MARKT UND MANAGEMENT
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10|2015
Rechnungslegungsvorschriften
Die Umstellung auf IFRS und deren Auswirkung
auf das Immobilienvermögen
Kapitalmarktorientierte Unternehmen in der EU sind gesetzlich verpflichtet, ihren Konzernabschluss
nach den IFRS aufzustellen. Auch ohne eine Börsennotierung kann die Umstellung der Rechnungslegung
von Vorteil sein, denn in Zeiten zunehmender Globalisierung steigt nicht nur auf Bankenseite das
Bedürfnis nach einheitlichen und damit international vergleichbaren Rechnungslegungsstandards.
Wir schildern die Praxis bei der Gewobag.
Auch wenn keine Anwendungspflicht besteht
und die Umstellung eine große Herausforderung
darstellte, erweist sich die freiwillige Bilanzie-
rung nach IFRS - parallel neben demHGB - für die
GewobagWohnungsbau Aktiengesellschaft Berlin
als vorteilhaft und zukunftsweisend.
Diemarktwertorientierte Darstellung der Vermö-
gens-, Finanz- und Ertragslage führt nicht nur zu
einer verbesserten Transparenz und ermöglicht
das Benchmarking, sondern hat auch positive
Auswirkungen auf den Eigenkapitalausweis.
Dies stärkt die Position gegenüber Banken und
fließt über die Beurteilung der „soft facts“ vor-
teilhaft in Ratingverfahren ein – die IFRS sind für
die Gewobag damit die »Eintrittskarte« bei der
Erschließung alternativer, kapitalmarktnaher Fi-
nanzierungsquellenwie die Emission von Schuld-
scheindarlehen.
Der IFRS-Umstellungsprozess
Die Umstellung der Rechnungslegung funktioniert
nicht von heute auf morgen. So umfasst der erste
IFRS-Abschluss grundsätzlich einen zweiperiodi-
gen Zeitraum und enthält die Bilanzen zum Be-
richtszeitpunkt, zum Vergleichszeitpunkt und die
Eröffnungsbilanz zum Übergangszeitpunkt.
Da das originäre Rechnungswesen auchweiterhin
auf Basis der HGB-Rechnungslegung betrieben
werden sollte, entschied sich die Gewobag für
eine IFRS-spezifische Überleitungsrechnung. Die
Anforderungen an das IFRS-Datenmaterial sind
dabei regelmäßig höher als nach HGB, insbesonde-
re gilt dies für die komplexen und umfangreichen
Anhangangaben. Der hierfür notwendige Ermitt-
lungsaufwand wird häufig unterschätzt, weil die
erforderlichen Informationsprozesse oft erst neu
geschaffen werden müssen.
Durch ein straffes Projektmanagement und die
Know-how-Einbindung einer Wirtschaftsprü-
fungsgesellschaft konnte der Aufbau der par-
allelen IFRS-Rechnungslegung jedoch in einem
Umstellungszeitraum von etwa 18 Monaten er-
folgreich realisiert werden.
Während der ersten Phase erfolgte eine intensive
Analyse zur Identifikation der organisatorischen
und bilanziellen Problembereiche. Dabei stell-
te sich die Klassifizierung und IFRS-konforme
Neubewertung des Immobilienvermögens als
Schwerpunkt in der darauffolgenden Planungs-
und Konzeptionsphase heraus. Ungeachtet der
HGB-Konvergenzbewegungen durch das BilMoG
(und aktuell durch das BilRUG) an die IFRS exis-
tieren speziell in der bilanziellen Erfassung des
Immobilienvermögens weiterhin gravierende Un-
terschiede zwischen beiden Regelwerken.
Klassifizierung nach IFRS
Nach den IFRS-Standards lassen sich Immobilien
aufgrund des Erwerbszwecks bzw. der Nutzung
Bastian Franke
Rechnungslegung und
Bilanzierung
Gewobag
Berlin
1. Phase
Analyse
3. Phase
Umsetzung
2. Phase
Planung und Konzeption
Projektmanagement der IFRS-Umstellung
Anpassung der Rechnungslegung, Prozesse, Organisation und IT-Umsetzung
Die Umstellung umfasst einen
zweiperiodigen Zeitraum
IFRS-Eröffnungs-
bilanz
01.01.X1
31.12.X1
31.12.X2
Vergleichs-
Abschluss
Erster IFRS-
Abschluss
IFRS-UMSTELLUNGSPROZESS DER GEWOBAG
Umstellungsperiode
Berichtsperiode
Quelle: Gewobag