ENERGIE UND TECHNIK
38
9|2015
Quelle: Knauf, Foto: Otlinghaus
Das PU-WDVS wurde auch über Kopf unter dem Dachüberstand verarbeitet
tersuchungen und nochmehr Überzeugungen und
Mutmaßungen. Hydrophile (wasseranziehende)
oder hydrophobe (wasserabstoßende) Oberflä-
chen sollten jeweils die Lösung sein. Und so man-
cher Fachmann musste mit der Zeit eingestehen,
dass es offenbar noch weitere Einflussfaktoren
gibt. „Blendet man hoch belastete Standorte,
Konstruktionsschwächen am Objekt und die ver-
schiedenen Schichtenaufbauten aus, bleibt als
entscheidende Größe die Putzdicke. Mit zuneh-
mender Putzdicke nehmen auch die Problememit
Algen- oder Pilzbefall drastisch ab.“, so Thomas
Rohr, Produktmanager für Putz- und Fassaden-
systeme bei Knauf.
Weniger Tauwasser
Lange Renovationszyklen werden erzielt, wenn
eine Putzfassademöglichst wenig Tauwasser aus-
gesetzt ist. Bei leistungsfähigen Dämmsystemen
ist es die Herausforderung: Je besser Dämmstoffe
dämmen und je weniger Wärme durch die Fassade
nach außen dringt, umso kälter werden die Fas-
sadenoberflächen und desto öfter schlägt sich an
einer Fassadenoberfläche Tauwasser nieder.
Tauwasser-Wetterlagen entstehen vor allem in
den Übergangsjahreszeiten im Herbst und Früh-
jahr, wenn feuchte, warme Tagesluft in der Nacht
auskühlt und sich an kalten Oberflächen nieder-
schlägt (kondensiert). Dieses Szenario entsteht
im Winter z. B. immer dann, wenn es gilt, Auto-
scheiben vom Eis freizukratzen. Dann nämlich
hat auch die kalte Fassade eine Schicht Raureif
abbekommen.
Je häufiger und öfter Feuchtigkeit auf der Fas-
sade liegt, desto besser können Algen und Pilze
darauf wachsen. Und während es in Deutschland,
je nach Region, etwa 200 Regenstunden und noch
weniger solche mit Schlagregen gibt, rechnet die
DIN 4108mit 1.800 Stundenmit Taupunktunter-
schreitung und Tauwasser an Fassaden. Klammert
man Bauten mit mangelhafter Wasserführung an
der Fassade aus, bedeutet das, dass Tauwasser
die Belastung Nr. 1 ist. Tauwasser lässt sich aber
reduzieren, wenn die träge Masse der Fassade
(dicke Putzschichten) erhöht wird und damit die
Wärmespeicherfähigkeit der Außenhülle steigt.
Eine Fassade kühlt dann nicht mehr so häufig bis
zur Taupunkttemperatur aus. Im Rahmen ver-
schiedener Untersuchungen von WDVS hat u. a.
das Fraunhofer Institut festgestellt, dass bei
einer Verringerung der Oberflächenbelastung
durch Feuchte um 20% bereits eine „deutliche
Reduzierung des Befallrisikos“ durch Algen und
Pilze erwartet werden kann. Diese Größenordnung
wird in etwa bei dickschichtigen mineralischen
Putzsystemen erreicht.
In Überlingenwurde eine schlanke Hochleistungs-
dämmungmit einem insgesamt 15mmdickenmi-
neralischen Putzsystem kombiniert, wodurch die
Wärmespeicherfähigkeit der Fassadenoberfläche
erhöht und die Abkühlung der Oberflächen ent-
sprechend verzögert wird.
Die exponierte Fassade wurde abschließend ge-
strichen. Der Anstrich war hier wichtig, um die
Feinstporen im Putz zu schließen und den ersten
Witterungsschutz bei Beregnung herbeizuführen.
„Im Rheingraben empfehlen wir den Bauherren
beispielsweise 25 mm dicke mineralische Putze
mit farbigen Oberputzen. Damit richtet sich der
Renovationszyklus nicht nach der ‚Notwendig-
keit‘, sondern nach dem geänderten Schönheits-
empfinden der Bauherren“, empfiehlt Rohr.
Bauherr:
Baugenossenschaft Überlingen BGÜ, Überlingen
Architekten:
Arbeitsgemeinschaft aus M67-Architekten
Gerhard Metzger, Überlingen
d
sa-architektur, Siyami Akyildiz, Rielasingen
Fassade:
Märte GmbH, Stuckateurbetrieb, Sipplingen
NEUBAU VON 25 MIETWOHNUNGEN ALS
KFW-EFFIZIENZHAUS 70 IN ÜBERLINGEN
Ansetzen der Kantenprofile für dickschichtige mineralische Putze
Quelle: Knauf, Foto: Otlinghaus
Scheibenputz-
Struktur und ebene
Übergänge mithilfe
dickerer minerali-
scher Putzsysteme
Quelle: Knauf, Foto: Otlinghaus