DIE_WOHNUNGSWIRTSCHAFT 06/2016 - page 56

MARKT UND MANAGEMENT
54
6|2016
Dieser Artikel stellt die Auswirkungen der Niedrig-
zinsphase auf die Kostenmiete bei der Umsetzung
von Anschlussfinanzierungen dar und zeigt Stra-
tegien zur Ergebnisoptimierung von Anschluss-
finanzierungen unter Einhaltung der kostenmiet-
rechtlichen Bestimmungen auf.
Der Kostenmiete unterliegende
Wohnungsbestände
Der Geltungsbereich der Kostenmiete ergibt sich
aus § 1 Wohnungsbindungsgesetz (WoBindG)
i. V. m. § 50Wohnraumförderungsgesetz (WoFG).
Danach unterliegen alle bis zum 31. Dezember
2001 mit öffentlichen Mitteln geförderten Woh-
nungen demWoBindG und damit dem bisherigem
Kostenmietsystem, sofern sie nicht durch landes-
rechtliche Regelungenwie z. B. in Baden-Württem-
berg und Schleswig-Holstein aufgehoben und in
ein Vergleichsmietsystem überführt worden sind.
Damit unterliegt nur der Altbestand an Sozialwoh-
nungen noch der traditionellen Kostenmiete.
Alle Wohnungen, die nach Inkrafttreten des
Wohnraumförderungsgesetzes zum 1. Januar
2002 mit öffentlichen Baudarlehen gefördert
wurden, unterliegen nicht mehr der Kostenmie-
te, sondern demneuen Förderrecht gemäßWoFG
bzw. den spezifischen landesrechtlichen Förder-
regelungen.
Grundsätze der Ermittlung der Kostenmiete
Die Kostenmiete ist derjenige Mietbetrag, der zur
Deckung der laufenden Aufwendungen der Woh-
nung für den Vermieter erforderlich ist. Sie setzt
sich als preisrechtlich zulässiges Entgelt aus der
Einzelmiete sowie den Umlagen, Zuschlägen und
Vergütungen zusammen.
Sofern sich die laufenden Aufwendungen im
Zeitablauf ändern, tritt die neu ermittelte Durch-
schnittsmiete an die Stelle der bisherigen Miete.
Änderungen können sowohl Erhöhungen als auch
Verminderungen sein. Bei einer Erhöhung der
laufenden Aufwendungen sind diese jedoch nur
dann zu berücksichtigen, wenn die Erhöhung der
laufenden Aufwendungen auf Umständen beruht,
die der Vermieter nicht zu vertreten hat.
Desweiteren ist der Einfrierungsgrundsatz der
Kostenmiete zu beachten. Wertänderungen im
Zeitablauf z. B. durch gestiegene Werte des Bau-
grundstückes sowie des Gebäudes bleiben gänz-
lich unberücksichtigt. Durch die vorgeschriebene
Übernahme der ursprünglichen Gesamtherstel-
lungskosten in die späteren Berechnungenwerden
die ursprünglichen Ansätze quasi für die Zukunft
zementiert.
Änderung der Kapitalkosten
Hat sich der Zinssatz für ein Kapitalmarktdarle-
hen z. B. nach Ablauf einer Zinsfestschreibung
geändert, so ist bei Fortbestehen des bisherigen
Darlehens und Prolongation der geänderte Zinssatz
anzuwenden. Die neuen Kapitalkosten in derWirt-
schaftlichkeitsberechnung (WB) ergeben sich aus
dem neuen Zinssatz bezogen auf den Ursprungs-
bzw. Nominalbetrag des (Alt-)Darlehens.
Wird anstatt einer Prolongation alternativ eine
Umfinanzierung realisiert, und zwar dergestalt,
dass das bisherige Kapitalmarktdarlehen durch
ein anderes Darlehen ersetzt wird, so wird bei
einem üblichen Tilgungsdarlehen das bisherige
Fremdfinanzierungsmittel aufgeteilt in zwei Fi-
nanzierungsmittel. Während der bereits getilg-
te Betrag mit dem alten Zinssatz des bisherigen
Darlehens in der Wirtschaftlichkeitsberechnung
bestehen bleibt, ist der verbleibende Restbetrag
als weiteres neues Finanzierungsmittel mit dem
neuen Zinssatz zu gewichten.
Bei Ersetzung eines Finanzierungsmittels als
Tilgungsdarlehen durch eigene Mittel des Bau-
herrn ist der zurückgeführte Restschuldbetrag
als zusätzliche Eigenmittel mit einer Verzinsung
mit bis zu 6,5% anzusetzen. Sofern der Anteil der
Eigenmittel 15,0%der Gesamtkosten jedoch noch
nicht erreicht hat, ist eine Begrenzung auf 4,0%
zu beachten.
Vorzeitige Rückzahlung von öffentlichen
Mitteln
Die Effektivverzinsung von öffentlich geförderten
Baudarlehen liegt häufig über der aktuell am Ka-
pitalmarkt für längerfristige Hypothekendarlehen
erreichbaren Verzinsung. Auch wenn eine Nach-
wirkungsfrist der öffentlichen Belegungs- und
Mietpreisbindung nach vorzeitiger Ablösung für
zehn Jahre fortbesteht, kann eine vorzeitige Rück-
führung dieser Mittel aus betriebswirtschaftlicher
Sicht sinnvoll sein. Neben der Möglichkeit einer
zumindest zinsneutralen Anschlussfinanzierung
eröffnet eine frühere Entlassung aus der Kosten-
mietbindung künftige Marktchancen.
Bilanz- und Steuerwissen –
Aktuelles aus den Prüfungsorganisationen des GdW
Kostenmiete und Niedrigzinsphase –
Was ist bei Umfinanzierungen zu beachten?
Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) zur Stabilisierung der Finanzmärkte hat dazu geführt,
dass das Zinsniveau für die in der Wohnungswirtschaft üblichen langfristigen Hypothekar- und Immobilien-
kredite kontinuierlich zurückgeht. Diese positive Entwicklung kann aber zu ungewollten Ergebnisbelastun-
gen führen, wenn die Wirkung der besonderen Kostenmietsystematik außer Acht gelassen wird.
WP/StB Richard Engbert
VdW Rheinland Westfalen
Düsseldorf
1...,46,47,48,49,50,51,52,53,54,55 57,58,59,60,61,62,63,64,65,66,...76
Powered by FlippingBook