DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 11/2017 - page 45

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verlegte man bei der Elektroinstallation in den
Wohnungen Niederspannungsleitungen für KNX-
Anwendungen. Dadurch haben die Mieter die
Möglichkeit, über den Einbau von Aktoren ver-
schiedene Anwendungen zu steuern (z. B. automa-
tische Klimafunktion, Rollläden betätigen, Bewe-
gungsmeldung, Anwesenheitserkennung). Diese
Funktionenwerden über ein zentrales Touchpanel
gesteuert, das mit einem Smartphone kommu-
nizieren kann, sodass der Zugriff auf das System
auch von außerhalb der Wohnung möglich ist.
Beheizt wird jede Wohnung über eine moderne,
raumweise regelbare Fußbodenheizung.
Energiekonzept: bi- statt monovalent
Für noch mehr Energieeffizienz hat die WGA ge-
meinsammit den Dresdner Stadtwerken DREWAG
und der Firma Cloud&Heat Technologies ein in-
novatives Konzept zur Wärmeversorgung umge-
setzt. Während üblicherweise für Heizung und
Trinkwarmwasser nur ein Wärmeerzeuger ver-
antwortlich ist, wird das Gebäude hier aus zwei
aufeinander abgestimmten Anlagen versorgt. Die
Grundlast (zentrale Warmwasserversorgung und
ein Teil der Fußbodenheizung) erfolgt durch die
Nutzung von Computerabwärme von insgesamt
20 mit je 17 hochleistungsfähigen Servern aus-
gestatteten Schränken. Diese Datasafes sind feu-
erfest und diebstahlgeschützt in einem separaten
Raum in der Tiefgarage installiert und zu einer
Cloud zusammengeschaltet. Die Rechenleistung
wird Unternehmen und Privatpersonen über das
Internet zur Verfügung gestellt. Die durch den
Betrieb der Server entstehende Abwärme wird
mit einem Temperaturniveau von 55 °C aus den
Serverschränken in den Heizkreislauf des Gebäu-
des geleitet.
Etwa 60% des gesamten Wärmebedarfs können
so bei vollem Ausbau des Rechenzentrums abge-
deckt werden. Erst wenn diese Heizleistung nicht
mehr ausreicht, wird zusätzlich auf Fernwärme aus
hocheffizienter Kraft-Wärme-Kopplung zurück-
gegriffen. Ein gewisser kleiner Anteil Fernwärme
wird ganzjährig zur Aufrechterhaltung der Warm-
wasserqualität (Stichwort Legionellen) ohnehin
benötigt.
Die DREWAG ist Vertragspartner und Wärme-
lieferant gegenüber der WGA, die die Wärme im
Rahmen der Betriebskostenabrechnung an die
Mieter des Hauses weiterverkauft. Die DREWAG
wiederum bezieht einen Teil der Wärme von
Cloud&Heat.
Nicht nur energie-, sondern auch
kosteneffizient
Aus der Nutzung der Serverabwärme resultiert
eine Kosteneinsparung imVergleich zu einer „nor-
malen“ Fernwärmeversorgung. Für die Mieter ist
die Wärme pro kWh rund 10% günstiger als her-
kömmliche Fernwärme. Aus Sicht der DREWAG
stellt sich der Neubau ebenfalls als interessantes
Projekt dar: Für sie ist es ein Versuch im ‚Kleinen‘,
die Wärmeversorgung teilweise zu dekarbonisie-
ren. Das Projekt zeigt, dass sich das Konzept der
bivalenten Wärmeversorgung in der Praxis be-
währt hat.
Auch die WGA ist äußerst zufrieden. Erste tech-
nische Kinderkrankheiten konnten gemeinsam
behoben und die Wärmeversorgung der Mieter
durchgängig sichergestellt werden. Schließlich
war es für die WGA eine Grundvoraussetzung für
die Initiierung des Projekts und die Vernetzung
der beteiligten Partner, dass für die Mieter keine
Risiken, sondern Heizkostensenkungen entste-
hen.
Serverabwärme spart CO
2
ein
Die Idee, mit Servern zu heizen, hat das Dresdner
Unternehmen Cloud & Heat in Zusammenarbeit
mit der Technischen Universität Dresden bereits
2011 entwickelt. Normalerweise befinden sich
Computerserver zentral in großen Rechenzentren
und müssen durch zusätzlichen Energieaufwand
mit Luft gekühlt werden. Die Idee: Cloud&Heat
stellt die Server stattdessen in privaten und ge-
werblichen Immobilien auf und stellt die Abwärme
zumHeizen der Gebäude zur Verfügung. Das spart
Energiekosten und reduziert Umweltbelastungen
– da in Dresden zumBetrieb der Server ausschließ-
lich Ökostrom verwendet wird.
Auch das Unternehmen Cloud&Heat profitiert von
der Kooperation. Die hohe Effizienz des Rechen-
zentrums in der Wallotstraße liegt hauptsäch-
lich in der Wasserkühlung und dem Verzicht auf
jegliche Kälteanlagen begründet. Jede erzeugte
Kilowattstunde Strom bringt laut den Emissi-
onsfaktoren 2014 vom Bundesumweltamt
1
eine
CO
2
-Emission von 0,569 kgmit sich. Das Rechen-
zentrum im Keller der Wohnanlage – mit der
Anlagenschema des
Heizsystems, das die WGA
zusammen mit zwei Partnern in
ihrem Neubau in der Dresdner
Wallotstraße errichtete
Quelle: Cloud&Heat
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