Die Wohnungswirtschaft 9/2017 - page 17

Soziologen konkrete Vorschläge für die beiden
Quartiere erarbeiteten. Kernfragen waren: Was
sind Grundvoraussetzungen für gelungene Integ-
ration, welche Elementemüssen dafür imQuartier
geschaffen werden und was sind notwendige An-
gebote? Für den öffentlichen Raum sollten Wege
aufgezeigt werden, wie Integration begünstigt und
die Teilnahme aller Menschen z. B. durch Barriere-
freiheit sichergestellt werden kann.
„Der Prozess des Projekts ,Glückauf Nachbarn´
stellt etwas ganz Besonderes dar: Wir verbinden
hier eine theoretische Thesenentwicklung mit
dem konkreten Planen. Das ist ein einmaliges Ex-
periment. Ich kenne auch international keinen an-
deren Prozess, der eine solche Allianz aus Exper-
tenwissen und planerischer Konzeption verfolgt“,
sagt Prof. Christa Reicher, Leiterin des Fachgebiets
Städtebau, Stadtgestaltung und Bauleitplanung
der TU Dortmund. Prof. Reicher begleitet das
Projekt eng und gehörte auch dem Gremium der
vorgeschalteten „Denkfabrik“ an. Zudem seien in
der Planungsphase mit Duisburg-Vierlinden und
Friedrich-Heinrich in Kamp-Lintfort zwei sehr un-
terschiedliche Quartieremit eigenen Herausforde-
rungen betrachtet worden, die repräsentativ für
viele Quartiere im Ruhrgebiet seien. „Wir wollen
prozesshaft zeigen, wie man bestimmte Themen
angehen kann und welche Managementansätze
es gibt, die sich auch umsetzen und auf andere
Quartiere übertragen lassen“, betont sie.
Beteiligung der Bewohner
Begonnen hatte die konkrete Arbeit an denModel-
lenmit einer zweitägigenWerkstatt, in der die Pla-
nungsteams sich mit den Experten der Denkfabrik
sowie mit Vertretern der Städte zu den Aspekten
Wohnen, Bildung, Freizeit, Nahversorgung und
lokale Ökonomie austauschen konnten. Auch die
Bewohner der Quartiere wurden einbezogen.
Vorgestellt wurden von den vier Teams ein großer
Strauß visionärer Ideen, aber auch sehr praktische
Vorschläge für dieWeiterentwicklung der Quartie-
re. Dazu gehören ein Umbau von Teilen des Woh-
nungsbestands und ein kostengünstiger Neubau
mit einer besonderen Anordnung der Häuser, die
die Kommunikation unter Nachbarn fördern soll,
ebenso wie spezielle Formen der Mobilität etwa
durch einen „Fahrradrollatorsuperhighway“ oder
„multifunktionale Orte des Arbeitens, Wohnen
und der Gemeinschaft“. An vielen Stellen schwebt
den Planern eine Aufhebung der klassischen Tren-
nung von Wohnen und Arbeiten vor. Kleinere Ge-
werbeeinheiten sollen stärker als bisher in den
Wohnbereich integriert werden.
Vorschläge für Duisburg-Vierlinden
Das TeamRaum&Kommunikation ausWien stellte
die Modellentwicklung für das Duisburger Quar-
tier unter das Motto „Kosmos Vierlinden“ – eine
„Gemeinschaft aus der Grube“ soll auf Basis der
Bergarbeiter-Geschichte der Siedlung eine neue
Identität entwickeln. Ein gemischtes Wohnan-
gebot, eine vielfältige Schulinfrastruktur sowie
preiswerte, wohngebietsbezogene Angebote sind
Voraussetzungen des Modells. Das Quartier soll
auch ein Ort für die Freizeit sein. Die Bewohner
müssen ihr Ziel in der Siedlung über kurze Wege
erreichen. Weiter soll öffentlicher Raum vielfäl-
tig nutzbar sein und ein Stadtteilmanagement die
Quartiersentwicklung koordinieren. Zusätzlich
schlägt das Team kleinteilige Begegnungszonen
als Stätte der Nachbarschaften vor, aber auch
„Experimentier-Räume“ und Orte des Austauschs
und des Kennenlernens. Zu den Ideen gehört der
Neubau von barrierefreien Wohntypen auch als
Senioren-Wohngemeinschaften, die Errichtung
eines Stadtteilzentrums inklusiveGesundheitswe-
sen, eines Cafés und einer Gemeinschaftsküche.
Weiter gehören die Entwicklung von Mietergärten
undGemeinschaftsflächen und ein „Kosmos-Platz“
als Spiel- undBegegnungsbereich für dieNachbar-
schaft zum Konzept.
Die Arbeit des Berliner Planungsteams Teleinter-
netcafe für Vierlinden steht unter demMotto
Stadt- und Quartiersentwicklung:
Prof. Christa Reicher, TU Dortmund
Soziologie:
Prof. Dr. Rolf G. Heinze, Ruhr-Universität Bochum
Bildung:
Prof. Dr. Veronika Fischer, Hochschule Düsseldorf
Lokale Ökonomie:
Dr. Stefan Gärtner, Institut Arbeit und Technik, Gelsenkirchen
Integration:
Serap Güler, Integrationsausschuss des Landtages Nordrhein-Westfalen
Flüchtlingsthematik:
Birgit Naujoks, Flüchtlingsrat Nordrhein-Westfalen e.V.
Raum & Kommunikation GmbH
, Wien (A)
Teleinternetcafe GbR
, Berlin
De Zwarte Hond
, Köln/Rotterdam/Groningen (NL)
Schulze+Grassov ApS
, Frederiksberg C (Dk)
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