DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 4/2015 - page 36

Warum soll sich die Wohnungswirtschaft
überhaupt mit dem Thema Energie ausein-
andersetzen?
Nun, Wärmeproduktion ist für viele Woh-
nungsunternehmen seit jeher ein Thema.
Und es ist ein politisches Ziel, dezentral und
CO
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-arm Energie zu erzeugen. Dabei ist es
für uns als Verband wichtig, Handlungsop-
tionen für unsere Branche zu schaffen und
dabei auch die Möglichkeit der dezentralen
Energieerzeugung einzuräumen.
Das bedeutet allerdings nicht, dass jedes Unternehmen in dieses Geschäfts-
feld einsteigen wird. So sind fast 50% unserer Mitgliedsunternehmen an
die Fernwärme angeschlossen. Und volkswirtschaftlich ist es nicht sinn-
voll, parallel dazu neue Versorgungssysteme aufzubauen. Aber wir haben
eben auch die 50%, für die es sich lohnen könnte, über dezentrale Energie-
erzeugung nachzudenken.
Dabei sind die Motivationslagen unserer Unternehmen extrem unter-
schiedlich. Nicht immer ist das Motiv ausschließlich ökonomischer Natur.
Natürlich kann es um eine Geschäftsfelderweiterung und eine Stärkung
des betriebswirtschaftlichen Ergebnisses gehen. Es geht aber auch um
die optimierte Energieversorgung und eine Senkung des CO
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-Ausstoßes.
Es geht außerdem darum, die Warmmieten für die Kunden zu begrenzen.
Und es geht um Imageverbesserung und Mieterbindung. Gerade Genos-
senschaften verfolgen oft das Ziel, sich von Versorgern unabhängig zu
machen, die sie in der Vergangenheit vielleicht nicht immer freundlich
behandelt haben. Und vor allem kommunale Unternehmen stehen oft vor
der Aufgabe, grundsätzliche energiepolitische Überzeugungen umzuset-
zen, die ihr Gesellschafter verfolgt.
Im Vergleich zum letzten Brandenburger-Hof-Gespräch zum Thema Energie
vor etwa zwei Jahren haben wir mehr rechtliche Klarheit, da mittlerweile
das neue Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) verabschiedet worden ist.
Aber noch immer müssen wir zwei Kernforderungen erheben. Zum einen
verlangen wir, dass der Strom, den die Wohnungsunternehmen produzie-
ren, wie Eigenstrom behandelt wird. Mieter sollen in diesem Bereich also
ähnlich behandelt werden wie Eigentümer. Darüber sprechen wir insbe-
sondere mit dem Verband kommunaler Unternehmen (VKU). Dabei sind
wir dem VKU entgegengekommen. Denn wir wollen ihn dazu bewegen, zu
erkennen, dass es eine Zeitenwende gegeben hat und dass der Trend hin zur
Dezentralisierung geht. Deshalb brauchen wir Partnerschaften auf Augen-
höhe, in die jeder Partner seine Kernkompetenzen einbringen kann.
Der zweite Punkt, mit dem wir uns auseinandersetzen müssen, ist die
Gewerbesteuerproblematik. Immerhin gibt es jetzt einen hoffnungsvollen
Ansatz, da dieses Problem im Klimaschutzaktionsprogramm der Bundes-
regierung ausdrücklich benannt wird. Demnach will die Bundesregierung
die Hemmnisse beseitigen, die die Wohnungswirtschaft davon abhalten,
in die dezentrale Energieversorgung einzusteigen. Aber wir brauchen eine
gesetzliche Lösung, die uns von diesem Hemmnis befreit.
Abschließend ein Wunsch des Verbandsvertreters: Ich halte es für klug, erst
einmal im Kleinen etwas auszuprobieren, sich an das Thema heranzuwagen
und so Kompetenz aufzubauen. Es ist wichtig, auf die Erfahrungen der
anderen zu schauen, es ist aber auch wichtig, selber etwas zu wagen.
Axel Gedaschko, Präsident, GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V., Berlin
Es hat eine Zeitenwende gegeben
Wir als NEUWOBA-Unternehmensgruppe
sind vorrangig in Neubrandenburg tätig und
damit in einem seit Jahren stark schrump-
fenden Markt. Die Einwohnerzahl der Stadt
ist seit 1990 von gut 90.000 auf ca. 64.000
zurückgegangen. Bei rund 9.100 eigenen
Wohnungen haben wir einen konstanten
Leerstand zwischen 3,5 und 4%. Seit der
politischen Wende wurden durch uns viele
Millionen Euro in unsere Bestände und in die
energetische Sanierung investiert. Dabei haben wir realisiert, dass wir bei
weiterer undifferenzierter Sanierungstätigkeit schnell in das Investor-Nut-
zer-Dilemma geraten und dass die Investitionen letztlich zu erhöhten Warm-
mieten führen könnten. Denn obwohl wir von 2009 bis 2013 3,5 Mio. kWh
Energie eingespart haben, sind die Nebenkosten stetig gestiegen. Wesentli-
che Treiber waren dabei die Wärme- und Warmwasserkosten. 92,3% unserer
Objekte sind an die Fernwärme angeschlossen, und bei diesen sind die Kosten
für Warmwasser und Heizung von 2000 bis 2014 um nicht weniger als 113%
gestiegen. Aufgrund dieser Entwicklung haben wir neue Lösungsansätze
gesucht, die sich amOberbegriff der Warmmietenneutralität orientieren und
das Thema der regenerativen Energien und der dezentralen Energieversor-
gung in den Blick nehmen. Indem wir weggekommen sind von der Betrach-
tung des einzelnen Gebäudes und den größeren Quartierszusammenhang in
den Blick genommen haben, haben wir ein neues strategisches Geschäftsfeld
aufgebaut.
Dabei hat sich schnell die Frage gestellt, welche Energieträger sich anbieten.
Wir haben eine Holzpelletanlage für ein Quartier mit 170 Wohneinheiten
realisiert, haben aber gemerkt, dass die Preise von Pellets ebenfalls einer
oligopolistischenMarktpreisbildung unterliegen, so dass wir uns schlussend-
lich entschieden haben, das nicht flächendeckend zu machen.
Weitere Fragen in der strategischen Ausrichtung betreffen das Verhältnis zu
den Stadtwerken, das als Folge der starken Preissteigerung der Fernwärme
nicht ganz streitfrei ist, aber auch die Thematik möglicher virtueller Kraft-
werke und natürlich die Speicherung von Energie. Um regenerative Ener-
gien zu nutzen, die nicht der Preisbildung am Markt unterliegen, haben
wir uns gemäß Antragstellung nach dem § 7 des BBergG die Erlaubnis
zur gewerblichen Nutzung von Sole im Bereich der Tiefengeothermie auf
rund 2 x 40 km
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gesichert – wir haben bei uns ja das norddeutsche Becken,
das dafür eine gute geologische Voraussetzung bietet. In einer Bohrtiefe
von ca. 1.400 m lässt sich dann nach unseren Berechnungen am Bohrkopf
René Gansewig, Vorstandssprecher, NEUWOBA Neubrandenburger Wohnungsbaugenossenschaft eG, Neubrandenburg
Warmmietenneutralität als oberstes Ziel
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ENERGIE UND TECHNIK
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