STÄDTEBAU UND STADTENTWICKLUNG
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10|2015
Abnahmedichte für Fernwärme erweitern. Das war
ein entscheidender Grund dafür, dass wir dieses
Verdichtungsprojekt überhaupt realisiert haben.
Axel Gedaschko:
Welchen Restriktionen begeg-
nen Sie beim ergänzenden Bauen? Gibt es Regu-
larien, die systematisch verhindern, dass wir auf
diese Art undWeise zumehr Wohnraumkommen?
Christoph Dorn:
Die Rahmenbedingungen und
baurechtlichen Vorgaben sind in Deutschland
sehr unterschiedlich. Vielfach machen sie jedoch
eine Nachverdichtung – insbesondere in vertikaler
Richtung – unmöglich.
Marko Schneider:
Das kann ich bestätigen. Ich
baue gerade in Berlin ein Dachgeschoss aus und
erlebe dabei, dass die Restriktionen der Baubehör-
den enorm sind. Man darf teilweise keine Gauben
bauen, weil sonst die Abstandsflächen nicht mehr
eingehalten werden. Mancherorts gelten außer-
dem Erhaltungssatzungen, die es schwierig ma-
chen, in der Höhe weiter als bis ins vorhandene
Dachgeschoss zu bauen.
Axel Fietzek:
Das Baurecht stellt auch für uns im-
mer wieder eine Einschränkung dar, gerade dort,
wo ein Bebauungsplan vorliegt. Denn Bebauungs-
pläne orientieren sich i. d. R. nicht an dem, was
sich unsere Kunden wünschen. Ein Beispiel: In
der Altstadt von Hoyerswerda ist es kategorisch
verboten, auf den Flächen, die zum öffentlichen
Raumhinausgehen, liegende Fenster einzubauen.
Wer aber in den obersten Geschossen wohnt, der
möchte seine Wohnung gern belichtet haben. Es
brauchte viele Debatten, um dafür eine Lösung
zu finden. Ein anderes Beispiel: Als wir in einem
Wohngebiet eine Lücke schlossen, war es ein rie-
sengroßer Akt, die Gebäudekante nicht – wie es
vorgeschrieben war – direkt am Gehweg zu ha-
ben, sondern 2 m
zurückversetzt, so
dass die Bewohner
nicht befürchten
müssen, dass Pas-
santen ans Fenster
klopfen.
In Städten mit
höherer
Dichte
spielen außerdem die Vorgaben in Bezug auf
Stellplätze eine Rolle, also etwa die Vorschrift,
eine Tiefgarage zu errichten. Eine weitere bau-
rechtliche Frage betrifft den Umgang mit dem
Bestand bei einer Aufstockung: Muss ich dann
die bestehenden Wohnungen sanieren oder kann
ich sie im alten Zustand belassen? Je nachdem,
wie die baurechtlichen Vorgaben sind, fällt die
Antwort darauf unterschiedlich aus.
Axel Gedaschko:
Nach diesen rechtlichen Aspek-
ten möchte ich die finanzielle Seite ansprechen.
DieWohnungsunternehmen sind ja daran interes-
siert, und stehen zudemunter politischemDruck,
bezahlbarenWohnraumzu schaffen. Wo sehen Sie
beimergänzenden Bauen Vorteile in Bezug auf die
Bezahlbarkeit?
Georg Harrasser:
Wenn die technische Möglich-
keit besteht, so ist es ökonomisch deutlich vor-
teilhafter, eine Nachverdichtung zu realisieren, als
neu zu bauen. Denn bei der Nachverdichtung fallen
die Erschließungs- und Grundstückskosten weg.
Thomas Wilken:
Außerdem eröffnet sich die
Möglichkeit, auf kostengünstige Weise die Ener-
gieeffizienz der Immobilie zu erhöhen. So sind
die Heizungsanlagen von Bestandsimmobilien i.
d. R. deutlich überdimensioniert. Es ist also kein
Problem, mit der vorhandenen Anlage 10 oder
15% zusätzliche Wohnfläche zu versorgen. Wenn
man dann auch noch verschiedene geringinvestive
Maßnahmen vornimmt – wie z. B. einen hydrauli-
schen Abgleich oder Dämmung von Leitungen –,
schafft man Synergien für das Gesamtobjekt, die
den gesamtwirtschaftlichen Rahmen kaumbelas-
ten. Es gibt allerdings auch finanziell fordernde
Themen, insbesondere der Brandschutz und die
von Herrn Fietzek erwähnte Frage der Parkplätze.
Axel Gedaschko:
Als Laie fragt man sich, ob das
Gebäude überhaupt das zusätzliche Gewicht durch
die Aufstockung verträgt. Ist das tatsächlich ein
Problem?
AXEL FIETZEK
Axel Fietzek ist seit
2002 Vorsitzender
des Vorstands der
LebensRäume Hoy-
erswerda eG, einer
Wohnungsgenos-
senschaft mit rund
7.000 Wohnungen
im sächsischen
Hoyerswerda. Zuvor hatte er verschiedene
Führungspositionen in der Energie- und
Kohlewirtschaft der Lausitz inne.
„Die für unsere Branche wichtigsten Megatrends sind
Urbanisierung und Energieeffizienz. Beide haben mit dem
Thema Nachverdichtung zu tun. Für die erfolgreiche Um-
setzung werden komplette und einfache Systeme benötigt,
die die Komplexität für Planer und Verarbeiter reduzieren. “
Georg Harrasser
GEORG HARRASSER
Georg Harrasser
studierte Ma-
schinenbau an
der TU München
und ist seit 2013
Vorsitzender der
Geschäftsführung
der Braas GmbH.
Das Unternehmen
mit Sitz in Oberursel gehört zur Braas
Monier Gruppe und bietet ein komplettes
aufeinander abgestimmtes Dachsystem mit
Dachsteinen, Dachziegeln, Dachsystemtei-
len, Solarsystemen und Dämmung sowie
umfangreiche Serviceleistungen an.