Die Wohnungswirtschaft 9/2017 - page 14

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Initiativen wie die Arbeitsgemeinschaft für Deutsch-Ausländische Zusammenarbeit
helfen Migranten – sie bringt Migranten aus mehr als 50 Nationen zusammen
Der junge Multikulti-Stadtteil mit den günstigen
Mieten ist heute nicht mehr verpönt
„Q 8“ ist ein Projekt, in dem ein ehrenamtlicher Einkaufsservice für bedürftige oder
wenig mobile Senioren, Kranke oder Alleinerziehende organisiert wird
reichen. „Hier war nochmehr und anderes nötig“,
sagt Schneeweiß.
Viele soziale Initiativen für Mieter
Rings umdas Zentrumgibt es eine Reihe verglaster
Pavillons an den Häusern und kleine, freistehende
Ladenbauten. Einige sind als Geschäfte vermietet,
viele hat Vonovia aber an Vereine und Initiativen
gegeben, die nur die Betriebskosten zahlen.
Da gibt es das Stadtteilbüro, geleitet von den
Sozialarbeiterinnen Martina Stahl und Beatrice
Roggenbach. Letztere organisiert auch das Projekt
„Q 8“, ein ehrenamtlicher Einkaufsservice für be-
dürftige oder wenigmobile Senioren, Kranke oder
Alleinerziehende. Nebenan imPavillon der Arbei-
terwohlfahrt koordiniert Christiane Seeburg das
Projekt „Augen auf“, ein ehrenamtlicher Besuchs-
dienst für Senioren. „Viele brauchen Unterstüt-
zung, ziehen sich aber zugleich zurück, da wollen
wir helfen. Dieses auchmit einer Telefonkette, mit
der die Senioren regelmäßig von Vertrauensper-
sonen angerufen werden.“
Andere Initiativen helfen Migranten, so die Ar-
beitsgemeinschaft für Deutsch-Ausländische Zu-
sammenarbeit, die ihre Begegnungsstätte derzeit
imCesar-Klein-Ring 40 hat. Sie bringt Migranten
aus mehr als 50 Nationen zusammen. Aber auch
noch viele andere setzen sich für den Stadtteil
ein: Der gemeinnützige Bildungsträger Alraune
vermittelt Arbeitslose in Tätigkeitsfelder wie Kü-
che, Reinigung und Hauswirtschaft, der Verein
Nordlicht unterstützt Jugendliche bei ihrer Suche
nach einer Ausbildungs- und Arbeitsstelle. Und
das Stadtteil-Café in einem der Pavillons ist ein
Vereinsbetrieb mit Niedrigpreisen, der ohne Zu-
schüsse zumachen müsste. Eine absolute (nicht
subventionierte) Oase ist auch das Tanzwerk Ham-
burg vor dem Einkaufszentrum, insbesondere für
Kinder eine wichtige Anlaufstelle.
Silke Loose, als Bewirtschafterin für die Vermie-
tung der Vonovia-Wohnungen zuständig und als
gute Fee Ansprechpartnerin für alle und alles, was
hier passiert: „Wir haben hier ein dichtes und funk-
tionierendes Nachbarschaftsnetz mit viel gegen-
seitiger Hilfe geschaffen.“ Für gute Nachbarschaft
sorgen auch Aktionen wie „Stiefmütterchen für
alleMieter“ imFrühling, bei der Vonovia jedes Jahr
Blumen verteilt, oder die Veranstaltung „Lichtge-
stalten“, bei der Steilshooper geehrt wurden, die
besonders aktiv im Viertel sind.
Und die Objektbetreuer fühlen sich nicht nur für
das Funktionieren der Technik zuständig, sondern
vermitteln auch zwischen den Nachbarn bei Strei-
tigkeiten. Denn die Gemüter erhitzen sich hier und
da. Die Jeder-kennt-jeden-Verbundenheit fordert
auch zu direkter Demokratie auf. „Viele wollen hier
bei Projekten mitreden und mitbestimmen“, sagt
Silke Loose. „Das wird dann schnell politisch und
knallt auch schon mal, was mitunter viel Zeit und
Energie kostet.“
Ausblick für den Stadtteil
Auf jeden Fall sei sicher, dass die Bewohner jetzt
mehr und mehr Vertrauen darin haben, dass ihr
Stadtteil sich zumGuten entwickelt. Vieles wurde
bereits erreicht: „Leerstand gibt es kaum noch“,
sagt Stefan Schneeweiß, der junge Multikulti-
Stadtteil mit den günstigenMieten sei heute nicht
mehr verpönt. „Es ziehen auch wieder Leute her,
die lange nicht gekommen sind.“
Mit gutemGrund. Das Viertel bietet mehr Vielfalt
und Wohnungsqualität, als den meisten Hambur-
gern bekannt sein dürfte. Die Wohnungsgrößen
reichen von 35 bis 125 m
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, es gibt Maisonette-
wohnungen, große Dachterrassen, viele Woh-
nungen mit Gärten und mit außergewöhnlichen
Grundrissen. In nächster Umgebung lassen sich
viel Grün, Ruhe und Erholung finden und laut Kri-
minalitätsstatistik wohnt man hier sicherer als in
manch` noblem Hamburger Stadtteil.
Eine bessere Verkehrsanbindung ist immerhin in
Sicht: In zehn Jahren soll ein U-Bahn-Anschluss
bekommen, der die umständlichen Busverbindun-
gen ergänzt.
STÄDTEBAU UND STADTENTWICKLUNG
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