STÄDTEBAU UND STADTENTWICKLUNG
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7|2018
schüsse werden in das Fernwärmenetz gespeist.
Verbrauchsspitzenwerden über Fernwärme durch
den örtlichen Energieversorger SEV abgefedert.
Eine weitere Besonderheit ist, dass alle Woh-
nungen als Teil des Mietvertrags bereits mit
Breitband-TV, Internetanschluss und WLAN aus-
gestattet sind. Die Abrechnung erfolgt als Teil
der Betriebskosten. „Der Bedarf nach schnellem
Internet und hoher Sicherheit bei der Fernsehver-
sorgung besitzt einen beachtlichen Stellenwert,
das gilt nicht nur für jüngere Menschen, sondern
angesichts der Benutzerfreundlichkeit heutiger
elektronischer Geräte auch für 70-Jährige“, sagt
Richter. Zudem ermöglicht der schnelle Internet-
anschluss die Anbindung von intelligenten Haus-
haltsgeräten, aber auchMobilfunkgeräten bis hin
zu individuellen Notrufsystemen.
Beitrag zur Stadtentwicklung
Dochwie fing es an? Ende 2011 konnten die beiden
ortsansässigenWohnungsunternehmen der Stadt
Sömmerda das Gelände eines ehemaligen Sport-
platzes mit rund 12.000m
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Fläche, imVolksmund
wegen seines Belages aus rotem Ziegelmehl auch
„Rote Erde“ genannt, jeweils hälftig erwerben. In
den Folgejahren wurde ein gemeinsamer Bebau-
ungsplan entwickelt und im Jahr 2014 durch den
Stadtrat bestätigt. Im März 2015 starteten die
Erschließungsarbeiten. Anfang Mai 2015 begann
die städtische Wohnungsgesellschaft Sömmerda
mbH (WGS) auf ihremAreal mit der Errichtung von
vier Wohnhäusern mit 24 Wohnungen.
„ImMai 2015 konnten auchwir auf unseremAreal
mit der Umsetzung beginnen“, erklärt Richter. Zu-
vor hatte die WOBAG einen Ideenwettbewerb mit
fünf Bewerbern veranstaltet. „Dabei hat das Archi-
tekturbüroWendt Architekt & Ingenieur GmbH aus
Weimar unsere Ideen am konsequentesten aufge-
griffen und vorangetrieben“, sagt Richter.
Die gesamte Anlage fügt sich wie ein kleiner
Wohnpark in die umgebende Bebauung ein. Das
Areal beider Wohnungsunternehmen ist dabei mit
einer zentralen Begegnungsfläche verbunden. In
der Mitte liegt die sog. Flüsterecke –mit halbrund
gemauerten Sitzbänken aus dunklen Klinkern, die
das Sonnenlicht speichern, und einemWasserspiel
aus vier Säulen, aus denen tagsüber Wasser plät-
schert.
Baukosten und Miete: Engagement mit
Mehrwert
Das Ganze hatte natürlich seinen Preis. Die Ge-
samtbaukosten für die fast 3.000m
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Wohnfläche
und rund 2.000m
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Außenanlagen beliefen sich auf
stolze 8 Mio. € zuzüglich Grundstückskosten von
200.000 €. Dem stehen durchschnittliche Netto-
mieten von 8,90 €/m
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gegenüber. Ein stolzer Preis
für ein Städtchen, dessen Durchschnittsmieten
bei 4,62 € liegen.
Barg dieses aufwändige Wohnungsangebot für
die Genossenschaft mit 2.400 Wohnungen nicht
ein gewisses Risiko? „Wir sind bei dem größten
Bauvorhaben unserer Genossenschaft seit der
Wende sicherlich ein Wagnis eingegangen“, gibt
Frank Richter zu. „Wir haben auch lange darüber
nachgedacht und umfangreiche Wirtschaftlich-
keitsbetrachtungen angestellt. Wir haben 3Mio. €
Fremdmittel und 5Mio. € Eigenmittel aufgewandt.
Dabei wurde auch die Obergrenze der Baukosten
mit 8Mio. € festgelegt. Abzüglich erhaltener För-
dermittel liegt das Gesamtkostenvolumen unter
7,7Mio. € einschließlich Grundstückskosten.“ Das
Engagement rechne sich jedoch, so Richter, wobei
die WOBAG keine überzogenen Gewinnerwartun-
gen an das Objekt gestellt habe. Die Chance, das
innerstädtische Grundstück zu entwickeln und als
Alternative zum übrigen Bestand ein attraktives
Neubauvorhaben zu etablieren, sei zugunsten einer
anfangs nur mäßigen Rendite bewusst ergriffen
worden.
Es sind vor allem neue Genossenschaftsmitglie-
der, die sich von demAngebot überzeugen ließen.
Darunter sind Menschen aus dem unmittelbaren
Einzugsgebiet von Erfurt, aber z. B. auch ältere
Paare, die ihre Häuser auf demLand verkauft haben
und nun das Flair einer kleinen und feinen Stadt
wie Sömmerda genießen wollen. „Unser Ziel war
es schon, neueMitglieder zu gewinnen und keinen
Leerstand durchUmzüge innerhalb der Genossen-
schaft zu generieren“, verdeutlicht Richter. „Unser
Ziel war außerdem, den Standort Sömmerda mit
seiner Lage zwischen Erfurt und Weimar und den
dort explodierendenMieten als wohn- und lebens-
werte Alternative zu präsentieren. Der Erfolg gibt
uns Recht“, ist sein Resümee.
Mit demProjekt habenWOBAG undWGS nicht nur
ihre Bestände qualifiziert, sondern der Stadtent-
wicklung Schwung gegeben und das gesamte
Umfeld aufgewertet. Eine durch die Stadt und die
beiden Wohnungsunternehmen initiierte Image-
kampagne begleitet dies derzeit.
In schrumpfenden oder stagnierenden Städten
und Regionen können derartige Effekte nicht hoch
genug bewertet werden. Das wird auch außerhalb
Sömmerdassogesehen.DeshalberhieltdieWOBAG
für ihre „Grüne Mitte“ Ende Mai 2018 in Suhl den
Preis der Thüringer Wohnungswirtschaft, der Kon-
zepte auszeichnet, die zukunftstauglich sind und
Antworten auf die gesellschaftlichen Entwicklun-
gen und Herausforderungen finden.
Die Ende August 2017 feierlich eröffneten Neubauwohnungen sind barrierearm,
verfügen über schnelles Internet und sind mit einer Miete von 8,90 €/m
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bezahlbar
Nach nicht einmal drei Monaten waren alle Wohnungen belegt. Man habe vor allem neue Mitglieder
von demWohnangebot überzeugen können, freut sich die WOBAG. Im Bild die sog. Flüsterecke
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Quelle: WOBAG, Foto: Dirk Wächter
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