STÄDTEBAU UND STADTENTWICKLUNG
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3|2016
Straße in Mitte vor einem riesigen Plattenbaurie-
gel rund 200Wohneinheiten errichten – und auch
hier ist Fingerspitzengefühl gefragt, da dafür die
jetzigen Autostellplätze wegfallen werden. „Das
ist eine für Berlin typische Situation“, sagt Se-
natsbaudirektorin Regula Lüscher. „Solche Grund-
stücke sind stille Reserven, und diese wollen wir
jetzt heben.“ Damit den bisherigen Mietern nicht
einfach ein weiterer Riegel vor die Nase gesetzt
wird, hat die in einem Realisierungswettbewerb
ausgewählte Arbeitsgemeinschaft von Love ar-
chitecture und Architektur Consult aus Graz einen
3-geschossigen Flachbau entworfen, der durch
ein 12-geschossiges Punkthochhaus ergänzt wird.
Hinzu kommt eine Tiefgarage mit 150 Stellplät-
zen. Im Flachbau wird es neben Wohnungen auch
gewerbliche Nutzungen geben. Damit berücksich-
tigt dieWBMdie nicht ganz einfache Lage des Bau-
grundstücks. Denn zum einen ist die Köpenicker
Straße viel befahren und entsprechend laut, zum
anderen gibt es imUmfeldmehrere Clubs, „aus de-
nen am Wochenende die Party-People strömen“,
wie WBM-Geschäftsführerin Christina Geib sagt.
Durch den ergänzenden Neubau entsteht nach
ihren Worten eine Hofsituation, die auch den bis-
herigen Mietern zugutekommt.
Renaissance des Laubengangs
Das vielleicht spannendste Projekt realisiert die
STADT UND LANDWohnbauten-Gesellschaft mbH
in Berlin-Neukölln auf einem Grundstück in der
Briesestraße, auf dem derzeit noch ein Parkhaus
steht. Imursprünglichen Urban-Living-Verfahren
war geplant, dieses Parkhaus aufzustocken und
einer Wohnnutzung zuzuführen. Das habe sich
nicht umsetzen lassen, sagt Senatsbaudirektorin
Lüscher. Stattdessen sieht der aus einem Reali-
sierungswettbewerb hervorgegangene Entwurf
von EM2N Architekten aus Zürich den Abriss des
Parkhauses und den Neubau eines Ensembles mit
gut hundert Wohnungen vor, das zwischen einer
offenen 1970er-Jahre-Bebauung und einem ge-
schlossenen Blockrand vermitteln soll.
Innovativ ist dabei zum einen die äußere Gestal-
tung, die von industriell anmutenden Materialien
wie Beton und Trapezblech geprägt ist. Zumande-
ren wagt sich die STADT UND LAND an innovative
Wohnformen, die man ansonsten eher von (ei-
gentumsorientierten) Baugruppen kennt: Neben
75 konventionellen 1- bis 4-Zimmer-Wohnungen
entstehen auch 18 Atelierwohnungen, die eine
Kombination aus Wohnen und Arbeiten ermög-
lichen, sowie sieben Gemeinschaftswohnungen.
Dabei handelt es sich um kleine Einheiten, die
durch gemeinschaftlich nutzbare Flächen ergänzt
werden. „Das gemeinschaftlicheWohnen steht im
Vordergrund“, nennt STADT-UND-LAND-Projekt-
leiterin Neubau Ute Sprickmann-Kerkerinck das
zentrale Anliegen des Projekts. Unterstrichenwird
dieser Ansatz durch die Laubengangerschließung.
Diese soll nicht nur die Gemeinschaft unter den
Mietern fördern, sondern auch helfen, die Kosten
in Grenzen zu halten. „Dank der Laubengänge“,
erläutert Sprickmann-Kerkerinck, „können wir
hundert Wohnungen über drei Treppenhäuser
und drei Aufzüge erschließen.“ Eine weitere Kos-
tensenkung ergibt sich daraus, dass die Gemein-
schafts- und Atelierwohnungen in veredeltem
Rohbau vermietet; die Mieter müssen selbst die
Wände streichen und den Fußboden verlegen.
Und die Baukosten?
Auf die Frage, wie hoch die Baukosten sein wer-
den, halten sich die Unternehmen noch zurück.
Eine konkrete Zahl nennt einzig die Gesobau: max.
1.700 €/m2 für das Projekt in der Langhansstraße.
Die Mieten der frei finanzierten Wohnungen sol-
len bei allen vier Projekten imDurchschnitt unter
10 €/m2 liegen. 30% der Einheiten werden öf-
fentlich gefördert. Noch offen ist, welche der nun
in die Realisierung gehenden Ansätze künftig in
großem Stil umgesetzt werden. Es handle sich
hier um einen Entwicklungsprozess, betont die
Senatsbaudirektorin: „Wir wollen ausprobieren,
was funktioniert.“
Eine für Berlin typische Situation zeigt sich
in der Köpenicker Straße in Berlin-Mitte:
Der langgestreckte Plattenbauriegel soll
durch einen 3-geschossigen Flachbau
und ein 12-geschossiges Punkthochhaus
ergänzt werden
Quelle: H.-J. Wuthenow
STADT UND LAND:
Neues Wohnen an der
Briesestraße (Neukölln), ca. 100 Wohnun-
gen, Baubeginn 2016, Architektur: EM2N
Architekten, Zürich.
WBM:
Köpenicker Straße (Mitte),ca.
200 Wohnungen, Fertigstellung 2018,
Architektur: Love architecture/Architektur
Consult, Graz.
GESOBAU:
Wohnhaus an der Langhans-
straße (Weißensee), ca. 40 Wohn- und
Gewerbeeinheiten, Baubeginn Mitte 2016,
Architektur: Bollinger + Fehlig Architekten,
Berlin.
Gewobag:
Meraner Straße/Am Mühlenberg
(Schöneberg), ca. 200-240 Wohnungen,
Baubeginn 2018/19, Architektur: 03 Archi-
tekten, München.
DIE PROJEKTE
Weitere Informationen:
stadtentwicklung.berlin.de
,
wbm.de
,
stadtundland.de
,
gewobag.de
und
gesobau.de
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