DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 6/2019 - page 15

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und Stadtverwaltung in Dresden-Gorbitz erlangt,
könnten deshalb später auch auf viele ähnliche
Wohnquartiere übertragen werden.
In Dresden-Gorbitz konzentrieren sich die Unter-
suchungen auf zwei unterschiedliche Plattenbau-
typen, ein Punkthochhaus und einen Zeilenbau.
Die Eisenbahner-Wohnungsbaugenossenschaft
Dresden eG (EWG) als Eigentümerin plant, die
beiden 6-Geschosser zu sanieren. Sie gehören zu
den letzten unsanierten Gebäuden entlang der
„Höhenpromenade“, einer Fußgängerzone, die
in Grün- und Freiflächen eingebettet ist.
Testlauf für den Schutz vor Sommerhitze
Bei der Sanierung der Gebäude ab Januar 2019
setzt die EWG erste Maßnahmen zum Schutz vor
Sommerhitze bereits um. Wissenschaftler vom
IÖR und von der Hochschule für Technik undWirt-
schaft Dresden untersuchen, welcheMaßnahmen
besonders gut geeignet sind, umdas Leben in den
Wohnungen auch während langer Hitzeperioden
so erträglich wie möglich zu machen. Dazu mes-
sen sie in den Wohnungen u. a. die Temperatur
und Luftfeuchte. Hinzu kommen Klimadaten und
Messungen imFreiraum, die die Landeshauptstadt
Dresden und die Technische Universität Dresden
beisteuern. „Das Herzstück unserer Untersuchun-
gen sind dynamisch-thermische Gebäudesimula-
tionen. Mit diesem Verfahren lässt sich der som-
merlicheWärmeschutzmomentan amgenauesten
bewerten“, erläutert David Schiela, wissenschaft-
licher Mitarbeiter im IÖR. „Die vor Ort gemessenen
Werte nutzen wir, um unsere Berechnungen so zu
kalibrieren, dass siemit den realen Gegebenheiten
möglichst präzise übereinstimmen.“ Ist die Fein-
justierung erfolgt, können die Forscher anhand der
Simulationen jede einzelneMaßnahme konkret auf
ihre Wirksamkeit testen. Noch wichtiger ist aller-
dings, dass sie auch prüfen, welche Maßnahmen
sich sinnvoll kombinieren lassen. „Es gibt nicht die
eine Maßnahme, die die Wohnungen vor Überhit-
zung schützt“, so Schiela. Denn bei der Anpassung
der Gebäude spiele auch das Winterhalbjahr eine
Rolle. „Wirtschaftlich betrachtet ist es dann natür-
lichwichtig, den Heizwärmebedarf zuminimieren.
Auch Vorgaben der Energieeinsparverordnung
sind einzuhalten. Das geht nicht immer konform
mit geeignetenMaßnahmen gegen Sommerhitze“,
erläutert der Bauingenieur.
Altbewährtes in neuer Kombination
In Dresden-Gorbitz wird das Rad nicht neu erfun-
den, sondern bekannte Maßnahmen kombiniert
und ihre Wirksamkeit überprüft. Besonders viel
versprechen sich die Wissenschaftler von einer
Kombination: mehr Wärmespeicherung im Dach-
bereich, Außenjalousien und optimierte Lüftung.
„Der erste und wichtigste Schritt ist, die Wärme
erst gar nicht in die Gebäude hineinzulassen. Das
ist insbesondere für dieWohnungen in den obers-
ten Etagen eine Herausforderung“, erklärt Schiela.
Hier sollen die Wärmespeicherung imBereich des
Daches und die Außenverschattung helfen. Haben
sich die Räume nach langer Hitzeperiode dennoch
aufgeheizt, könnte die Umsetzung eines Lüftungs-
konzepts helfen, das Zuviel anWärme wieder nach
draußen zu befördern. In Dresden-Gorbitz wird
deshalb getestet, wie sich Abluftanlagenmit grö-
ßeren Abluftvolumina in den innenliegenden
Das Projekt HeatResilientCity wird gefördert vom Bundesministerium für Bildung
und Forschung als Vorhaben der „Leitinitiative Zukunftsstadt“ im Themenbereich
„Klimaresilienz durch Handeln in Stadt und Region“.
Laufzeit:
Oktober 2017 bis September 2020
Projektpartner:
• Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR) (Verbundleitung)
• Institut für Stadtforschung, Planung und Kommunikation der Fachhochschule Erfurt (ISP)
• Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Dresden, Professur für Bauphysik/Baukli-
matik und Raumlufttechnik sowie Professur für Baukonstruktion
• Technische Universität Dresden (TUD), Institut für Hydrologie und Meteorologie
• Eisenbahner-Wohnungsbaugenossenschaft Dresden eG (EWG)
• Umweltamt der Landeshauptstadt Dresden
• Umwelt- und Naturschutzamt der Landeshauptstadt Erfurt
HITZERESILIENZ: AN KLIMAVERÄNDERUNGEN ANGEPASSTE
STADT- UND QUARTIERSENTWICKLUNG IN GROSSSTÄDTEN
Wie lässt sich Sommerhitze in Großstädten gut ertragen? Das Projekt HeatResilientCity (Hitzeangepasste Stadt)
untersucht, wie die Umgestaltung von Gebäuden und Freiflächen dabei helfen kann
Quelle: R. Ortlepp / IÖR-Media
Quelle: Umweltamt der Landeshauptstadt Dresden
JAHRESMITTELTEMPERATUR IM KLIMATREND
10,0
9,0
8,0
7,0
1988
1985
1982
1979
1976
1973
1970
1967
1964
1961
2003
2000
1997
1994
1991
2006
2009
2012
2015
2018
Temperatur (gleitendes 30-Jahres-Mittel)
8,7 °C
9,2 °C
9,8 °C
Datenquelle: DWD, Messstation: Dresden-Klotzsche
1...,5,6,7,8,9,10,11,12,13,14 16,17,18,19,20,21,22,23,24,25,...84
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