DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 2/2018 - page 48

MARKT UND MANAGEMENT
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2|2018
Bilanz- und Steuerwissen –
Aktuelles aus den Prüfungsorganisationen des GdW
Der genossenschaftliche Förderzweck und die Rolle
der Prüfungsverbände
Das Genossenschaftsgesetz formuliert den genossenschaftlichen Förderzweck als ein zentrales
genossenschaftliches Prinzip und verpflichtet die Genossenschaftsorgane gleichzeitig zu dessen
Einhaltung. Den genossenschaftlichen Prüfungsverbänden kommt die Rolle zu, die Einhaltung des
genossenschaftlichen Förderzwecks zu prüfen. Der Stellenwert dieser Prüfung hat sich durch die
Genossenschaftsnovelle 2017 erhöht.
War es bereits in der Vergangenheit Gegenstand
der genossenschaftlichen Pflichtprüfung, die
Einhaltung des genossenschaftlichen Förder-
zwecks zu prüfen, sind die Prüfungsverbände
durch die im Juli 2017 in § 58 Abs. 1 Satz 3 GenG
eingeführte Regelung nunmehr verpflichtet, im
Prüfungsbericht explizit Stellung zu nehmen,
ob und auf welche Weise die Genossenschaft im
Prüfungszeitraum einen zulässigen Förderzweck
verfolgt hat.
Anlass der Gesetzesänderung
Anlass dieser gesetzlichen Änderung ist es, ein
wirksames System zu entwickeln, um Invest-
mentvermögen im Sinne des Kapitalanlagege-
setzbuchs (KAGB) zu identifizieren. Ausgangs-
punkt war nach der Verabschiedung des KAGB
ein Auslegungsschreiben der Bundesanstalt
für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)
1
,
wonach Genossenschaften regelmäßig keine
Investmentvermögen im Sinne des KAGB sind.
Dies wurde damit begründet, dass sie zwingend
nach dem Genossenschaftsgesetz einen beson-
deren Förderzweck verfolgen müssen, und dies
eine fondstypische reine Gewinnerzielungsab-
Dr. Matthias Zabel
Referatsleiter
Genossenschaftsrecht,
Genossenschaftswesen
GdW Berlin
WP/StB Ingeborg Esser
Hauptgeschäftsführerin
GdW
Berlin
sicht ausschließe. Darüber hinaus wird in dem
BaFin-Schreiben darauf hingewiesen, dass die
Einhaltung der besonderen Anforderungen des
Genossenschaftsgesetzes, insbesondere des
genossenschaftlichen Förderzwecks, der regel-
mäßigen umfassenden Prüfung durch die Prü-
fungsverbände unterliegt.
Gleichzeitig muss die Neuregelung zur expliziten
Stellungnahme der Prüfungsverbände zur Einhal-
tung des genossenschaftlichen Förderzwecks im
Zusammenhang mit einer weiteren Gesetzesän-
derung gesehen werden, namentlich § 62 Abs. 3
Satz 2 GenG-Neu. Danach ist der Prüfungsver-
band berechtigt, der BaFin eine Abschrift des
Prüfungsberichts ganz bzw. auszugsweise zur
Verfügung zu stellen, wenn sich aus diesem An-
haltspunkte dafür ergeben, dass die geprüfte
Genossenschaft keinen zulässigen Förderzweck
verfolgt, sondern ihr Vermögen gemäß einer
festgelegten Anlagestrategie investiert, sodass
ein Investmentvermögen im Sinne des § 1 Abs. 1
KAGB vorliegen könnte. Nach der Gesetzesbe-
gründung wird dies dahingehend weiter konkre-
tisiert, dass dieses Recht des Prüfungsverbandes
aus Sicht des Gesetzgebers zu einer Pflicht wird,
wenn Vermögensschäden für die Mitglieder zu
befürchten sind.
Bei beiden Änderungen geht es also darum, künf-
tig einwirksames Instrumentariumzu entwickeln,
um Investmentvermögen im Sinne des KAGB zu
identifizieren, die in der Rechtsform der Genos-
senschaft agieren. Zunehmend sind dies auch
Genossenschaften, die als „Wohnungsgenossen-
schaften“ auftreten.
Die Regelungen gelten mit dem Inkrafttreten
der Änderungen des Genossenschaftsgesetzes
und sind damit ab sofort bei allen stattfindenden
Prüfungen anzuwenden.
Förderzweck vs. Unternehmensgegenstand
Nach § 1 Abs. 1 GenG muss der Zweck der Ge-
nossenschaft zwingend darauf gerichtet sein, den
Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder, oder
deren soziale oder kulturelle Belange zu fördern
(Förderzweck). Das Gesetz formuliert den genos-
senschaftlichen Förderzweck als ein zentrales ge-
nossenschaftliches Prinzip. Welche Förderleistun-
gen im Einzelnen zu erbringen sind, ergibt sich
primär aus der gewählten Genossenschaftsart. Bei
denWohnungsgenossenschaften steht die Förde-
rung ihrer Mitglieder im Vordergrund.
Die Mittel und die Art und Weise, mit denen bzw.
wie der Förderzweck verfolgt wird, werden durch
den Unternehmensgegenstand konkretisiert. Un-
ternehmensgegenstand und Förderzweck sind
mithin nicht gleichbedeutend. Der Unterneh-
mensgegenstand darf jedoch dem Förderzweck
nicht widersprechen.
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