NEUBAU UND SANIERUNG
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4|2017
Hitzeschutz und natürliche Lüftung sorgen
für gesundes Raumklima
Innenliegender Sonnenschutz an allen Dachfens-
tern sowie am Flachdachfenster des Anbaus er-
möglicht es, das einfallende Tageslicht ganz nach
Wunsch zu regulieren. Zudemwurde das nach Sü-
den ausgerichtete Dachfenster in der Spielgalerie
und die nach Osten ausgerichtete Dachfenster-
kombination über der Treppemit außenliegenden
Hitzeschutz-Markisen ausgestattet, sodass es an
heißen Sommertagen nicht zu warm unter dem
Dach wird. Dabei öffnen und schließen sich die
sensorgesteuerten Markisen in Abhängigkeit von
Sonnenlicht und Außentemperatur und sorgen
damit im Sommer automatisch für angenehme
Temperaturen im Inneren.
Darüber hinaus spielen die Dachfenster eine zen-
trale Rolle bei der Be- und Entlüftung des Gebäu-
des. In der aus energetischen Gründen luftdichten
Bausubstanz öffnen und schließen sich die Fenster
automatisch je nach Temperatur, CO2-Konzen-
tration und Luftfeuchtigkeit und sorgen für eine
gute Frischluftzufuhr. Zudem verstärkt die un-
terschiedliche Höhe der im offenen Treppenhaus
positionierten Dach- und Fassadenfenster dieWir-
kung des sogenannten Kamineffekts. Dabei steigt
die warme, verbrauchte Luft nach oben und zieht
durch die Dachfenster ab, während von unten fri-
sche Luft durch die Fassadenfenster nachströmt.
Diese besonders effektive und schnelle natürliche
Lüftung gewährleistet nicht nur eine gute Raum-
luftqualität, sondern sorgt in Verbindung mit den
äußeren Sonnenschutzvorrichtungen auch an hei-
ßen Sommertagen für hohen Wohnkomfort. Am
Abend zieht die warme Luft durch die Dachfens-
ter ab und wird schnell durch die kühle Abendluft
ersetzt. Dadurch wirkt das gesamte System von
Sonnenschutzelementen und Fenstern wie eine
natürliche Klimaanlage und sichert ein gesundes
und behagliches Raumklima. Unterstütztwird diese
natürliche Ventilation durch eine dezentrale, be-
darfsgesteuertemechanische Lüftungsanlage, die
in denWintermonaten für gesunde Raumluft sorgt.
Austausch von Know-how
Das RenovActive House zeigt, dass die Verbindung
von Energieeffizienz, hoher Lebensqualität und
gesundem Wohnumfeld nicht nur dem Neubau
vorbehalten ist, sondern auch durch Modernisie-
rung im Bestand realisierbar ist – und das sogar
nach den Vorgaben des sozialen Wohnungsbaus.
Deshalb dient das RenovActive-Projekt der Woh-
nungsbaugesellschaft Le Foyer Anderlechtois, die
insgesamt 3.600Wohneinheiten in Anderlecht be-
sitzt, als Vorbild für die Modernisierung von zu-
nächst 86 ähnlichen Häusern imWohnviertel Bon
Air. Die hierfür erforderlichen Genehmigungen der
zuständigen Behörden liegen bereits vor und der
Start der Sanierungsarbeiten ist ab Mitte 2017
vorgesehen. Darüber hinaus kann das Konzept
leicht adaptiert werden und ermöglicht dadurch
auch bei knappen Projektbudgets die klimafreund-
liche und gesunde Sanierung von Immobilien.
Das neue, offene
Treppenhaus
erschließt das
Gebäude mit
einer gewendelten
Treppe bis unter
das Dach und
versorgt zudem
die angrenzenden
Räume mit Tages-
licht
Im ehemals ungenutzten Dachboden sorgen
automatische Dachfenster auf beiden Seiten des
Giebels sowie die über dem Treppenhaus positio-
nierte Kombination von zwei direkt nebeneinan-
derliegenden, automatischen Dachfenstern für viel
Tageslicht und frische Luft
Quelle: Velux/Adam Mørk
Quelle: Velux/Adam Mørk
Energieeffizienz und Wohnkomfort schließen sich nicht aus: Um zu zeigen,
dass CO
2
-neutrale Gebäude ohne Einbußen in Bezug auf Komfort und
Wohnqualität errichtet werden können, hat die Velux Gruppe zwischen
2009 und 2012 im Rahmen des europaweiten Model-Home-2020-Projekts
sechs Konzepthäuser sowohl im Neubau als auch im Bestand auf Basis der
Aktivhaus-Prinzipien „Energie, Raumklima und Umwelt“ realisiert. Um die
theoretischen Berechnungen zu überprüfen und herauszufinden, wie die
Häuser im täglichen Betrieb funktionieren, stellten Testfamilien die Gebäude
im Rahmen von wissenschaftlich begleiteten Praxistests über einen Zeitraum
von bis zu zweieinhalb Jahren auf die Probe. In Deutschland war dies das
Licht Aktiv Haus im Rahmen der Hamburger IBA 2013. Hierbei erfassten und
dokumentierten interdisziplinäre Forscherteams aus Architekten, Soziologen
sowie Gebäudetechnikern nicht nur den Gesamtenergieverbrauch und die
Energieproduktion der Gebäude, sondern nahmen darüber hinaus auch die
Raumluft- und Tageslichtqualität der Gebäude genau unter die Lupe – denn
eine gute Energiebilanz allein schafft noch kein gesundes, komfortables Um-
feld für die Nutzer. Nach Abschluss des Model-Home-2020-Projekts arbeitet
der Hersteller von Dachfensterlösungen weiter an Wegen für nachhaltige
und gesunde Gebäude. Aktuellstes Beispiel ist das im Mai 2016 eröffnete
RenovActive House, das in diesem Artikel vorgestellt wird.
HINTERGRUND: MODEL HOME 2020