DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 1/2017 - page 11

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dies der wohnungswirtschaftlichen und sozialwis-
senschaftlichen Theorie, räumt Susanne Jeske ein.
Doch angesichts derwachsendenZahl dieserMieter
habe es keine andere Möglichkeit gegeben, sagt
die Leiterin Soziale Dienste bei der NEUWOGES.
Und tatsächlich ist das Konzept aufgegangen: Kein
ausrangiertes Sofa steht herum, keine Graffiti sind
zu entdecken, und dieWohnqualität, so versichern
die Projektverantwortlichen, hat sich deutlich er-
höht. „Früher gab es jeden zweiten Abend einen
Polizeieinsatz“, erinnert sich Susanne Jeske. „Jetzt
kann man auch um 20 Uhr gefahrlos hier vorbei-
gehen.“ Auch sonst scheint sich viel geändert zu
haben: Früher, erzählt Jeske, sei nicht selten Müll
vom Balkon geworfen worden. Als aber kürzlich
Bauarbeiter auf dem Balkon geraucht hätten und
die Kippen imVorgarten gelandet seien, habe sofort
ein Mieter angerufen und sich beschwert.
„Eine Art Ersatzfamilie“
Ein Wunder? Das wohl nicht, sondern eher das
Ergebnis kontinuierlicher Arbeit. Wesentlich
daran beteiligt ist der Arbeiter-Samariter-Bund
(ASB), mit dem die NEUWOGES eine Kooperati-
onsvereinbarung abgeschlossen hat. „In einem so
großen Haus gibt es immer Konflikte“, sagt Frank
Brehe, Geschäftsführer des ASBNeubrandenburg/
Mecklenburg-Strelitz. Deshalb stelle sich die Auf-
gabe, diese Konflikte zu schlichten und eine Lösung
herbeizuführen. Dabei hilft der Bewohnertreff, der
vom ASB betrieben wird und sich in den Räumen
einer ehemaligen Apotheke befindet. Zum Ange-
bot zählen neben demgroßen Gemeinschaftsraum
auch ein Besprechungszimmer für vertrauliche Ge-
spräche, ein Raum, in den sich Eltern mit kleinen
Kindern zurückziehen können, und eineWaschma-
schine, die gerne genutzt wird, da sich vieleMieter
keine eigene Waschmaschine leisten können oder
wollen. „Der Bewohnertreff ist für viele eine Art
Ersatzfamilie“, sagt Susanne Jeske.
Der Vereinsamung entgegenwirkt auch der eben-
falls vomASB getragene Kinder- und Jugendtreff
Konnex, der nachmittags offen steht und ebenfalls
rege frequentiert wird. Eine Tischtennisplatte gibt
es, Computer und Spiele – und vor allem das
Das 11- bis 14-geschossige Wohnensemble in
der Südstadt von Neubrandenburg beherbergt
ein Sozialprojekt, das nach Ansicht der Jury des
Preises Soziale Stadt vorbildlich ist
Quelle aller Fotos: NEUWOGES
Im Zuge von baulichen Maßnahmen entstand ein Bolzplatz, der zur Integration beiträgt
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