Sie ahnten die baulichen Schwierigkeiten,
wussten aber – nach eigener Aussage glücklicher-
Insgesamt 90 öffentlich geförderte Wohnungen
hat der BVE in dem Projekt Martini44 realisiert,
um im stark nachgefragten Stadtteil Eppendorf
bezahlbaren Wohnraum zu schaffen
In einem inklusiven Stadtteil oder Quartier
gehören alle Menschen selbstverständlich
dazu, niemand wird ausgeschlossen. Die
Bedingungen sind so gestaltet, dass jeder
am Leben teilnehmen kann, unabhängig von
den individuellen Fähigkeiten, der körper-
lichen Verfassung, der sozialen oder kultu-
rellen Herkunft, von Geschlecht, sexueller
Orientierung oder Alter. Alle öffentlichen
Angebote sind uneingeschränkt nutzbar,
wenn nötig mit entsprechender Unterstüt-
zung. Hamburgs offiziell erstes inklusives
Quartier ist die sog. Neue Mitte Altona.
INKLUSIVES QUARTIER
Vor dem Hintergrund des demografischen und sozialen Wandels setzt sich der Verein
martini.erleben für eine Stadt für alle Lebensalter und Lebenslagen ein. Der Verein
fungiert als ein Quartiersnetzwerk, das generationsübergreifende Kultur- und Freizeit-
angebote sowie Projekte durchführt und die gesellschaftliche Integration und Teilhabe
insbesondere von älteren Menschen unterstützt. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt im
Stifte-Quartier rund um die Martinistraße in Hamburg-Eppendorf. Die Tätigkeit strahlt
von hier aus in den Stadtteil und in die ganze Stadt Hamburg. Im Laufe der Jahre ist
martini.erleben zu einem festen Netzwerk geworden. Es bietet vielfältige Plattformen,
um aktiv zu werden. Das Ziel ist die Partizipation möglichst vieler Bürger, d. h., dass alle
Menschen jederzeit willkommen sind, ob sie nun Mitglied im Verein sind oder nicht.
MARTINI.ERLEBEN
STÄDTEBAU UND STADTENTWICKLUNG
verändern. Denn auch im schicken Eppendorf gibt
es genug zu tun: Warum nicht für blinde Mitbür-
ger die Ampelphase auf Knopfdruck verlängerbar
machen, warumnicht Unfälle beimLinksabbiegen
durch eine veränderte Straßenführung vermeiden,
Fahrradwege optimieren, Parkplätze neu arrangie-
ren oder Tempo 30 zum Schutz der Bewohner der
benachbarten Seniorenresidenz Bethanienhöfe
und von Martini44 einführen?
Obwohl Martini44 nicht Hamburgs erstes inklusi-
ves Quartier ist, haben sich die Projektbeteiligten
schonmanches Mal als Vorreiter in der Umsetzung
inklusiver Ansätze gesehen. Daswar zwar nicht von
Anfang an so vorgesehen, aber im Planungs- und
Bauprozess sollte niemand ausgegrenzt werden,
jeder überall erreichbar sein und jederzeit seine
Nachbarn besuchen können. Das neue Ensemble
ist daher absolut schwellenfrei und auch für Dritte
zu durchqueren. Zaunanlagen, hohe Hecken und
Hinweisschilder auf das Privateigentum gibt es
hier nicht. Alle Nachbarn sind herzlich eingeladen,
einander zu besuchen. Die aufgestellte Kunst im
öffentlichen Bereich und auch am Bau ist für je-
dermann zu genießen.
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