DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 2/2018 - page 52

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2|2018
MARKT UND MANAGEMENT
Interview zu Auswirkungen der Digitalisierung
„Es sollte ein regelmäßiges
Digitalisierungscontrolling geben“
Die Digitalisierung verändert die Wohnungswirtschaft. Neue Dienstleister und Services entstehen,
Arbeitsweisen, Geschäftsfelder und -modelle wandeln sich. Der digitale Fortschritt verändert auch die
Arbeitswelt erheblich. Der Arbeitgeberverband der Deutschen Immobilienwirtschaft e. V. (AGV) hat
deshalb gemeinsam mit der EBZ Business School ein Thesenpapier veröffentlicht, das die Auswirkungen
der Digitalisierung auf die Beschäftigung von Arbeitnehmern in Immobilienunternehmen thematisiert. Im
DW-Gespräch erläutern Werner Dacol (Aachener Siedlungs- und Wohnungsgesellschaft, AGV-Vorstands-
vorsitzender), Prof. Dr. Tobias Keller (EBZ), Ruth Haring (Personalleiterin wbg Nürnberg GmbH) und Wolfram
Gay (Vorstand der Potsdamer Wohnungsgenossenschaft 1956 eG) die Zielrichtung des Papiers.
STRATEGISCHE PERSONALENTWICKLUNG IN DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT
Auf die Branche prasselt derzeit eine Flut
verschiedener Beiträge zum Thema Digita-
lisierung nieder. Was hat den Arbeitgeber-
verband veranlasst, sich ebenfalls mit einem
Papier zu Wort zu melden?
Dacol:
Wir haben dieses Papier von unserem Per-
sonalleiterkreis erarbeiten lassen, gerade weil
viele Unternehmen sich im Dschungel der Veröf-
fentlichungen gar nicht mehr zurechtfinden. Wir
wollten in kurzer und knapper Form– insbesondere
für kleine und mittlere Unternehmen – darstellen,
welche Auswirkungen die Digitalisierung auf die
Arbeitsplätze und die Prozesse in denUnternehmen
hat und was Geschäftsführer und Vorstände tun
müssen. Denn es gilt, einerseits keine wichtigen
Entwicklungen zu verpassen, andererseits nicht
unnötig viel Zeit und Energie auf das Thema zu ver-
schwenden. Dazu haben wir uns praktische Exper-
tise aus den Unternehmen und wissenschaftliche
Begleitung durch die EBZ Business School geholt.
Herr Prof. Keller, ist ein eher wissenschaftli-
ches oder ein eher praxisorientiertes Papier
entstanden?
Prof. Keller:
Die Schwerpunkte haben ganz klar
die Praktiker erarbeitet. Es sollte ja kein sog. He-
likopterpapier werden, bei dem viele Leute von
oben auf das Thema draufschauen, aber nie „zur
Landung ansetzen“. Deswegen beschränkten wir
uns darauf, einige Ideen beizutragen und das Pa-
pier abzurunden. Es war uns aber auchwichtig, zu
sehen, welche Gedanken sich in den Unternehmen
zumThema Digitalisierung entwickeln. Diese kön-
nen wir gut in unsere Arbeit einfließen lassen und
darüber hinaus mit unserer wissenschaftlichen
Expertise unterstützen.
Viele Experten betonen, es müsste in den
Unternehmen eine Digitalisierungsstrategie
geben, die Unternehmensphilosophie müsse
entsprechend ausgerichtet sein. Das betrifft
den Kern der Unternehmensführung. Sind die
größeren Unternehmen schon so weit?
Haring:
Natürlich haben sich schon viele Unter-
nehmen intensiv mit Fragen der Digitalisierung
beschäftigt. Für uns war jedoch wichtig herauszu-
arbeiten, dass es – unabhängig von der Größe des
Unternehmens – einer übergeordnetenDigitalisie-
rungsstrategie bedarf, die von der Geschäftsfüh-
rung oder dem Vorstand mitgetragen und freige-
geben sein muss. Die Digitalisierungsstrategie ist
zentraler Bestandteil der strategischenAusrichtung
und kulturellen Prägung eines Unternehmens.
Es gibt aktuell schon viele nutzbare technische
Optionen – und sie werden sich in den nächsten
Jahren noch um ein Vielfaches vermehren. Das
Papier nennt einige Beispiele – von intelligenter
Haustechnik über digitaleMängelbeseitigungspro-
zesse undMieterportale bis hin zu Smart Home. Ein
Unternehmenmuss aber nicht alles umsetzen, was
man umsetzen kann. Jedes Unternehmenmuss für
sich definieren, in welchemUmfang es Strukturen
und Prozesse verändern, neue Geschäftsmodelle
aufgreifen und die Arbeitsorganisation neu gestal-
ten will. Ja, es gehört zu den unternehmerischen
Kernaufgaben, diese Entscheidungen zu treffen.
„Es muss Vorständen und Geschäftsführern klar sein, dass es nicht allein
um die Frage geht, ob eine bestimmte neue Möglichkeit der Digitalisierung
umgesetzt wird, sondern dass auch das Wann und das Wieviel eine
bedeutende Rolle spielen kann.“
Wolfram Gay
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