19. Brandenburger-Hof-Gespräch
Strategien der zukünftigen Strom- und Wärmeversorgung
der unternehmerischen Wohnungswirtschaft
Jürgen Steinert:
Ulrike Silberberg, die Chef-
redakteurin der DW, und ich begrüßen Sie ganz
herzlich zum 19. Brandenburger-Hof-Gespräch.
Unser heutiges Thema lautet „Strategien der zu-
künftigen Strom- und Wärmeversorgung für die
Wohnungswirtschaft“. Unterstützt wird unsere
zur Tradition gewordene Diskussionsrunde auch
dieses Mal von der Aareal Bank als Sponsor. Des-
halb begrüße ich besonders herzlich Herrn Ort-
manns und Herrn Dr. Schaffner als Vertreter der
Aareal Bank.
Mehrere von Ihnen haben in ihren Statements
ausgeführt, dass es einen einheitlichen strategi-
schen Ansatz, wie sich Wohnungsunternehmen
dem Energiethema nähern sollen, nicht geben
kann. Das ist sicher richtig, u. a. deswegen, weil
die Standorte unserer Unternehmen sehr unter-
schiedlich sind. Grundsätzlich aber entscheidet die
Frage, wie wir mit der Energieerzeugung und der
Energieversorgung umgehen, über unsere Wett-
bewerbsfähigkeit. Denn der Energiekostenanteil
ist nicht nur in den zurückliegenden zwei Jahr-
zehnten gestiegen, sondern er wird auch weiter
steigen.
Ob die Unternehmen amMarkt Erfolg haben oder
an den Rand gedrückt werden, hängt deshalb we-
sentlich damit zusammen, wie sie mit dem Ener-
giethema umgehen und ob es ihnen gelingt, den
Mietern einen Energiepreis zu bieten, der niedriger
ist als derjenige der Konkurrenz.
Eine zweite Vorbemerkung, mit der ich an das
Statement von Frau Jahn anknüpfen möchte: Die
Herausforderung liegt nicht im Neubau, bei dem
wir bereits eine sehr hohe Energieeffizienz erzie-
len, sondern im Bestand. Die Frage, wie die Un-
ternehmenmit ihren Beständen umgehen undwie
sich die Kostenmittel- und langfristig entwickeln,
ist von strategischer Bedeutung. Und schließlich
ein dritter Punkt, den einige von Ihnen bereits
angesprochen haben: Es
zeichnet sich in meinen
Augen ab, dass der Trend
zu Kooperationsmodellen
geht, die das Wissen der
Energiespezialisten mit
der wohnungswirtschaftlichen Kenntnis des Mark-
tes kombinieren. Da stehen wir wahrscheinlich
erst amAnfang einer Entwicklung, der sich unsere
Branche unbedingt stellen sollte.
Axel Gedaschko:
Die zentrale Frage in dieser
Sache ist, ob die Beschäftigung mit Energiethe-
men zum Kerngeschäft der Wohnungsunterneh-
men gehört oder nicht. Als GdW haben wir eine
Umfrage dazu durchgeführt. Das Ergebnis war,
dass etwa die Hälfte der Unternehmen Energie
als Bestandteil oder möglichen Bestandteil ihres
Kerngeschäftes betrachten. Als Verbandsvertre-
ter weise ich darauf hin, dass eine entscheidende
Herausforderung für unsere Unternehmen in den
warmen Betriebskosten liegt, die in den vergan-
genen Jahren ja rasant gestiegen sind. Gerade in
schwächerenWohnungsmärkten ist es von großer
Bedeutung, günstiges Wohnen anzubieten – und
dazu gehören eben auch günstige Nebenkosten.
Eine ganz andere Frage ist, ob ein Unternehmen
dann alles selbst machen muss. Interessanter-
weise werden wir jetzt förmlich überrannt von
Wünschen von Energieversorgern, mit uns Ko-
operationsmodelle zu fahren. Der Wettbewerb
wird noch intensiver werden, da auch die Ab-
rechnungsdienstleister erkannt haben, dass ihr
altes Geschäftsmodell, das Ablesen, endlich ist.
Unsere Unternehmen müssen also nicht befürch-
ten, dass sie sich bald nicht mehr um ihr Kernge-
schäft kümmern können, weil sie sich ständig mit
Energiefragen auseinandersetzen müssen. Dafür
gibt es genügend Partner. Das Kerngeschäft der
Wohnungsunternehmen bleibt selbstverständlich
das günstige Wohnen.
Hans-Otto Kraus:
Als Wohnungsvermieter muss
ich mich tatsächlich darum kümmern, dass die
Warmmieten im erträglichen Bereich bleiben.
Diese Frage beschäftigt uns natürlich auch beim
Neubau. Da ist es z. B. eine schwierige Frage, ob
man Neubauten an die Fernwärme anschließt
oder nicht. Denn Fernwärme ist ja für den Kunden
bzw. Verbraucher die teuerste Variante. Nun gibt
es Städte, in denen Satzungen einen Anschluss-
zwang vorsehen, da muss man dann nicht lange
streiten. Aber auch inMünchen habenwir damit zu
tun, und zwar z. B. bei dem einen Passivhaus, das
wir bisher errichtet haben. Da diskutieren wir mit
den Stadtwerken über die Anschlusskosten, die
beimPassivhaus enormhoch sind. Die Stadtwerke
argumentieren, dass sich das Netz in diesem Fall
eigentlich gar nicht lohne, weil der Wärmebedarf
so niedrig sei. In einem solchen Fall, denke ich,
müsste man wirklich eine isolierte – also fallbe-
zogene - Lösung ins Auge fassen.
„Wir brauchen Partnerschaften auf Augenhöhe,
in die jeder Partner seine Kernkompetenzen
einbringen kann.“
Axel Gedaschko
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4|2015