DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 12/2016 - page 12

STÄDTEBAU UND STADTENTWICKLUNG
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12|2016
unterstützten das Zusammenleben von Flücht-
lingen und Nachbarn. Der Nachbarschaftsverein
Augusta-Gustavstraße e. V. (NBV), der seit jeher
in der sozialen Quartiersbetreuung aktiv ist, bietet
einen Anlaufpunkt für die neuen Bewohner und
gibt erste Orientierungshilfen sowie Unterstüt-
zung bei Behördengängen und Sprachkursen. Die
ansässigen Schulen unterstützen den Verein mit
Räumlichkeiten und Personal.
Wichtige Rolle des ehrenamtlichen
Engagements
Ergänzend dazu leistet das Centrum für Bürger-
schaftliches Engagement e. V. (CBE) einen wich-
tigen Beitrag als Ehrenamtskoordinator. „Viele
Bürger wollen sich in der Sprachförderung und
in der Alltagsbegleitung engagieren, hatten aber
Angst, sich zeitlich, inhaltlich oder mental zu
überfordern“, erklärt Lennermann. Das CBE gibt
den Ehrenamtlichen durch regelmäßige Treffen
den nötigen Rückhalt. Unter seinemDachwurden
eine Reihe von Angeboten geschaffen, eine Fahr-
radwerkstatt und zwei sog. Talentwerkstätten, in
denen Ehrenamtliche Flüchtlingen das anbieten,
was sie am besten können. Es gibt Kochkurse,
Musik- und Handarbeitsgruppen, einen Gemein-
schaftsgarten, eine Kinder- und Jugendfreizeit für
Bewohner und Flüchtlinge und einen Bolzplatz.
Wenn dafür Räume benötigt werden, vermietet
sie die SWB günstig an das CBE.
Für begleitende Angebote wie Behörden- und
Arztgänge, Sozial- und Rechtsfragen sowie
Sprachkurse engagieren sich auch Ehrenamtliche
aus Sozialverbänden wie der Caritas und diversen
Vereinen. Die Angebote richten sich ausdrücklich
an alle Bewohner. „Damit haben wir die Voraus-
setzung geschaffen, dass sich die Menschen über
kulturelle Grenzen hinweg kennen lernen. So ent-
wickeln sich Strukturen, die den Nachbarschaften
gut tun, denn alle Beteiligten profitieren von den
neuen Angeboten und Netzwerken“, erklärt Len-
nermann.
Es gibt noch eine weitere positiveWirkung: „Durch
die Übernahme von Verantwortung u. a. durch
Das „Wir“ gewinnt! So würdigte
die Jury des Preis Soziale
Stadt auch das beispielhafte
Zusammenspiel von Flüchtlings-
unterbringung und integrierter
Quartiersentwicklung sowie das
gemeinschaftliche Agieren der
SWB mit Sozial- und Nachbar-
schaftsvereinen
Weitere Informationen:
un
d
Neubau und Sanierung
Energie und Technik
Rechtssprechung
Haufe Gruppe
Markt undManagement
Stadtbauund Stadtentwicklung
Ehrenamtliche erfährt die Stadtgesellschaft eine
neue Art von gelebter Willkommenskultur. Die eh-
renamtlich Engagierten fühlen sich gemeinsam für
das Gelingen verantwortlich und tragen dazu bei,
dies in die Nachbarschaften hineinzutransportie-
ren.“ Als Mittler zwischen den Asylsuchenden und
den Bewohnern stellt die SWB zwei Integrations-
lotsen zur Verfügung, die selbst einen syrischen
und türkischenMigrationshintergrund haben und
somit sprachliche wie kulturelle Schwierigkeiten
meistern können.
Für den nächsten Schritt, die dezentrale Unter-
bringung der Flüchtlinge, stellte das Wohnungs-
unternehmen rund 120Wohnungen, die imganzen
Mülheimer Stadtgebiet verstreut liegen, zur Ver-
fügung. „Wir haben ganz bewusst auch die sozial
stabileren Quartiere mit der gesellschaftlichen
Herausforderung konfrontiert“, sagt Lennermann.
Inzwischen wohnen 115 Asylsuchende mit eige-
nem Mietvertrag bei der SWB.
Potenzial für Objekt- und
Quartiersentwicklung
Bei der SWB hat die neue Nachfragergruppe zu
einer Verringerung der Leerstände geführt, Wohn-
gebäude wurdenmodernisiert, Quartiere neu be-
lebt. Die menschenwürdige Unterbringung, eine
frühzeitige Sensibilisierung der Anwohner und
verlässliche ehrenamtliche Strukturen haben dazu
geführt, dass ein Klima der Willkommenskultur
entstanden sei, zieht SWB-Geschäftsführer Len-
nermann ein Fazit. „Die Asylsuchenden werden
als Bereicherung empfunden und aus möglichen
Vorurteilen werden positive gelebte Erfahrun-
gen. Der gelungene Ansatz zur Integration von
geflüchtetenMenschen bietet die Chance, lebens-
und liebenswerte Quartiere zu entwickeln. Alle
Beteiligten haben sich vor diesem Hintergrund
entschlossen, diesenWeg weiterzugehen und an-
forderungsgerecht weiterzuentwickeln.“
Auch die Jury des Preis Soziale Stadt (siehe DW
8/2016, S. 8) würdigte das beispielhafte Zu-
sammenspiel von Flüchtlingsunterbringung und
integrierter Quartiersentwicklung: „Das hier
arbeitende Netzwerk von Bürgern, Vereinen,
Kirchengemeinden, Verwaltungseinrichtungen,
Wohnungsgesellschaften demonstriert, dass
Stadtentwicklung Gemeinschaftsarbeit ist. Be-
merkenswert und preiswürdig ist es, die Unter-
bringung von Flüchtlingen nicht vornehmlich als
Belastung zu sehen, sondern als ein Entwicklungs-
potenzial für den Stadtteil.“
„Das hier arbeitende Netzwerk von Bürgern, Vereinen, Kirchengemeinden,
Verwaltungseinrichtungen, Wohnungsgesellschaften demonstriert, dass Stadt-
entwicklung Gemeinschaftsarbeit ist. Bemerkenswert und preiswürdig ist es,
die Unterbringung von Flüchtlingen nicht vornehmlich als Belastung zu sehen,
sondern als ein Entwicklungspotenzial für den Stadtteil.“
Jury Preis Soziale Stadt
Quelle: SWB/PR-Fotografie Köhring
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