DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 10/2015 - page 45

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10|2015
ten Wohnungsgenossenschaften ihre zukunfts-
weisenden und gleichzeitigmitgliederorientierten
Projekte rund um das Thema Technik einreichen.
Die Schirmherrschaft des diesjährigen Genos-
senschaftspreises Wohnen übernahm die Bun-
desministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit, Dr. Barbara Hendricks. Bei der
Preisverleihung gratulierte sie den ausgezeichne-
ten Genossenschaften und betonte, ihre Projekte
zeigten, dass die Idee des genossenschaftlichen
Wohnens lebe.
Eine 12-köpfige Fachjury wählte aus der Vielzahl
von Wettbewerbsbeiträgen, die aus 13 Bundes-
ländern stammen, die Preisträger aus. Die Ent-
scheidung fiel angesichts der großen Bandbreite
der eingereichten Beiträge nicht leicht. Sie ver-
deutlichten den Einsatz der Wohnungsgenossen-
schaften bei der Bewältigung der Herausforde-
rungen, die aus demdemografischenWandel, der
Energiewende, den Anforderungen an Verkehr und
Mobilität oder der Optimierung von Prozessen re-
sultieren.
Die Jury bewertete vor allem den innovativen
Charakter, die Experimentierfreude, die Einbin-
dung der Mitglieder in den Umsetzungsprozess,
die Finanzierung undWirtschaftlichkeit sowie den
Mehrwert für Mitglieder und Genossenschaft. Auf
dem GdW-Wohnzukunftstag in Berlin wurden am
1. Juli 2015 drei Preise und zwei Anerkennungen
vergeben.
Die Preisträger
EVM Berlin: Wärmegewinnung aus Abwasser
Der im Jahr 1904 gegründete Erbbauverein
Moabit (EVM Berlin eG) bewirtschaftet 5.150
Wohnungen und ist damit eine der größten Woh-
nungsgenossenschaften Berlins. Aktuell wird ihr
Bestand durch einen Neubau mit insgesamt 78
Wohnungen im sog. Fürstenberg-Kiez ergänzt.
Die Grundsteinlegung erfolgte am 22. November
2014; im Frühjahr 2016 soll der generationen-
gerechte und barrierefreie Neubau fertiggestellt
sein. Ein Bewohnertreff im Erdgeschoss, ein
Gemeinschaftsgarten, ein EVM-Infobüro sowie
eine Gästewohnung sollen das genossenschaft-
liche Miteinander fördern. Das Angebot richtet
sich an alle Bewohner, so dass eine Art genos-
senschaftliches Quartierszentrum entsteht. „Wir
wollen mit dem Neubau in einem bestehenden
Kiez das gemeinschaftliche Wohnen stärken und
unterstützen“, erklärt EVM-Vorstandsmitglied
Torsten Knauer. Der 4-geschossige Neubau wird
multivalente Grundrisse aufweisen, die bei Bedarf
alternativeWohnformen ermöglichen. Ladestati-
onen für Elektroautos und -fahrräder in der Tief-
garage sollen einen Beitrag zur energieeffizienten
Mobilität leisten.
Ökologische Aspekte – insbesondere bei der Ener-
gieversorgung – nehmen einen hohen Stellenwert
ein. Mithilfe einer Regenwasserversickerungsan-
lage werden z. B. der Grundwasserspiegel und
damit auch der natürliche Wasserkreislauf er-
halten. Innovativ ist jedoch besonders, dass aus
der Wärme des Abwassers Heizenergie gewonnen
wird. Über einen Wärmetauscher in der Abwas-
serdruckleitung und Wärmepumpen wird aus
kommunalemAbwasser, das an der Grundstücks-
grenze vorbeifließt, Heizenergie gewonnen. Ein
Blockheizkraftwerk versorgt die Wärmepumpen
mit Strom. Sofern die gewonnene Energie den
Bedarf des Neubaus übersteigt, profitieren auch
die Bewohner der umliegenden Bestandsgebäu-
de von der so erzeugten Heizenergie: Rund 200
Wohnungen können versorgt werden. Moderne
Gebäudeleittechnik sowie einMonitoring gewähr-
leisten einen hohen Nutzungsgrad der Anlage; die
Betriebszustände werden ständig kontrolliert und
optimiert.
Die EVM realisiert das Projekt in Kooperation mit
den Berliner Wasserbetrieben.
Der Neubau ist das erste Berliner Wohngebäu-
de, bei dem diese Art der Energiegewinnung zum
Einsatz kommt. Das kommt auch bei den Genos-
senschaftsmitgliedern gut an. Das Interesse an
den Wohnungen ist hoch.
Preisträger WEWOBAU: Zuhause mit (Mehr)Wert
Die Westsächsische Wohn- und Baugenossen-
schaft eG Zwickau (WEWOBAU) legt Wert auf
zukunftsweisende Wohnkonzepte. „Aufgrund des
hohen Altersdurchschnitts in unserer Genossen-
schaft werden Assistenzsysteme benötigt, die
das Wohnen unterstützen“, erklärt WEWOBAU-
Vorstandsvorsitzender und Geschäftsführer
Rainer Feige. Daher entwickelte die Genossen-
schaft eine Strategie, die es ihren Mitgliedern
ermöglichen soll, selbstbestimmt bis ins hohe
Alter bei der Genossenschaft wohnen zu können
(siehe auch DW 6/2014; S. 42). Die Aspekte Si-
cherheit, Energiesparen und Komfort standen
dabei im Fokus.
Gemeinsam mit der Westsächsischen Hochschu-
le Zwickau entstand ein System zur technischen
Gebäudeausrüstung, mit dem das Nutzerverhal-
ten gemessen und kommuniziert werden kann.
Smart-Home-Technologien und technische As-
sistenzsysteme (AAL) sollen die Mitglieder im
Alltag unterstützen. Eine AAL-Musterwohnung
zeigt den Mitgliedern dabei, wie Technik ihren
Alltag sicherer und komfortabler gestalten kann.
Die entwickelte technische Gebäudeausrüstung
– eine Smart-Home-Infrastruktur, die Raumcont-
roller-Module, elektrische Heizungsstellantriebe
und Innenraumsensoren umfasst – wird im Falle
einer Vollsanierung in den Bestandswohnungen der
Genossenschaft eingebaut. Bis Ende 2015 sollen
bereits 180 Wohnungen so ausgestattet sein.
Einbettung des EVM-Neubaus
in die umliegende Bebauung
und das Quartier
Quelle: EVM
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