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kann, sind bei den technischen Funktionalitäten
der Software objektive Kriterien unerlässlich. Um
eine Software beurteilen zu können, muss sich ein
Unternehmen bewusst werden, welche Anforde-
rungen es an das Programm stellt. Laut Ingo König,
IT-Sachverständiger und Referent bei der Tagung,
ist es entscheidend, „über den eigenen, aktuellen
Status quo hinauszudenken, um Potenziale zur
Prozessoptimierung durch die neue Software zu
nutzen“.
Die Vorstellungen undWünsche an die neue Tech-
nologie gilt es anschließend in möglichst konkret
beschriebene Anforderungen zu übersetzen, um
daraus die Auswahlkriterien abzuleiten. Eine de-
taillierte Auflistung aller Anforderungen an die
Software hat verschiedene Vorteile, denn „nur
so ist es möglich, nicht nur geistig alle Bereiche
eines Unternehmens zu durchdenken und alle An-
forderungen eindeutig vor Externen darzulegen,
sondern sich darüber hinaus vor demSoftwareher-
steller als kompetentes Anwenderunternehmen zu
qualifizieren“, so König. Stelle sich ein Kunde als
informierter Partner heraus, sei zu beobachten,
dass dieser häufig die qualifizierterenMitarbeiter
als Ansprechpartner an die Seite gestellt bekom-
me. Für eine optimale Vergleichbarkeit empfiehlt
er die Erstellung eines Anforderungskatalogs in
tabellarischer Form.
Die Erstellung dieses Dokuments ist arbeitsin-
tensiv, denn ein detaillierter Anforderungska-
talog kann bei einer umfassenden ERP-Software
1.500 bis 2.000 Einzelanforderungen enthalten.
Doch der Aufwand lohnt sich, wie König deutlich
macht: „Ein ungenauer Anforderungskatalog ist
der häufigste und größte Fehler bei der Auswahl
einer ERP-Software. Er bietet keine Basis für das
erfolgreiche Agieren – was nicht notiert wurde,
bekommt das Unternehmen auch nicht.“
Gestaltung des Auswahlprozesses
Hat sich das Unternehmen einen Überblick über
die zur Verfügung stehenden Softwarelösungen
verschafft, muss es die Liste aller recherchierten
Systemanbieter anhand der Anforderungen stu-
fenweise verkürzen, beispielsweise durch eine Ent-
scheidung für oder gegen eine rechenzentrumsba-
sierte Software. So wird die Auswahl verkleinert,
bis ca. drei Firmen übrig bleiben. Nach dem Ver-
sand der Anforderungen und einem ersten Ange-
bot von Seiten der Hersteller sollte die Software in
einemgemeinsamen Termin einemumfangreichen
Praxistest unterzogenwerden. Wichtig hierbei: Das
Wohnungsunternehmen sollte vorab Testfälle, die
im eigenen Arbeitsalltag vorkommen, sammeln
und sich die Bearbeitung mittels der Software
vorführen lassen. So wird vermieden, dass die
Softwarefirmen nur die Stärken des jeweiligen
Produktes präsentieren.
Diese Ausführungen verdeutlichten vor allem
eins: Die strukturierte Auswahl eines ERP-Systems
erfordert viel Detailarbeit – und die kostet Zeit.
Selbst bei einem kleineren Projekt sollte von den
Unternehmen mindestens ein halbes Jahr allein
für die Softwareauswahl einkalkuliert werden. Kö-
nigs Empfehlung lautete deshalb: „Früh anfangen,
genug Vorlauf sowie fähige Leute einplanen und
in puncto Budgets nicht zu knapp kalkulieren.“
Software-Einführung: Anwendung testen,
Fehler beheben, Nutzer schulen
Die Tagung thematisierte aber nicht nur die Aus-
wahl eines ERP-Systemanbieters. Nach einer
Diskussionsrunde zwischen den Tagungsteil-
nehmern und Anwendern wohnungswirtschaft-
licher Software widmete sich Dieter Klapproth,
Gutachter und IT-Sachverständiger, den Risiken
und Hürden nach der Auswahl einer Software. Er
gab wertvolle Tipps zur Vertragsgestaltung, zur
Erstellung eines Pflichtenhefts und zum Umgang
mit Systemfehlern.
Er thematisierte die dringende Notwendigkeit
umfangreicher Tests der Software ebenso wie die
Schulungen der Mitarbeiter, „denn jede Software
ist nur so gut wie ihre Anwender“, so Klapproth.
Er empfahl, vor der Abnahme der Software alle
relevanten Szenarien durchzuspielen, z. B. einen
simulierten Jahresabschluss. Wichtig in der Pro-
jektphase ist, mit realen Unternehmensdaten auf
einer Testumgebung zu arbeiten und nicht nur die
Standard-, sondern auch Sonderfälle in den Pro-
zessen jeder Abteilung sorgfältig zu prüfen.
Insgesamt betonte Klapproth die Relevanz einer
Einbindung der Mitarbeiter, „denn die Möglich-
keiten einer neuen Software sind vertan, wenn die
Mitarbeiter nicht wissen, wie die neuen Vorzüge zu
nutzen sind oder das Programm im schlimmsten
Fall gar ablehnen und versuchen, es zu boykottie-
ren.“ Umdas zu vermeiden, sollten dieMitarbeiter
wiederholt geschult werden. Um den Schulungs-
aufwand jedoch zu begrenzen, ist eine Einteilung
in Schlüsselpersonen, die vertieft eingearbeitet
werden, und in Standardbenutzer, die lediglich
eingeschränkte Rechte erhalten, sinnvoll. Mitbe-
dacht werden sollte der Bedarf von Schulungen für
neue Mitarbeiter und nach den regelmäßig statt-
findenden Software-Updates, um technischeWei-
terentwicklungen imUnternehmensalltag nutzbar
zu machen.
Wann muss das Unternehmen handeln?
Angesichts der mit einer Softwareumstellung ver-
bundenen Zeit- und Arbeitsbelastung kann es für
Entscheidungsträger verlockend sein, ein solches
Projekt hinauszuzögern. Doch genau davon raten
Experten entschieden ab – denn Zeitmangel führt
bei der späteren Umsetzung der Projekte erfah-
rungsgemäß zu den größten Problemen.
Laut Klapproth werde dann „die Bearbeitung in
allen Projektphasen häufig oberflächlich, mündli-
che Vereinbarungen werden nicht verschriftlicht,
Forderungen nicht klar definiert und dementspre-
chend vom Hersteller nicht ausreichend beach-
tet oder es wird aufgrund einer unzureichenden
Abnahme ein mangelhaftes Produkt eingesetzt“.
Sein Rat: „Sollten Sie von einem Systemwechsel
betroffen sein, handeln Sie lieber jetzt, als dass
Sie später das Projekt überstürzt umsetzen und
mit anderen Kunden umdie Servicekapazitäten der
Softwarehäuser konkurrieren müssen.“ Für kein
Unternehmen dürfte dies erstrebenswert sein.
Weitere Informationen:
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„Gefühlsbasierte Komponenten spielen häufig eine zu große Rolle bei der Systemauswahl“,
Referent Ingo König plädiert für einen überwiegend rationalen Entscheidungsprozess