Die Wohnungswirtschaft 12/2018 - page 31

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12|2018
Das Bauen für 8 € gehört zu den Leuchtturm-
projekten des Senats. Ist dies der Königsweg
zu bezahlbaremWohnraum?
Wir haben uns bereits vor zwei Jahren Gedanken
darüber gemacht, wie wir nachhaltig den Neubau
von preiswertenWohnungen absichern können. Das
Ergebnis ist das SAGA-Systemhaus, das wiederum
die Voraussetzung für den 8-€-Wohnungsbau ist.
Dieses neue, preisgedämpft freifinanzierte Seg-
ment ist wohnungspolitisch bedeutsam, da wir so
Angebote für die vielen Hamburger machen kön-
nen, die den 1. Förderweg nicht in Anspruch neh-
men, aber auch nicht frei finanzierteNeubaumieten
von 13 € und mehr zahlen können.
Wodurch unterscheidet sich Ihr Referenzbau
von den anderen 8-€-Bauten, die derzeit in
Hamburg angeschoben werden?
Das typengenehmigte SAGA-Systemhaus er-
möglicht im 8-€-Segment anspruchsvolle städ-
tebauliche und architektonische Lösungen im
Quartierskontext und erfüllt vollumfänglich die
Anforderungen des gefördertenWohnungsbaus. So
wird die geltende EnEV imEnergiestandard KfW55
übererfüllt, auch ist die Ausführungmit extensiven
Gründächern vorgesehen. Alle Wohnungen erhal-
ten Balkone oder Loggien. Darüber hinaus werden
alle 8-€-Häuser im barrierereduzierten Standard
des geförderten Wohnungsbaus errichtet. Ein
Aufzug ist ab vier Vollgeschossen Standard und
grundsätzlich nachrüstbar.
Teure und rare Grundstücke gelten als
Haupthindernis für preiswertes Bauen. Sie
gehen davon aus, dass die Stadt Grundstücke
für die Systemhäuser günstig zur Verfügung
stellt. Eine versteckte Subventionierung ... ?
Mit einer Subventionierung hat das nichts zu tun.
Denn wir reden hier über Verkehrswerte, die al-
len Marktteilnehmern analog der Regelungen für
die Vergabe städtischer Grundstücke für den ge-
förderten Wohnungsbau eröffnet werden sollen.
Im Ergebnis werden die Verkehrswerte für das
8-€-Haus-Segment auf der Grundlage der gelten-
den Bodenrichtwerte unter Berücksichtigung der
Mietpreisbindung und des Veräußerungsverzichtes
abgeleitet.
Steigenden Baukosten oder Zinsen können
auch Sie nicht entgehen. Welche Rolle spielt
das in Ihrer Kalkulation?
Wir erwarten Skaleneffekte mit Blick auf das er-
hebliche Neubauvolumen unseres Unternehmens
sowie Synergieeffekte in der Zusammenarbeit mit
der Bauwirtschaft – denken Sie etwa an die indus-
trielle Vorfertigung von Bauteilen. Im Ergebnis
wollen wir so unsere Neubauleistung perspekti-
visch mit Blick auf zu erwartende Kostensteige-
rungen absichern.
Ist der serielle Wohnungsbau in einer
zunehmend verdichteten Stadt überhaupt
geeignet, um in größerem Umfang Baureser-
ven zu heben?
Das Systemhaus eignet sich für Konversionsflä-
chen, größere Flächen in der Innenentwicklung,
aber auch für die Stadterweiterungsvorhaben. Mit
demumfassenden Systemhaus-Kanon und der Ge-
staltungsvielfalt der Fassaden können wir sowohl
offenere städtebauliche Strukturenwie Zeilenbau-
ten, aber auch Blockrandstrukturen abbilden. Es ist
ebenso möglich, im Erdgeschoss Nutzungen wie
Läden oder eine Kita zu integrieren. Architekto-
nisch kann das SAGA-Systemhaus auf spezifische
örtliche Situationen eingehen – mit der Fassaden-
gestaltung, der Rhythmisierung der Baukörper und
in der Orientierung der Balkone und Loggien –,
sodass wir städtebaulichen Anforderungen im je-
weiligenQuartierskontext gerecht werden können.
Für kleinteilige Verdichtungen ist das Systemhaus
nicht gedacht, es wird alsoweiterhin auch den sog.
Manufakturwohnungsbau bei der SAGA geben.
Wie preiswert kann man werden, ohne dass
die Wohnqualität leidet, und wie sichern Sie
Spielräume für individuelle Gestaltung?
Unser Systemhaus ist an dem heute bereits hohen
SAGA-Ausstattungsstandard bzw. an dem IFB-
Standard für den geförderten Wohnungsbau aus-
gerichtet. ImErgebniswird es keinen bedeutenden
Unterschied in der Qualität imVergleich zu unserem
Manufakturwohnungsbau geben. Die typengeneh-
migten Wohnungsgrundrisse erlauben zudem im
Prinzip auch alternative Raumaufteilungen inner-
halb derWohnungstrennwände. Sowurden imRah-
men der Typengenehmigungen z. B. Varianten für
barrierefreie Bäder oder für Grundrissemit halben
Zimmern als Alternative eingereicht.
Ihr Projekt in Farmsen bietet gerade einmal
34 Tiefgaragenstellplätze für 139 Wohnun-
gen. Funktioniert so etwas?
Neben Tiefgaragenstellplätzen entstehen imZuge
der Erschließung auch zahlreiche oberirdische
Pkw-Stellplätze. Zudem schaffen wir eine sehr
große Zahl Fahrradstellplätze. Und die U-Bahn
ist nur 700m entfernt. Mit Blick auf das sich än-
dernde Mobilitätsverhalten insbesondere auch
jüngerer Mieter sehen wir hier keine Probleme.
Die Hamburgische Bauordnung enthält schon
länger die Vorschrift zu Typengenehmigun-
gen. Warum ist dies noch nicht bei Wohnbau-
ten eingesetzt worden?
Eine gute Frage, allerdings sind wir der falsche
Adressat: Wir haben uns ja auf den Weg gemacht!
Vielen Dank für das Interview.
Die Fragen stellte Sabine Richter.
Interview mit Dr. Thomas Krebs
„Das SAGA-Systemhaus ermöglicht
anspruchsvolle städtebaulich-architektonische
Lösungen im Quartierskontext“
Wie schafft man Angebote für die Haushalte, die den 1. Förderweg nicht in
Anspruch nehmen, aber auch nicht frei finanzierte Neubaumieten jenseits von
13 €/m
2
zahlen können? Der Sprecher des Vorstands der SAGA Unternehmens-
gruppe erläutert das Hamburger Modell des sog. 8-€-Systemhauses.
Quelle: SAGA, Foto: Tobias Stäbler
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