Die Wohnungswirtschaft 9/2017 - page 69

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ken vorgetragen. Offenbar zu Unrecht. „Am Ende
kamen 90%des Kapitals für das Projekt aus der Re-
gion Schwerin“, sagt Simon Brunke, Vorstand und
Mitgründer der CrowdinvestingplattformEXPORO.
Nach nur zwei Tagen konnte die Summe eingesam-
melt werden. Der Großteil der Investoren hat sogar
die maximal mögliche Summe von 10.000 € pro
Person gezeichnet. „Kritik kam anschließend von
vielen Investoren, die die kurze Zeichnungsfrist
bemängeltem“, so Köchig. Das Beispiel könne
Schule machen. Köchig hält das Modell für unein-
geschränkt alltagstauglich.
„Die Vorteile einer Crowdfinanzierung sind vor al-
lem die unbürokratische und schnelle Bereitstel-
lung von Kapital“, so Brunke weiter. Der Maximal-
betrag, den eine Crowdfinanzierung bereitstellen
kann, wird durch das Kleinanlegerschutzgesetz
auf 2,5Mio. € begrenzt. Die Branche arbeite aber
intensiv daran, dass auch höhere Beträge möglich
sein sollen. „Der Kapitalanlagebedarf ist ungebro-
chen hoch. Der Großteil unserer Projekte wird in-
nerhalb von Stunden platziert“, resümiert Brunke.
Aufklärungspotenzial
Seitens des GdW ist man noch etwas skeptisch.
Auf Anfrage ließ der GdW verlauten, dass Woh-
nungsunternehmen im Normalfall ihre Investi-
tionen über die bekannten Finanzierungswege
durchführen sollten. Im Einzelfall könne es aber
durchaus Gründe geben, alternative Wege für
die Finanzierung zu suchen. Dies sollte aber mit
größtmöglicher Sicherheit für Anleger und Un-
ternehmen geschehen und dürfe die nachhaltige
Handlungsweise der Unternehmen nicht beein-
flussen.
Bei Wohnungsgesellschaften oder -genossen-
schaften besteht offenbar noch Aufklärungsbe-
darf. Vor allem die Genossenschaften in nach-
fragestarken Regionen wie Berlin oder Hamburg
habenmit Finanzierungen keine Probleme, da ihre
Leerstandsquoten, bis auf die übliche Fluktuati-
on, gen null tendieren. „Für etablierteWohnungs-
baugenossenschaften, ist es zurzeit in Berlin kein
Problem, eine Finanzierung für einen Neubau oder
eine Modernisierung zu bekommen. Alternative
Finanzierungen sind für uns aktuell deshalb kein
Thema“, so Monika Neugebauer von der Berliner
Bau- undWohnungsgenossenschaft von 1892 eG.
Allerdings könnte für kleinere Genossenschaften
in ländlichen Regionen die alternative Finanzie-
rung durchaus eine größere Rolle spielen, so Neu-
gebauer weiter.
Jenseits der großen Top-Städte beobachtet man
den Markt sehr genau, geht aber derzeit noch
den klassischen Weg der Ausgabe neuer Genos-
senschaftsanteile. So auch bei der Gemeinnützi-
ge Siedlungs- und Wohnungsbaugenossenschaft
Senne eG aus Bielefeld (GSWG-Senne). Die Ge-
nossenschaft versucht neues Kapital derzeit über
die Mitgliederwerbung zu akquirieren. Der Markt
alternativer Finanzierungenwerde zwar genau be-
obachtet, man gehe derzeit aber lieber noch den
klassischen Weg der Genossenschaften.
Bei jungenWohnungsgenossenschaften hingegen
könnte der Bedarf größer sein. Sie hatten in der
Vergangenheit durchaus Probleme bei der klas-
sischen Bankenfinanzierung von Projekten. Wie
zuletzt die 2009 gegründeteMöckernkiez Genos-
senschaft für selbstverwaltetes, soziales und öko-
logisches Wohnen eG. Die Genossenschaft wollte
auf einemBaufeld in Berlin-Kreuzberg das Viertel
Möckernkiezmit rund 450Wohnungen bauen und
bewirtschaften. ImHerbst 2014wurde das Projekt
gestoppt. ImSommer 2016 begann sie wieder mit
dem Bau des Projekts.
Fazit
Genossenschaften gelten aufgrund ihrer Historie,
ihres Zwecks und ihrer regelmäßigen Prüfung als
krisensicherer und solide finanzierte Institutio-
nen. Die Entwicklungen amMarkt der alternativen
Finanzierungen verdeutlichen, dass Wohnungs-
unternehmen in Ost- und Westdeutschland – wie
viele Projektentwickler auch – für eine Diversifi-
kation bei der Finanzierung sorgen können. Das
Beispiel aus Schwerin zeigt, dass, neben der Fi-
nanzierung, die Bürgerbeteiligung ein positiver
Nebeneffekt sein kann. Schließlich ist es neben
einer attraktiven Rendite auch für Bewohner der
Stadt attraktiv, auch etwas für die Entwicklung
des eigenen Wohnstandorts zu leisten.
(v. l.): WGS-Geschäftsführer
Thomas nahm gemeinsam
mit demWGS-Aufsichtsrats-
vorsitzenden Meslien
symbolisch den Schlüssel
der Neubrandenburger Str. 1
von Bauleiter Kästner
entgegen
13 Monate lang wurde der
5-Geschosser in der Neubranden-
burger Straße in Schwerin intensiv
saniert und modernisiert. Das
aus dem Jahr 1977 stammende
Gebäude ist heute kaum wieder-
zuerkennen
Quelle: WGS
Quelle: WGS, Foto: Maxpress
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